Anwendungen aus der Cloud brauchen Performancekontrolle


Christian Wirth ist Country Manager bei Compuware und Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet (Bild: Compuware).

Cloud Computing ist nicht mehr nur Hype, sondern ein großer technologischer Fortschritt, der über die IT-Branche hinauswächst. Das diesjährige CeBIT-Leitthema „Work and life with the Cloud“ hat bereits gezeigt, dass die Wolke nicht nur für IT-Experten, sondern auch für Endanwender interessant ist. Vor allem die Wirtschaft erhofft sich von der Wolke ein hohes Wachstum.

Beispielsweise prognostiziert Berlecon Research in einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, dass die Umsätze mit Public Cloud Computing bis zum Jahr 2025 von heute knapp 650 Millionen Euro auf über 20 Milliarden Euro anwachsen werden. Dies entspricht etwa 20 Prozent der gesamten IT-Ausgaben deutscher Unternehmen. Allein die Aufwendungen für Public-Cloud-Leistungen im Software-as-a-Service-Bereich werden bis 2025 auf elf Milliarden Euro ansteigen und damit 90 Prozent der Gesamtausgaben für Standardsoftware in Deutschland ausmachen.

Performanceprobleme bremsen Cloud-Einführung

Cloudbasierende Anwendungen bieten Unternehmen viele Vorteile, da sie die Kosten der Infrastruktur reduzieren und schneller bereitgestellt werden können als traditionelle Anwendungen. Trotz der Vorteile und hohen Erwartungen scheint sich Cloud Computing bei deutschen Unternehmen aber nur langsam durchzusetzen.

Laut einer Studie von Deloitte behandeln sie das Thema eher konservativ und mit Skepsis. So setzen knapp 60 Prozent der Befragten generell keine Cloud-Computing-Lösung ein und wollen es auch auf absehbare Zeit nicht tun. Die Hauptgründe sind Angst vor Kontrollverlust und mangelnde Datensicherheit. Zudem bestehen nach wie vor maßgebliche Bedenken, Cloud Computing bei geschäftskritischen Anwendungen zu nutzen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam kurz vor der CeBIT eine Umfrage von PwC im Mittelstand.

Bei den potenziellen Kunden sorgen auch performancebedingte Probleme bei Anwendungen aus der Cloud für viel Enttäuschung. Einige Großunternehmen reduzieren ihre Cloud-Computing-Aktivitäten wieder oder stellen diese ganz ein. Laut einer Umfrage von Compuware gehen deutschen Großunternehmen dabei durchschnittlich 560.000 Euro im Jahr verloren.

Durchblick in der Wolke

Bei all den unterschiedlichen Anwendungen, die aus der Cloud bezogen werden können, wächst auch die Komplexität der Unternehmens-IT. Gerade bei Service-Angeboten aus der Public Cloud ist nicht immer ersichtlich, welche Technologien und Software-Services sich in der Wolke verbergen.

Bisher war es die IT-Abteilung, die die absolute Kontrolle über alle Anwendungen innerhalb des unternehmensinternen Rechenzentrums hatte. Wenn diese aber in einen virtuellen, öffentlichen Raum verlagert werden, ist es für die Verantwortlichen schwer, den Überblick über alle Anwendungen und das damit verbundene Application Performance Management (APM) zu behalten.

Viele Unternehmen tendieren bei der Überwachung der Performance von Anwendungen noch zum klassischen Infrastrukturmonitoring. Mit der Cloud ist aber ein neuer, integrierter Ansatz notwendig, der die komplette Anwendungslieferkette über organisatorische und geografische Grenzen hinweg umfasst: vom Rechenzentrum des Service Providers, über das Netzwerk, die Unternehmens-IT, die Cloud bis hin zum Endgerät der Anwender. Nur so können interne und externe Komponenten über physische, virtuelle und Cloud-Umgebungen hinweg zuverlässig verwaltet werden.

Eine Frage der Perspektive

Ein weiterer Punkt ist, dass viele Unternehmen die Perspektive und Erfahrungen des Endanwenders gar nicht berücksichtigen. Public-Cloud-Anbieter wie Amazon oder Microsoft versprechen fast hundertprozentige Service-Verfügbarkeiten – und das an 365 Tagen im Jahr. Allerdings ergab die Umfrage von Compuware zum Thema Cloud Computing auch, dass über zwei Drittel der Unternehmen, die Services aus der Cloud nutzen, Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Service Level Agreements haben. Wo liegt also das Problem?

Während die Anbieter bei ihren eigenen Messungen immer eine volle Verfügbarkeit haben, muss dies für den Endanwender nicht gelten. Denn die Messgrößen vernachlässigen meist den vollständigen Blick auf die komplexe Anwendungslieferkette. Deshalb wurde in der Studie auch der Ruf nach strengeren SLAs laut, die über rein technische Verfügbarkeitsversprechen hinausgehen und stattdessen das tatsächliche Nutzerlebnis in den Vordergrund stellen. Schlechte technische Performance oder Nichtverfügbarkeit einer Anwendung sorgt für Unzufriedenheit und Frustration der einzelnen Anwender – unabhängig davon, wo die Ursache dafür liegt.

Es gibt verschiedene Faktoren, die die Performance von cloudbasiereden Anwendungen beeinflussen. Einer davon ist die Entfernung zwischen Endanwender und Cloud-Anwendung beziehunsgweise Internet Service Provider: Je weiter weg, desto länger die Antwortzeit. Besonders deutlich werden diese Performance-Probleme am Beispiel des Onlinehandels. Wenn die Inhalte einer Website, die mittlerweile um ein vielfaches größer geworden sind, beispielsweise in einem anderen Land oder auf einem anderen Kontinent gehostet werden, kann dies die Ladezeit erheblich verzögern.

Der Endanwender, der gerade eine Kaufentscheidung treffen möchte, ist frustriert, wenn der Aufbau der Seite zu lange oder gar nicht lädt und verlässt sie, ohne zu kaufen. Da tageszeitabhängige Lastspitzen des Cloud-Anbieters einen maßgeblichen Einfluss auf die Anwendungsperformance haben, sind die Tageszeit sowie die Qualität der lokalen Internetverbindung weitere Punkte, die bei der Performanceanalyse zu berücksichtigen sind.

Fazit

Auch wenn einige Unternehmen den Einsatz von Cloud Computing noch in Zweifel ziehen, wird diese Technologie in Zukunft – und sei es nur indirekt – die IT-Umgebung in Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Deshalb müssen Unternehmen eine Balance zwischen der Nutzung der eigenen IT, Outsourcing und Cloud Services finden, um die Unternehmens-IT trotz wachsender Komplexität zuverlässig zu steuern.

Wichtig wird dabei ein ganzheitlicher Ansatz, damit Unternehmen von der Wolke profitieren können, ohne Einbußen in Bezug auf Verfügbarkeit oder Anwendungsperformance hinnehmen zu müssen. Nur so können SLAs für die Verfügbarkeit und Performance von Anwendungen aus der Cloud eingehalten und an den tatsächlichen Erfahrungen der Endanwender in Bezug auf die Antwortzeiten einer Anwendung ausgerichtet werden. Stimmen diese Parameter, können Unternehmen die wirtschaftlichen Vorteile des Cloud Computing voll ausschöpfen.

AUTOR

Christian Wirth ...

... ist Country Manager bei Compuware in Deutschland

ZDNet.de Redaktion

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