Offenbar sind mehrere hundert Verhaftungen von Demonstranten in Weißrussland auf die Auswertung von Standortdaten von Mobiltelefonen zurückzuführen. Das berichtet die österreichische Zeitung „Die Presse“. Die Festnahmen stünden im Zusammenhang mit Protestaktionen nach den Wahlen im vergangenen Dezember. Dabei kamen schätzungsweise auch 20.000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Oktoberplatz in der Hauptstadt Minsk. Von ihnen wurden später zwischen 600 und 700 festgenommen.
Der österreichischen Tageszeitung liegen offenbar Informationen vor, wonach die Verhaftungen auf Auswertung der Handydaten durch die Polizei zurückgehen. Das Blatt erhebt schwere Vorwürfe gegen Telekom Austria: Das Unternehmen ist in Weißrussland mit seiner Tochter Velcom vertreten, die 4,4 Millionen Kunden betreut und damit einen Marktanteil von 41,9 Prozent erreicht. Mit 27 Prozent ist der österreichische Staat größter Einzelaktionär.
Eine Sprecherin versicherte auf Anfrage von Die Presse zwar, dass der Konzern zu keinem Zeitpunkt Personen- und Rufdaten an weißrussische Behörden weitergegeben habe, aber das ist laut dem Bericht auch gar nicht notwendig, da Velocm wie alle weißrussischen Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet ist, technische Schnittstellen zur Verfügung zu stellen, damit Behörden Daten abrufen können. Auf Anfrage der Zeitung konnten Menschenrechtsorgansiationen zwar keine detaillierten Auskünfte zu dem Sachverhalt geben, kündigten aber Untersuchungen an beziehungsweise wiesen auf bereits angestoßene Projekte hin, die aber derzeit auf Eis liegen.
Albert Steinhauser, Justizsprecher der österreichischen Grünen, kritisierte das Verhalten von Telekom Austria gegenüber Die Presse: In Weißrussland zeige sich, was mit der Vorratsspeicherung von Daten möglich sei. Er fordert Aufklärung darüber, wie die Datenabfrage genau abläuft und ob die Rechtslage in Weißrussland den europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards entspricht: „Telekom Austria ist eine österreichische Firma. Das heißt, auch deren Töchter müssen sich im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung an EU-Standards halten“, so Steinhauser gegenüber dem Blatt.
Im Vorfeld der Wahlen in Weißrussland gab es Berichten von regierungskritischen Organsiationen zufolge breite Bemühungen, die Internetnutzung einzuschränken. Beispielsweise sollten Internetanbieter den Zugriff auf Websites innerhalb von 24 Stunden sperren, wenn die Regierung sie dazu anwies. Unter anderem deshalb hat die Organisation Reporter ohne Grenzen, die regelmäßig die „Feinde des Internets“ anprangert, Weißrussland auf die Liste der kritisch beobachteten Länder gesetzt. Zudem müssen Unternehmen, die über das Internet Dienste und Produkte in dem Land anbieten, Rechenzentren und Betriebsmittel nutzen, die in Weißrussland angesiedelt sind. Von Providern forderte die Regierung, alle internetfähigen Produkte wie Computer oder Mobiltelefone zu erfassen und Informationen über die Geräte und die zur Verfügung gestellten Dienste zu speichern.
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