Wo bleiben Microsofts Azure Appliances?

Im Juli 2010 hat Microsoft ganz offiziell die Cloud für sich entdeckt. Zwar gab es schon früher Bemühungen, etwa mit der Azure-Plattform, in diese Richtung zu gehen, sie waren aber nicht einmal halbherzig. Im vergangenen Jahr legte jedoch Steve Ballmer das Ruder um – zumindest verbal. Als einen der ersten konkreten Schritte kündigte Microsoft Azure Appliances an – eine Art Private-Cloud-in der Box, wie sie auch andere große IT-Anbieter schon im Portfolio haben.

Als Hardwarepartner hat Redmond sich Dell, Fujitsu und Hewlett-Packard ausgesucht. Sie sollten spätestens Ende 2010 die Appliances in Betrieb genommen haben.

Davon ist jedoch noch nichts zu sehen. ZDNet-Autorin Mary Jo Foley weist auf ein aktuelles Interview mit dem für den Vertrieb zuständigen Microsoft-Manager Jon Roskill bei MSPMentor.net hin. Demnach sollen Azure Appliances in ungefähr neun Monaten erhältlich sein. Das würde bedeuten, dass sie mit fast einem Jahr Verzögerung im Markt ankommen.

Nachfragen von Foley bei Microsoft wiegelte ein Sprecher des Konzerns ab: Man habe derzeit keine Neuigkeiten in Bezug auf Azure mitzuteilen. Das klingt nicht nach einer grandiosen Erfolgsgeschichte. Auch die Hardware-Partner HP und Dell sowie das als Pilot- und Referenzkunde genannte Auktionshaus Ebay gaben sich Foley gegenüber zugeknöpft.

Hardwarepartner antworten nur ausweichend

Dell-CTO Kris Fitzgerald antwortete knapp, schriftlich und etwas umständlich: „Zum Zeitpunkt des Announcements mit Microsoft zu Windows Azure sagten wir, dass es im ersten Quartal 2011 in Kraft tritt. Wir sind im Plan, was erste Kunden anbelangt, und werden das Angebot kurz danach in ganzer Breite ausrollen.“ Fitzgerald wies auch darauf hin, dass Dells „erstes Quartal“ das des Finanzjahres des Unternehmens sei – also den Zeitraum zwischen 1. Februar und 30. April umfasst.

Zumindest in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Material zur ursprünglichen Ankündigung findet sich aber keinerlei Hinweis auf einen Start im ersten Quartal – sei es nun des Kalender- oder des Finanzjahres. Gegenüber News.com hatte Fitzgerald dagegen in einem früheren Interview erwähnt, man rechne Ende Januar 2011 mit der Markteinführung der Azure Appliances.

HP antwortete zuerst nicht auf Foleys Anfrage. Jeff Carlat, Marketingdirektor für Industry Standard Server, ließ sich dann aber doch noch zu einer Aussage bewegen. Er räumt ein, dass es eine Lieferverzögerung gibt, macht aber keine Angaben zu einem geänderten Zeitplan. HP und Microsoft arbeiteten weiterhin intensiv gemeinsam an einer „Windows Azure Interim Cloud Appliance“. Die Verfügbarkeit der gehosteten Azure Services habe viel dazu beigetragen, im Planungs- und Entwicklungsprozess Fortschritte zu erzielen.

Gemeinsam lerne man gerade, wie sich die Microsoft Hosted Appliance durch HP und andere am besten verkaufen und mit Service begleiten lässt. Die Zusammenarbeit in dieser Schlüsselinitiative liege im Zeitplan und einige wichtige Meilensteine seien bereits erreicht. Ähnlich aussagearm ist die Stellungnahme des Ebay-Sprechers: Hinsichtlich der Windows Azure Appliance arbeite man weiterhin mit Microsoft an der Integration und könne bald weitere Informationen geben.

In Deutschland hatte sich Fujitsu mit Ankündigungen zur Azure Appliance hervorgetan. Das Unternehmen positionierte sie als Komplettlösung für große Service-Provider und Betreiber von eigenen Rechenzentren. Sie wurde auch auf der Fujitsu-Hausmesse Visit Ende November beworben. Auf Anfrage von ZDNet teilten die Verantwortlichen in Deutschland jetzt mit: „Wir halten in Europa an unserer Cloud-Strategie fest und befinden uns mitten im Roll-Out. Microsoft ist hier weiterhin ein wichtiger Partner.“ Zu möglichen Problemen wolle man jedoch keine Stellung nehmen.

Durcheinandergeratener Fahrplan

Microsoft hat die Windows Azure Appliances bei ihrer Ankündigung im vergangenen Jahr als vorkonfigurierte Container mit hunderten bis tausenden Server beschrieben, die auf der Windows-Azure-Plattform laufen. Diese Container sollen im ersten Schritt in Rechenzentren von Dell, Fujitsu und HP stehen. Von Microsoft kommen die Azure-Infrastruktur und -Services. Später sollen dann große Firmen wie Ebay diese Container in ihre eigenen Rechenzentrum holen. Oder, wie Microsoft sagt, ihre eigenen „kundengehosteten Clouds“ betreiben. Noch später sollen dann auch kleinere Service Provider autorisiert werden, ihren Kunden Azure Appliances zur Verfügung zu stellen.

Es soll nicht unterstellt werden, dass Microsoft diese Projekte fallengelassen hat. Schließlich gibt es Belege dafür, dass es voran geht – in welcher Geschwindigkeit auch immer. Dazu gehört zum Beispiel die Qualifizierung von Experten für die Appliances. Offensichtlich ist der Fahrplan jedoch etwas durcheinandergeraten – ob aufgrund technischer Schwierigkeiten, neuen Erkenntnissen zu den Kosten oder weil aus strategischen Erwägungen anderen Projekte Vorrang eingeräumt wurde ist egal. Schön wäre es jedoch, wenn Microsoft und seine Partner nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern offener kommunizieren, wie die Einführung vorankommt beziehungsweise, wo es hakt.

ZDNet.de Redaktion

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