Laut Experton-Analyst Oppermann spielen aber auch noch andere Faktoren eine Rolle. Seiner Beobachtung nach sind in den vergangenen 12 bis 18 Monaten zahlreiche neue Anbieter in den Markt eingetreten. Diese betreiben den Handel mit gebrauchten Lizenzen in unterschiedlicher Ausprägung – entweder als Broker, oder als Unternehmen, die ihr klassisches Geschäft ausbauen.
Aber auch die drei etablierten Anbieter USC, Preo Software AG und Usedsoft, die den Markt in unterschiedlichen Ausprägungen bedienen, böten neben dem Handel mit gebrauchten Lizenzen mittlerweile weitere Dienstleistungen im Umfeld des Lizenzmanagements und Softwarehandels an. Sowohl was die Stückzahlen der gehandelten Lizenzen als auch deren Wert betrifft, dominieren Lizenzen von Microsoft den Markt. Bei SAP-Lizenzen stellt Oppermann derzeit sogar einen Angebotsüberhang fest.
„Weder die Händler von gebrauchter Software, noch die Hersteller sowie die Kunden haben es in den vergangen zehn Jahren geschafft, einen verbindlichen Rahmenprozess und ein, für alle Teilnehmer, ‚akzeptierbares‘ Umfeld zu schaffen“, so Oppermann. Besonderes Versäumnis und fehlende Aktivität wirft er den Entscheidern in Anwenderunternehmen vor. Sie wollten zwar einerseits von den Vorteilen profitieren, übten auf der anderen Seite aber ihre Nachfragemacht gegenüber den Herstellern nur ungenügend aus. Unter anderem aus Angst vor Audits scheuten sie eine öffentliche Diskussion. Die Folge seien asymmetrische Märkte, die mittelfristig ein Nischendasein fristen müssen.
Selbstverständlich ist ein Audit immer ein gewisser Aufwand. Er kann sich aber lohnen. So konnte das Bremer Entsorgunsgunternehmen Nehlsen AG etwa mit der Preo AG in einem ersten Schritt Einsparungen von 265.000 Euro erzielen. Dazu wurde die bisher nicht ausgenutzte Microsoft Software Assurance durch gebrauchte Software ersetzt. Ein Audit der von Microsoft beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG fiel positiv aus: Trotz des beim Softwarekonzern nicht gern gesehenen Vorgehens fand sich nichts, was zu beanstanden gewesen wäre.
Im Augenblick ist der Online-Distributionskanal für Software noch vergleichsweise klein. Er gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Oracle bringt zum Beispiel nach eigener Aussage mittlerweile 85 Prozent seiner Software auf diesem Weg zum Kunden. Die Befürchtungen und Behauptungen der Hersteller, der Weiterverkauf so erworbener Software oder Nutzungsrechte sei immer sofort eine Vervielvältigung, ist fragwürdig. Schließlich unterstellen sie ihren Firmenkunden damit generell, Raubkopierer zu sein und die Programme vor der Weitergabe nicht zu löschen.
Das ist aber eine überkommene Ansicht. Es ist Teil des Wesens von Software, kopiert und von einem Gerät auf das andere verschoben zu werden. Virtualisierung schafft da keine neuen Probleme, sie macht alte aber deutlicher. Dass die Hersteller ihre Jagdgründe schützen wollen, ist verständlich. Es liegt aber an ihnen, sich Mechanismen auszudenken, dank derer ihre Software sich ohne Missbrauch zeitgemäß nutzen lässt – und da gehört die Weitergabe der Nutzungsrechte oder deren legaler Verkauf dazu. Im heraufziehenden Zeitalter des Cloud Computing ist es absurd, das Nutzungsrecht an Software am Vorhandensein eines bestimmten Datenträgers oder einem bestimmten Gerät festzumachen.
Das heißt natürlich nicht, dass für sie nicht mehr bezahlt werden muss, wenn es der Anbieter so verlangt. Es gibt aber bereits genügend Firmen, die andere Geschäfstmodelle propagieren. Bisher konnten die Lizenzanbieter Veränderungen noch aussitzen. Das wird aber nicht mehr lange möglich sein. Ihr Festhalten an den alten Ideeen des Softwarevertriebs gleicht Don Quichotes Kampf gegen die Windmühlen. Und man weiß ja, wie der ausging.
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