Die internationale Expansion ist bei vielen Firmen derzeit ein viel diskutiertes Thema. Dass nach der Krise nicht nur bei großen Konzernen der Ausbau des Geschäfts in anderen Ländern wichtiger wird, hat auch eine Erhebung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im vergangenen Jahr ergeben. Demnach wollen 22 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten, die bereits jenseits der deutschen Grenzen investieren, das Engagement im Ausland ausbauen und 54 Prozent rechnen mit gleichbleibend hohen Investitionen. Bei Unternehmen mit 200 bis 500 Mitarbeitern steigen die Ausgaben sogar noch etwas mehr.
Aber nicht nur das Investitionsvolumen, auch die Anzahl der Unternehmen, die überhaupt im Ausland investieren, nimmt zu. Laut DIHK planten 37 Prozent der Industrieunternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern 2010 Investitionen im Ausland. Bei Firmen mit 200 bis 500 Beschäftigten betreibt sogar mehr als jedes zweite Unternehmen die Expansion ins Ausland. Hauptsächliches Ziel sind nach wie vor die EU-15-Länder. Doch steigt der Anteil der Firmen, die sich außerhalb Europas engagieren wollen. Beispielsweise investieren 29 Prozent der auslandsaktiven Mittelständler in China und 21 Prozent im restlichen Asien.
Verpassen ERP-Anbieter den Trend?
Interessanterweise geht es dem Mittelstand beim Ausbau der Auslandsgeschäfte nicht in erster Linie darum, Kostenvorteile in der Produktion zu nutzen. Im Vordergrund steht vielmehr der Wunsch, Vertriebsstrukturen effizienter zu gestalten, den Kundendienst zu pflegen sowie neue Vertriebs- und Servicekanäle aufzubauen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO in einer allerdings international angelegten Studie (PDF). Sie zeigt, dass die deutschen Firmen mit ihren Bemühungen nicht alleine dastehen, sondern auch die Unternehmen aus anderen Ländern die Globalisierung mit Nachdruck betreiben.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Kritik an ERP-Anbietern von Professor Norbert Gronau von der Universität Potsdam im Interview mit ZDNet zu sehen: „Ich wundere mich darüber, dass es tatsächlich noch eine ganze Reihe von Anbietern gibt, die ihren Markt in Deutschland sehen und unter Internationalisierung ein Büro in Wien verstehen. Aus unseren Beratungsprojekten weiß ich, dass Internationalisierung zwingend erforderlich ist, damit die deutsche Softwarebranche künftig bestehen kann.“
ERP-Einführung und Internationalisierung
Allerdings ist der Wunsch zur Internationalisierung oft Ausgangspunkt für eine ganze Reihe neuer Probleme. Heute kommen immer noch viele Firmen ohne oder mit einer längst nicht mehr zeitgemäßen ERP-Software aus. Von den Mitarbeitern der ersten Stunde im Ausland wird viel manuell erledigt, entweder mit Excel-Tabellen oder anderen Hilfswerkzeugen. Allerdings steigen bei international tätigen Firmen nicht nur die eigenen Ansprüche, sondern auch die von Finanz- und andern Behörden. Das gilt sowohl für das Reporting als auch die Einhaltung der in den jeweiligen Ländern geltenden Richtlinien und Gesetze.
All das führt in der Regel zu dem Wunsch, die komplexer werdenden Strukturen durch Software in den Griff zu bekommen. Eine Möglichkeit ist es, die Landesbüros mit lokalen Produkten arbeiten zu lassen, um die Anforderungen schnell und möglichst günstig zu erfüllen. Thomas Tanetschek, Vertriebsleiter bei Exact Software, warnt jedoch vor der aus einer Vielzahl von Lösungen mittelfristig entstehenden Komplexität.
Seiner Ansicht nach sollten international agierende Unternehmen zwar unbedingt ein ERP nutzen, dies aber so einfach wie möglich halten. Problematisch sei nämlich, dass viele Berater Konzepte empfehlen, die eigentlich für größere Firmen gedacht sind. „Damit kann auf einmal die ERP-Einführung und nicht die Internationalisierung zum Problem werden“, so Tanetschek. Darüber, wie sich das vermeiden lässt, spricht der Manager ausführlich im Interview mit ZDNet.
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