Die von Wikileaks veröffentlichten Depeschen der US-Botschaften zeigen laut einem Bericht von Ars Technica und dem Blog des kanadischen Datenschützers Michael Geist, wie die USA in Sachen Urheberrecht Druck auf die kanadische Regierung ausgeübt hat. Da der Druck nicht den gewünschten Erfolg zeigte, kam das Nachbarland 2008 sogar auf die Special 301 Priority Watch List: eine Liste von Ländern mit aus amerikanischer Sicht besonders schlechtem Urheberrechtsschutz. Dort befindet sich Kanada unter anderem in Gesellschaft von Russland und China.
„Die Botschaft in Ottawa ist immer noch darüber enttäuscht, dass die kanadische Regierung es weiter nicht schafft, eine wesentliche Reform des Urheberrechts vorzuschlagen, geschweige denn zu verabschieden, die unter anderem die Verträge der World Intellectual Property Organization (WIPO) ratifiziert und umsetzt“, schreibt die amerikanische Botschaft laut Wikileaks im Februar 2008. Die Botschaft schlägt daraufhin vor, Kanada in die Special-301-Liste aufzunehmen.
Ars Technica zitiert eine Depesche vom August 2007 der Botschaft in Ottawa. Darin ist von Ailish Johnson die Rede, damals Analystin für wirtschaftliche Entwicklungspolitik für das kanadische Privy Council Office, einem Beratungsgremium des kanadischen Premierministers und des Kabinetts. Sie soll den amerikanischen Botschafter über die Entwicklung des kanadischen Urheberrechts auf dem Laufenden halten. Dabei versicherte die Kanadierin dem Botschafter, dass entsprechende Gesetze noch 2007 beschlossen würden.
Im April 2007 hatte Premierminister Stephen Harper bereits versprochen: „Zum Thema Urheberrechte kann ich Ihnen versichern, dass die kanadische Regierung die Bedenken, die Sie in Ihrem Brief äußern, sehr ernst nimmt.“ Man habe dem Präsidenten im August 2006 bereits gesagt, dass man Urheberrechtsgesetze verabschieden werde. US-Botschafter David Wilkins bedankt sich: „Die Vereinigten Staaten wären sehr erfreut, wenn die Gesetze auch ein Verbot der Herstellung und Verbreitung von Geräten zur Umgehung des Urheberrechtsschutzes und ein ‚Erst warnen, dann abschalten‘-Modell in Bezug auf die Haftbarkeit von Internetprovidern enthielten.“
2005 entwarfen die Amerikaner schon einmal einen Aktionsplan in Sachen „geistiges Eigentum“ für Kanada, Intellectual Property Action Plan genannt. „Wir haben schon die Namen von kanadischen Vertretern ausgehandelt, die an einem Kurs des amerikanischen Patentamts (US Patent and Trademark Office) zur Durchsetzung interessiert wären“, heißt es in der Depesche. „Wir werden die Namen der Kandidaten der Botschaft und des Konsulats in den nächsten zwei Wochen vorlegen.“
In der Depesche steht weiter: „Die ersten Reaktionen der kanadischen Bundesbehörden waren positiv. Wir wissen, dass das DHS [Department of Homeland Security] einen Besuch kanadischer Vertreter im DHS IPR [Intellectual Property Rights, Urheberrechte] Enforcement Center (oder eine Videokonferenz) veranstalten möchte. Außerdem gibt es eine Reihe bilateraler Foren, die man für eine Diskussion über die Durchsetzung von Urheberrechten […] nutzen kann.“
Im Juni 2010 hat die kanadische Regierung laut Ars Technica tatsächlich einen entsprechenden Gesetzesentwurf zu Urheberrechten eingereicht.
Wikileaks will mit der Veröffentlichung von vertraulichen Dokumenten mehr Transparenz schaffen. Das kommt nicht überall gut an. ZDNet bietet in diesem Special Nachrichten und Hintergrundberichte über die umstrittene Whistleblower-Plattform.
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