Gestern hat Microsoft in Berlin das Mango-Update für Windows Phone 7 offiziell vorgestellt. Es soll im Herbst in einer finalen version. Was an grundlegenden Features auf API-Ebene hinzukommt, hat sich bereits herumgesprochen. ZDNet hat darüber bereits ausführlich in dem Artikel "Windows Phone 7: mit Mango endlich auf iPhone-Niveau?" berichtet.
Die wichtigsten Erweiterungen sind hier noch einmal zusammengefasst:
Insgesamt stehen Entwicklern etwa 1400 neue APIs zur Verfügung. Viele davon sind eigentlich selbstverständlich. So ist es unmittelbar klar, dass sich mit einem eingeschränkten URL-basierten Internetzugang viele Apps nicht realisieren lassen.
Doch Windows-Phone-7-Besitzer dürfen sich nicht nur auf neue Apps freuen, die erst mit Mango überhaupt realisiert werden können. Das Update bringt auch über 500 neue Features. Viele davon sind sicherlich Kleinigkeiten. Einige bringen allerdings einen deutlichen Mehrwert in punkto Benutzerfreundlichkeit.
So gibt es jetzt eine kombinierte Inbox (Bild rechts) wie bei iOS, in der sich eingehende E-Mails von verschiedenen E-Mail-Konten zusammenfassen lassen. Dabei kann Mango noch mehr als iOS. Es lassen sich sogar Inbox-Gruppen definieren, etwa eine Gruppe für alle geschäftlichen E-Mail-Konten und eine für alle privaten. Microsoft nennt dieses Feature "Linked Inbox".
Ferner lassen sich E-Mails jetzt in einer Thread-Ansicht (Bild links) darstellen wie bei der Google-Mail-App für Android. Das ist allerdings Geschmackssache. In Android-Diskussionsforen beschweren sich zahlreiche Nutzer, dass man dieses Feature nicht abschalten kann. Mit Mango hat der Benutzer jedoch die freie Auswahl, ob er die Thread-Ansicht wünscht oder nicht.
Wer viele Apps auf seinem Smartphone installiert hat, kann nunmehr "Jumplists" verwenden, um sie schneller zu finden. Das funktioniert aber grundsätzlich anders als die Jumplists in der Taskleiste von Windows 7. Auf Wunsch zeigt ein Mango-Handy die Anfangsbuchstaben aller installierten Apps. Durch Antippen zeigen sich nur Apps die mit dem gewählten Buchstaben beginnen. Das klingt umständlich, in der Praxis findet man die gewünschte App jedoch erstaunlich schnell.
Verbessert wurde auch die Facebook-Anbindung. So lassen sich jetzt Fotos und Videos direkt aus der App aufnehmen und zu Facebook hochladen. Auch ist es möglich, Personen auf Fotos zu markieren.
Der Games-Hub kann jetzt animierte 3D-Avatare anzeigen. Das ist ganz nett, aber nicht wirklich notwendig.
Über das Feature Fast App Switch (Bild rechts) kann man zwischen mehreren geöffneten Applikationen wechseln. Dabei wird der aktuelle Inhalt des Bildschirms der jeweiligen App angezeigt und nicht etwa nur ein Symbol.
Eine der wichtigsten Verbesserungen ist die Portierung von Internet Explorer 9 (Bild links) auf Windows Phone 7. Wie bei der Desktop-Version wird dabei die Hardwarebeschleunigung der GPU genutzt. In einer Live-Demo zeigt Frank Prengel, Technical Evangelist in der Developer Platform & Strategy Group, dass die HTML-5-Canvas-Demo FishIE Tank flüssig mit 19 Frames pro Sekunde läuft.
Die GPU-Unterstützung für den Browser ist durchaus ein Mehrwert, den die Browser anderer Betriebssysteme wie Android und iOS heute noch nicht bieten können. Ferner besitzt der IE9 für Mango eine kompilierende Javascript-Engine, die ARM-Code generiert. Wichtiger als der Geschwindigkeitsvorteil, der dadurch erzielt wird, ist der geringere Energieverbrauch, der aus der kürzeren Ausführungszeit resultiert.
Deutliche Fortschritte gibt es in der Art und Weise, wie man Personen findet und mit ihnen kommuniziert (Bild rechts). Wer eine Person anklickt, kann über die History-Funktion einsehen, auf welche Weise man in der letzten Zeit mit ihr kommuniziert hat, etwa per E-Mail, SMS und Instant Messaging.
Der Office-Hub (Bild links) ist um eine Skydrive-Funktion erweitert. Man kann alle Dokumente von seinem Skydrive öffnen. Geänderte Dokumente lassen sich schnell einfach auf dem Skydrive des Benutzers ablegen. Das funktioniert auch mit dem öffentlichen Ordner, um Dokumente mit anderen zu teilen. Ebenso lassen sich Dateien in einem Sync-Ordner ablegen, so dass man die Datei auch auf seinem Laptop- oder Desktop-PC vorfindet, wenn man ihn das nächste Mal einschaltet.
Microsoft ist zurecht stolz darauf, eine intelligentes Benutzerinterface geschaffen zu haben, das andere Mobilbetriebssysteme so nicht bieten. Unter Android und iOS findet man solche integrierten Lösungen nicht. Dort öffnet man ein Instant-Messaging-, E-Mail oder SMS-Programm, nicht aber eine Person, um alle Kommunikationsmöglichkeiten einzusehen. Lediglich die HTC-Geräte mit Android bieten mit der Sense-Oberfläche ein ähnliches Konzept, allerdings nur ansatzweise und wenig ausgereift.
Diese schöne neue Microsoft-Mango-Welt funktioniert allerdings nur mit bestimmten Diensten. Als Cloud-Storage-Provider wird ausschließlich Skydrive unterstützt. Wer Dropbox oder Box.net benutzt, hat Pech gehabt.
Dasselbe gilt für Instant-Messaging Dienste: Hier hat man nur die Auswahl zwischen Windows Live Messenger und Facebook. Wer einen anderen Dienst benutzt, etwa Google Talk oder ICQ, kann die integrierten Funktionen der Mango-Oberfläche nicht nutzen. Eine Ausnahme stellt Yahoo dar: Die Messengerdienste von Windows Live und Yahoo sind miteinander verbunden, so dass sich die Nutzer gegenseitig erreichen können.
Auch bestätigt Microsoft auf Nachfrage von ZDNet, dass es für IM- oder Cloud-Storage-Anbieter nicht möglich ist, einen Dienst zu entwickeln, der quasi als Plug-in funktioniert und mit dem man sich in die äußerst nützlichen Hubs einklinken kann. Hier ist man definitiv darauf angewiesen, dass Microsoft einen bestimmten Service unterstützt.
Da Mango aber TCP- und UDP-Sockets unterstützt, besteht nunmehr durchaus die Möglichkeit, dass jemand eine Multimessenger-App entwickelt, die zahlreiche IM-Dienste unterstützt, im Stile von Trillian, Digsby oder Empathy. Das war mit dem Original-Windows-Phone-7 grundsätzlich nicht möglich.
Vergleich mit Android und iOS
Wenn man Mango mit Android und iOS vergleicht, kann man ohne Übertreibung sagen, dass Microsoft in das Benutzerinterface zahlreiche Usability-Features integriert hat, die man bei der Konkurrenz nicht findet. Erfreulicherweise hat der Softwareriese hier eine Vorreiterrolle eingenommen, an der sich andere ein Beispiel nehmen können, auch wenn ein offenes API für die Integration von anderen IM-Diensten oder Cloud-Storage-Providern fehlt.
Äußerst problematisch bleibt aber, dass Entwicklern weiterhin keine Möglichkeit eingeräumt wird, nativen Code zu entwickeln. Das macht es nahezu unmöglich, eine bestehende Codebasis zu portieren. Wenn man beim Beispiel Instant Messaging bleibt, bedeutet das, dass jemand, der einen Multi-Messenger mit Unterstützung für möglichst viele IM-Anbieter programmieren möchte, praktisch bei Null anfangen muss.
So gibt es etwa den bekannten Messenger Trillian für iOS, Android und Blackberry OS. Alle drei Systeme bieten eine Entwicklung in nativem Code an. Das erleichtert die Portierung einer Desktop-Version erheblich, wenngleich noch genug zu tun bleibt. Für Windows Phone 7 kommt nur eine komplette Neuentwicklung in Frage. So haben beispielsweise Adobe und Mozilla entschieden, ihre Produkte Firefox und Flash nicht zu Windows Phone 7 zu portieren, da der Aufwand viel zu hoch wäre.
Die Crux für Microsoft besteht darin, dass der Marktanteil von Windows Phone 7 weiter sinkt. Aktuelle Schätzungen bewegen sich um drei bis vier Prozent. Dadurch stellt sich für viele Entwickler die Frage, ob sich die komplette Neuentwicklung eines bestehenden Programms lohnt. Microsoft hat Smartphone-Markt eine deutlich schwächere Position als im Desktop-Markt, den es mit 80 bis 90 Prozent Marktanteil faktisch beherrscht.
Vielen Entwicklern ist überhaupt nicht daran gelegen, dass sich neben iOS und Android noch ein drittes Smartphone-Betriebssystem etabliert. Idealerweise entwickelt man für iOS in Objective-C, für Android in Googles Java-Variante Dalvik und für Windows Phone 7 in C#. Für Desktop-Betriebssysteme stehen heute zahlreiche kostenlose und ausgereifte Cross-Plattform-Lösungen wie Qt, Mono, Xulrunner oder Skia zur Verfügung, die man nutzen kann, um betriebssystemübergreifend zu entwickeln.
Wer Apps für Windows Phone 7, iOS und Android entwickeln möchte, kann dies derzeit nur mit Monotouch (iOS) und Mono für Android erledigen. Anders als Mono für Desktops sind die beiden Produkte jedoch kostenpflichtig. Ferner bedingt diese Lösung, dass man in der .NET-Umgebung, sprich in Managed Code, entwickelt. Eine Portierung bestehender Software, die als native Code vorliegt, bedeutet auch mit Mono eine komplette Neuentwicklung.
Hier erweisen sich die bei Windows Phone verwendeten Kernel Windows CE 6.0 und Windows Embedded Compact 7 nach wie vor als Problem. Weder in Prozessen noch im Filesystem werden Security-IDs und ACLs unterstützt. Würde Microsoft den nativen Zugang erlauben, liefe jede App mit vollen Superuser-Rechten, die dem Benutzer root in Unix entsprechen. Das ließe sich sicherheitstechnisch nicht vertreten.
Apple und Google haben es deutlich einfacher als Microsoft. Sie nutzen entweder Darwin, einen Hybrid aus Mach und BSD, oder Linux als Kernel und können damit auf ausgereifte Produkte zugreifen, die sie lediglich anpassen müssen.
Microsoft muss mit seinem Closed-Source-Ansatz alles selbst entwickeln. Der NT-Kernel ist aus verschiedenen Gründen faktisch nicht auf Smartphones zu bringen. Das Hauptproblem liegt darin, dass Kernel- und Usermode-Komponenten zu stark miteinander verzahnt sind und nicht unabhängig voneinander agieren können.
Windows CE 6.0 und Windows Embedded Compact sind alles andere als schlechte Kernel für ein Smartphone. Im Gegenteil, sie sind speziell für Embedded Devices entwickelt. Mit dem technisch veralteten Windows CE 5.0 sind sie nicht mehr vergleichbar. Im Prinzip fehlen Kleinigkeiten, nämlich Prozesssecurity und ACLs, um nativen Code erlauben zu können. Das aber verhindert die Portierung vieler Anwendungen mit bestehender Codebasis.
Hardware
Ein weiteres Problem von Windows Phone ist die Unterstützung von Hardware. Bis heute sind alle Windows-Phone-7-Modelle ohne Ausnahme mit den Snapdragon-Chips QSD8250 oder QSD8260 von Qualcomm ausgestattet. Die beiden SoC-Devices unterscheiden sich nur in den unterstützten 3G-Mobilfunkstandards (UMTS oder CDMA2000).
Das Hauptproblem besteht in der Unterstützung der in den SoC-Devices verwendeten GPUs. Die meisten GPUs bieten eine direkte Unterstützung für OpenGL ES. Für Windows Phone stellt sich aber auch die Frage, ob eine GPU grundsätzlich für Direct3D Mobile geeignet ist. Neben den Adreno-GPUs von Qualcomm sind auch die PowerVR5-GPUs, die in vielen ARM-SoCs zum Einsatz kommen, für Direct3D Mobile geeignet. Treiber scheint Microsoft bisher aber nicht entwickelt zu haben.
Das grundsätzliche Problem bei den Chips QSD8250 und QSD8650 besteht darin, dass sie noch in veralteter und damit nicht besonders energieeffizienter 65-Nanometer-Technik hergestellt werden. Qualcomm stellt mittlerweile auch 45-Nanometer-SoCs her, die von Windows Phone 7 offiziell unterstützt werden. Geräte gibt es aber noch nicht.
Microsoft verkündete zwar gestern, dass im Herbst zusammen mit dem Mango-Update auch neue Geräte von Acer, Fujitsu Limited und ZTE erscheinen werden, jedoch sollte man den Markt gut beobachten: Samsung, LG und HTC haben pünktlich zum Marktstart im Oktober 2010 Geräte herausgebracht. Dell zog im November nach. Danach folgte im Januar 2011 HTC noch einmal mit dem HTC 7 Pro. Seitdem ist bis heute kein weiteres Device erschienen.
Insbesondere von den beiden US-Marktführern bei Handys Samsung und LG hat man seit Oktober 2010 nichts mehr von neuen Geräten gehört. Normalerweise tauchen im Internet schon Monate vor dem Erscheinen erste Bilder und Leaks auf. Daraus lässt sich schließen, dass Samsung und LG derzeit nicht an neuen Windows-Phone-7-Modellen arbeiten. Microsoft versicherte allerdings gegenüber ZDNet, dass die beiden Partner nicht ausgestiegen seien und führte die Nichtexistenz von Gerüchten auf die gute Geheimhaltung von Microsoft und seinen Partnern zurück.
Von HTC gibt es Leaks über ein HTC Ignite und ein HTC Prime, die beide mit einem MSM7230 von Qualcomm ausgerüstet sein sollen. Die CPU ist mit nur 800 MHz getaktet, was bei Windows Phone eigentlich nicht erlaubt ist.
Ganz anders sieht es bei Nokia aus: Der europäische Marktführer hat sein Smartphone-Schicksal ganz in die Hände von Microsoft und Windows Phone gelegt. STMircoelectronics-CEO Carlo Bozotti sorgte Anfang der Woche für Aufregung, als der Forbes-Magazin erzählte, Nokia werde erst mit Windows Phone 8 beginnen und eine Dual-Core-CPU einsetzen. Bei Microsoft in Deutschland wollte diese Aussage niemand kommentierten. Bei der US-Vorstellung von Mango stellte der Softwareriese jedoch klar: Nokias erste Geräte werden noch dieses Jahr mit Mango erscheinen und wie alle anderen auch mit einer Snapdragon-Single-Core-CPU ausgestattet sein.
Dass eine Nachfolgeversion von Windows Phone 7 auch Multi-Core-CPUs unterstützt, ist trotzdem wahrscheinlich. Man kann davon ausgehen, dass der Nachfolger mit Windows Embedded Compact 7 als Kernel kommt, das bereits Dual-Core-fähig ist.
Fazit
Das Mango-Update für Windows Phone 7 bringt zahlreiche Verbesserungen für Anwender und Entwickler. Anwender erhalten ein innovatives Benutzerinterface von dem sich iOS und Android durchaus ein paar Konzepte abgucken können. Man muss es aber letztendlich als ein geschlossenes System betrachten.
So können Entwickler es beispielsweise nicht um eigene Cloud-Storage-Anbieter oder eigene IM-Dienste erweitern. Nutzbar ist das neue Interface nur mit Windows Live und Facebook. Andere Provider von Diensten werden faktisch ausgesperrt. Man darf allerdings davon ausgehen, dass später Skype hinzukommt.
Entwickler werden endlich in die Lage versetzt, Apps zu schreiben, die sich bisher nur mit anderen mobilen Betriebssystemen realisieren ließen. Dazu zählen beispielsweise VoIP-Telefonie und eigene Instant-Messenger ohne Einbindung in das User-Interface von Mango.
Es bleibt weiterhin schwierig, bestehende Anwendungen, die nativ programmiert wurden, zu Windows Phone 7 zu portieren. Die Wahrscheinlichkeit, später auch alternative Browser wie Firefox oder Adobe Flash nutzen zu können, ist faktisch Null.
Wer überlegt, ein Smartphone mit Windows Phone 7 zu kaufen, sollte die Marktanteile und vor allem auch die Unterstützung durch Hardwarepartner beobachten. Um Samsung und LG is es recht ruhig geworden, so dass man vermuten kann, dass die beiden US-Marktführer aktuell nicht an Windows-Phone-7-Geräten arbeiten, was aber auch einfach damit zusammenhängen kann, dass die Lager mit alten Geräten noch gut gefüllt sind.
Ferner sollte man sich den Windows Phone Marketplace gut anschauen und mit Apples AppStore und dem Android Market vergleichen. Wenn man Ankündigungen über neue Smartphone Apps liest, sind diese häufig nur für iOS und Android verfügbar.
Microsofts Ankündigungen, dass Hersteller wie Acer, Dell und ZTE neue Windows-Phone-7-Geräte bauen, sind mit Vorsicht zu betrachten. Insbesondere Acer und Dell spielen im Handymarkt keine große Rolle. Möglicherweise wird es sogar darauf hinauslaufen, dass Nokia als einzig relevanter Hardwarepartner bleibt. Die Zukunft von Windows Phone 7 ist auch nach der Vorstellung des Mango-Updates recht ungewiss.
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