Im Mittelpunkt der gegenseitigen Klagen, einstweiligen Verfügungen und verhängten Unterlassungserklärungen der vergangenen Jahre stand die Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz nicht nur für Software gilt, die auf einem Datenträger verkauft wird, sondern auch für Programme, die ein Nutzer per Download von der Website des Herstellers bezieht. Usedsoft hatte damit geworben, seinen Kunden auch Lizenzen für solche Programme zu verkaufen. Oracle hatte dagegen geklagt. Vom Oberlandesgericht München hatte der Hersteller zunächst Recht bekommen. Gegen die Entscheidung hatte sich Usedsoft jedoch gewehrt.
Oracle vertrat die Auffassung, dass der Erschöpfungsgrundsatz nur für „körperliche Werkstücke“ gelte – wie der BGH in seiner vielzitierten Entscheidung im Jahr 2000 festgelegt hatte. Damit wäre der Wiederverkauf von Software auf Datenträgern zwar rechtens – der von per Download bezogenen Programmen allerdings nicht. Usedsoft vertrat dagegen die Position, dass der Distributionsweg nicht über den rechtlichen Status der gleichen Software entscheiden kann. Schließlich biete Oracle auf seiner Website beide Möglichkeiten gleichberechtigt an.
Microsoft spielte zwar in dem aktuellen Prozess vor dem BGH keine Rolle, ist aber angesichts seiner in vielen Bereichen dominanten Marktstellung eigentlich der Hersteller, der sich am energischten und häufigsten mit den Second-Hand-Markt dem allen seinen Facetten auseinandersetzte – seien es nun Produkt-Keys gebrauchter Software, der Weiterverkauf von Echtheitsvertifikaten oder wie Echtheitszertifikate auf PCs bei deren Weiterverkauf zu behandeln sind. Klar, dass sich der Konzern auch diesmal zu Wort meldet.
„Microsoft begrüßt die Vorlage zum EuGH. Da diese Frage alle Märkte Europas betrifft und die relevanten Vorschriften im deutschen Urheberrecht einer EU-Richtlinie entstammen, insbesondere der ‚Erschöpfungsgrundsatz‘, kann nur der EuGH eine abschließende Entscheidung treffen,“ sagt Severin Löffler, Senior Director Legal and Corporate Affairs bei Microsoft Deutschland. Er verweist auf das Welturheberrechtsabkommen (WCT), dass auch die EU und die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet hätten. Dort sei in Artikel 6 „unmissverständlich klargestellt, dass sich das ‚Erschöpfungsprinzip‘ nur auf fixierte Werkstücke, so genannte ‚fixed copies‘, bezieht, die als körperliche Gegenstände, also als ‚tangible objects‘, in den Verkehr gebracht werden können. Der Handel mit bloßen Nutzungsrechten ist damit ohne Zustimmung des Rechteinhabers unzulässig.“
Dieser Verweis trägt wenig zur Klärung der aktuellen Sachlage bei, zumal das ursprünglich 1952 initiierte Abkommen dadurch an Bedeutung verloren hat, dass inzwischen alle wichtigen Staaten Mitglied der Welthandelsorganisation und damit an das TRIPS-Abkommen mit ähnlicher Zielrichtung gebunden sind. Er macht aber noch einmal ein grundlegendes Problem der Diskussion deutlich: Während besonders US-amerikanische Hersteller gerne von „Nutzungsrechten“ und „Lizenzen“ sprechen, wenn es um Software geht, ist dieses Verständnis im deutschen Urheberrecht nur schwer abzubilden. Hier wird eine Software „gekauft“ – und nicht das „Nutzungsrecht daran erworben“ – zumindest nicht im Verständnis der breiten Öffentlichkeit.
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