Halten IT-Hersteller ihre Umweltschutzversprechen?

Die CES in Las Vegas hielt auch dieses Jahr wieder, was sich Besucher und Medienbeobachter von der Show versprochen hatten. Die Bilanz fiel aus Sicht der Veranstalter dementsprechend positiv aus: Über 2700 Aussteller zeigten im Convention Center in Las Vegas ihre Produkte aus der Unterhaltungselektronik.

Als Trends kristallisierten sich Tablet-Computer, Smartphones für die 4G-Mobilfunktechnik LTE und internetfähige Fernseher heraus. Die vorgestellten, mehr oder weniger fertigen Produkte in diesen Bereichen, sprechen potenzielle Käufer vor allem durch Design und Funktionalität an – und sind damit in der Glitzermetropole Las Vegas gut aufgehoben.

Einen Kontrapunkt setzte in Vegas lediglich Greenpeace mit der Vorstellung seiner aktuellsten Studie zur Entwicklung bei ökologisch nachhaltigen IT-Produkten (PDF). Die Absicht, als Spielverderber auftreten zu wollen, kann man der Organisation jedoch nicht unterstellen: Schließlich durften die Hersteller diejenigen ihrer Produkte einreichen, die sie selbst für besonders umweltfreundlich halten.

Apple und Philips kneifen

Zur Teilnahme am Produktranking wurden bereits im Sommer 2010 die weltweit größten Elektronikhersteller eingeladen. Dies sind in alphabetischer Reihenfolge Acer, Apple, Asus, Dell, Fujitsu, HCL, HP, Lenovo, LG, Motorola, Nokia, Panasonic, Philips, RIM/BlackBerry, Samsung, Sharp, Sony Ericsson, Sony, Toshiba und Wipro.

Apple und Philips haben von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Daraufhin hat Greenpeace von jedem Hersteller ein von ihm selbst als umweltfreundlich beworbenes Produkt „zwangsgetestet“ – von Philips den Fernseher Econova, von Apple das Macbook Pro MC374.

Zur Bewertung wurden vier Kriterienkomplexe herangezogen:

  1. Schadstoffe: Werden als gefährlich bekannte Chemikalien (etwa PVC, bromierte Flammschutzmittel, PVC, Phthalate und Beryllium) verwendet und inwieweit macht der Hersteller von Ausnahmeregelungen der EU-RoHS-Richtlinie Gebrauch?
  2. Energieverbrauch: Erfüllt oder übererfüllt das Gerät die für das Energy Star Label der US Environmental Protection Agency erforderlichen Standards?
  3. Produktlebenszyklus: Dieser Punkt umfasst Kriterien wie die Verwendung von Kunststoffen aus Recycling, die Dauer von Garantie und Verfügbarkeit von Ersatzteilen, inwieweit sich die Produkte aufrüsten lassen, das Preis-Leistungs-Verhältnis von Produkt und Akku sowie vom Hersteller angebotene Rücknahmeprogramme für Altgeräte.
  4. Innovation und Marketing: Damit wird etwa bewertet, in welchem Umfang Daten zur Herstellung eines Produkts zur Verfügung stehen, wie es auf der Firmenwebsite platziert ist oder ob es spezielle Innovationen und Besonderheiten mitbringt.

Die besten Bewertung quer über alle Produkte in einer Kategorie fasst Greenpeace zum „möglichen Produkt“ zusammen. Dieses theoretische Konstrukt soll aufzeigen, was in der jeweiligen Klasse lediglich dadurch machbar wäre, wenn ein Hersteller die Summe der Bemühungen seiner Mitbewerber in einem Angebot vereinen würde – ganz ohne zusätzliche Innovationen oder Anstrengungen.

Fazit des Tests

Das Fazit des Tests fällt im Großen und Ganzen passabel aus. Positiv ist, dass gefährliche Chemikalien deutlich seltener verwendeten werden als in den Vorjahren und dass die Energy-Star-Standards nahezu immer eingehalten oder sogar übertroffen werden. Außerdem bieten die Unternehmen inzwischen mehr Informationen über den Energieverbrauch und die in ihren Produkten enthaltenen chemischen Substanzen.

Allerdings merkt Greenpeace kritisch an, dass die Hersteller sich mehr darum zu bemühen scheinen, die Energieeffizienz der Geräte zu verbessern, als die zu deren Herstellung erforderliche Energiemenge zu berechnen und zu reduzieren. Kein Wunder, hilft ein reduzierter Energiekonsum doch gerade bei den boomenden mobilen Geräten, die Autonomiezeit zu verlängern – was sich werbewirksam vermarkten lässt. Die Reduzierung der zur Herstellung aufgewendeten Energiemenge in zusätzliche Abverkaufszahlen umzumünzen, ist dagegen um einiges schwieriger.

Aus ähnlichen Gründen ermittelt Greenpeace auch den Produktlebenszyklus als schwächsten Bereich. Recycling-Kunststoff werde in nur wenigen Fällen eingesetzt. Auch unternehmen die Hersteller laut Greenpeace zu wenig, um dem Trend zu kürzeren Produktzyklen bei Elektronikprodukten entgegenzuwirken. Bei den noch mangelhaften Rücknahmesystemen seien immerhin Ansätze zur Verbesserung erkennbar. Ausdrücklich gerügt wird diesbezüglich Apple, das teilweise durch das Produktdesign – beispielsweise einen nicht austauschbaren Akku – die Wiederverwertung explizit erschwere.

Was zu tun bleibt

Greenpeace stellt einen erheblichen Fortschritt in den vergangenen drei Jahren fest. Dennoch bleibe noch einiges zu tun. Zum Beispiel müssten endlich halogenfreie Produkte in mehreren Kategorien Standard werden – insbesondere Telefone und Monitore. Den Zeigefinger hebt Greenpeace in dieser Hinsicht insbesondere gegenüber RIM, Dell und HP bei Smartphones sowie Fujitsu und Samsung bei Monitoren. Dass es möglich sei, zeigten die Hersteller bei Desktop-Computern, wo HP und Wipro dieses Ziel bereits erreicht haben und die meisten anderen auf einem guten Weg sind.

Dass es zudem auch ohne Phthalate, Beryllium- und Antimon-Verbindungen gehe, zeige Asus. Das taiwanische Unternehmen lobt Greenpeace als einziges, das es in vier Produktkategorien geschafft hat. Als nächstes gelte es bei allen Herstellern darauf zu achten, vermehrt quecksilberfreie Displays und arsenfreies Glas einzusetzen. Außerdem sei es notwendig, dass die Zahl der Ausnahmeregelungen von der RoHS-Regelung reduziert werde. Technisch seien diese nicht mehr notwendig, wie zahlreiche Hersteller mit ihren Produkten belegten. Sie würden aber noch den Wettbewerb verzerren und die breite Umsetzung von umweltfreundlicheren Produktdesigns hinauszögern.

„Sorgenkategorie“ Netbooks

Außerdem verlangt Greenpeace, die bestehenden RoHS-Regelungen, die sich derzeit auf sechs Substanzen beziehen, auszuweiten. Innovative Hersteller hätten bereits einige andere toxische Verbindungen aus ihrer Produktion verbannt. Damit ihnen kein Wettbewerbsnachteil entstehe, müsse die umweltfreundlichere Produktionsweise verpflichtend werden.

Als „Sorgenkategorie“ hat Greenpeace Netbooks ausgemacht: Es sei äußerst bedauerlich, dass die Hersteller die bei Notebooks gemachten Fortschritte nicht auf dieses Segment übertragen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich der größere Preisdruck. Auch hier könnte der Gesetzgeber gegensteuern, indem er den Einsatz von als schädlich bekannten Stoffen weiter einschränkt und so verhindert, dass „billig und schmutzig“ hergestellte Produkte umweltfreundlicheren Marktanteile wegnehmen.

Auszug aus dem Greepeace-Elektronik-Ranking 2011

Platz Hersteller Modell Punkte
Desktop Computer
1 Hewlett-Packard Compaq 6005 Pro Ultra-slim 6,06
2 Fujitsu Esprimo E9900 5,65
3 Dell Optiplex 980 5,41
Mögliches Produkt 8,23
Notebooks
1 Asus UL30A 5,59
2 Panasonic CF-F9KWHZZPM 4,72
3 Samsung NP-SF410 4,67
Mögliches Produkt 8,39
Netbooks
1 Acer TM8172 5,08
2 Asus 1015PED 4,83
3 Samsung NP-N230 4,58
Mögliches Produkt 6,63
Computermonitore
1 Asus VW-247H-HF 7,50
2 Dell G2410H 7,06
3 Lenovo ThinkVision L2251x 7,04
Mögliches Produkt 8,60
Mobiltelefone
1 Samsung GT-S7550 (Blue Earth) 7,03
2 Sony Ericsson Elm J10i 6,59
3 LG Electronics GD510 6,16
Mögliches Produkt 8,18
Smartphones
1 Sony Ericsson Aspen (M1i) 6,21
2 Nokia N8-00 5,70
3 Samsung GT-S8500 (Wave) 4,83
Mögliches Produkt 7,92

Die bestmögliche Bewertung in jeder Kategorie sind 10 Punkte. Das errechnet „mögliche Produkt“ soll aufzeigen, welche Punktezahl in einer Kategorie erreichbar wäre, wenn ein Hersteller die Summe der Öko-Bemühungen seiner Mitbewerber in einem Angebot vereinen würde. Es erreichte in der Regel knapp über 8 Punkte – außer in der erstmals getesteten Kategorie Netbooks (6,63 Punkte). Der Philips Econova ist der erste PVC-und BFR-freie Fernseher. Das Apple MacBook Pro ist ebenfalls PVC-frei, glänzt aber sonst nicht sonderlich und liegt mit 4,44 Punkten auf Rang 5 in seiner Kategorie. Der Philips-Fernseher kommt mit 4,39 Punkten auf Rang vier. Die vollständigen Ergebnisse des Tests stehen auf der Greenpeace-Website in englischer Sprache zum Download bereit.

ZDNet.de Redaktion

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