Kreuzfahrten sind eines der am stärksten wachsenden Tourismus-Segmente. Seit Jahren steigt die Anzahl der Passagiere zweistellig. 2010 waren es in Deutschland mit 1,2 Millionen Gästen 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Boom geht einher mit immer spektakuläreren Neubauten, die den Reisenden nicht nur mehr Komfort bieten, sondern auch wirtschaftlicher zu betreiben sind und damit niedrigere Preise ermöglichen.
Zu den von Grund auf neu konstruierten Schiffen der letzten Jahre gehört die auf der Papenburger Meyer Werft gebaute Solstice-Klasse der US-Reederei Celebrity Cruises. Sie hat mit Solstice (2008), Equinox (2009) und Eclipse (2010) bereits drei weitgehend baugleiche Vertreter, zwei weitere kommen im Juli 2011 und November 2012.
Im Vergleich zu älteren Schiffen spielt die IT an Bord eine deutlich größere Rolle. Zwar setzt man eine moderne IT an Bord voraus, der Umfang überrascht am Ende aber dann doch: Auf den 17 Decks der 317 Meter langen und 37 Meter breiten Equinox sind rund 1600 Mac Mini, 1350 Apple TV, 3300 IP-Telefone, 400 drahtlose IP-Telefone, 967 Access Points und 85 Server zu finden. Letztere verrichten in drei Rechenzentren ihren Dienst. Auf dem ganzen Schiff gibt es mehr als 20.000 Netzwerk-Ports.
Der größte Teil der IT-Ausstattung ist für Passagiere nicht zu sehen. ZDNet blickt hinter die Kulissen.
Sieben Mitarbeiter im IT-Team
Verantwortlich für IT und TK auf der Equinox ist IT Infrastructure and Operations Manager Marc de Lange. Wiederholte Besuche von Kreuzfahrtschiffen in seiner Heimatstadt Durban, Südafrika, haben bei dem heute 29-jährigen das Interesse für die Seefahrt geweckt. Er ist seit 2005 für Celebrity Cruises tätig. Zunächst als Support-Mitarbeiter im Internet-Café, später in höheren Positionen wie Data Systems Manager und IT Network Infrastructure Manager.
Die Arbeitszeiten auf einem Schiff unterscheiden sich deutlich von denen an Land: In den vier Monaten, die de Lange für einen Contract an Bord ist, arbeitet er an sieben Tagen pro Woche durchschnittlich 10 bis 14 Stunden pro Tag. Der Urlaub bis zum nächsten Contract dauert etwa zwei Monate.
Das IT-Team von de Lange umfasst sechs weitere Mitarbeiter, die aus Griechenland, Serbien, Kroatien und von den Philippinen stammen: Vier davon übernehmen Support-Aufgaben für die unterschiedlichen IT-Systeme an Bord. Zwei sind im Internet-Café beschäftigt und helfen den Gästen dort beispielsweise dabei, einen Internet-Account einzurichten. Zudem geben sie Schulungen zu bestimmten IT-Themen wie Fotoverwaltung oder zum Kauf eines guten Laptops.
Unterstützt wird das Team auf der Equinox von einer IT-Abteilung in der Zentrale in Miami. Sie betreut neben Celebrity Cruises auch die Marken Royal Caribbean International und Azamara Club Cruises, die zum Konzern Royal Caribbean Cruises gehören. Wenn beispielsweise eine SQL-Datenbank Probleme bereitet, kann sich von Miami ein Mitarbeiter einwählen und das Problem – hoffentlich – beheben.
„Der größte Unterschied im Vergleich zum Betrieb einer IT an Land ist, dass die Mitarbeiter an Bord ein sehr breites Wissen haben müssen, um die wichtigsten Probleme schnell lösen zu können. Erst wenn das nicht mehr klappt ziehen wir die Experten aus Miami hinzu. Zudem können Ersatzteile nicht zu jedem Zeitpunkt beschafft werden“, so de Lange. Denn oft legt das Schiff auf seinen zwischen 7 und 14 Nächte langen Reisen tausende Seemeilen zurück, liegt jeden Tag in einem anderen Hafen oder ist auf See.
WLAN überall
Die Arbeit der beiden Mitarbeiter im Internet-Café ist in den letzten Jahren nicht weniger geworden: Immer mehr Gäste bringen eigenes IT-Equipment mit und brauchen beim Login oder der Konfiguration Unterstützung. Seit der Einführung des iPad hat sich die Zahl der Geräte an Bord nochmal deutlich erhöht. „Oft sind über den Verlauf einer Kreuzfahrt mehr als 500 verschiedene Teilnehmer im WLAN eingeloggt“, so de Lange. Tatsächlich ist das Apple-Tablet und andere Smart Devices sehr häufig an Bord zu sehen. Viele Passagiere nutzen auch E-Book-Reader, was angesichts der oft weiten Anreise zum Ausgangshafen äußerst sinnvoll ist.
Dank der 967 Access Points kann man auf der Equinox praktisch überall surfen: an Deck, in den öffentlichen Bereichen sowie in den 1425 Kabinen und Suiten. Bei Preisen zwischen 38 und 65 Dollar-Cent pro Minute – je nach gebuchtem Paket – dürfte dieser Bereich für die Reederei eine willkommene Einnahmequelle sein.
An Bord gibt es zwei Satellitensysteme: Eines für den Transfer von Unternehmensdaten wie Buchungslisten, ein zweites für den Internetzugang der Passagiere. Wie auf anderen Kreuzfahrtschiffen ist das Surfen auch auf der relativ neuen Equinox sehr langsam. Unweigerlich fühlt man sich in die Zeit der Modems zurückversetzt. Welche Bandbreite sich die Gäste teilen müssen, will die Reederei nicht bekannt geben. Insgesamt werden über beide Systeme täglich etwa 30 GByte Daten transferiert.
MPLS-Netzwerk und Rechenzentren
Das Rückgrat des Schiffs aus IT-Sicht ist ein bandbreitengemanagtes Cisco-MPLS-Netzwerk, über das sämtliche Datenströme an Bord abgewickelt werden. Dazu gehört nicht nur die Vernetzung der Rechner an Bord. Auch Telefonie, TV, die Kameraüberwachung, die Point-of-Sale-Systeme sowie die Spielautomaten im bargeldlos betriebenen Kasino sind IP-basiert. Die Infrastruktur umfasst außerdem insgesamt 18 Remote Distribution Points.
Klassischen Bord-Applikationen, etwa für die Abrechnung oder die Buchung von Landausflügen, werden in einem 50 Quadratmeter großen Rechenzentrum ausgeführt. Es liegt in der Mitte des Schiffs, wo die Bewegung auch bei starkem Seegang relativ gering ist. Im Rechenzentrum sind zwei Reihen mit handelsüblichen Rittal-Racks untergebracht. Auch ansonsten kommt Standard-Hardware von Anbietern wie HP (Blade-Server) oder Netapp (Storage) zum Einsatz.
Für die Klimatisierung sorgt eine Wasserkühlung. Besondere Vorkehrungen, etwa um den Bewegungen und Vibrationen auf See entgegenzuwirken, gibt es nicht. Neben der IT ist im Rechenzentrum auch die Hardware der IP-Telefonanlage untergebracht. An Bord werden 3300 kabelgebundene und 400 drahtlose IP-Telefone betrieben.
Einige Decks höher gibt es ein zweites Rechenzentrum, das mit nur einer Reihe von Racks aber nur halb so groß ist. Es dient als Backup, falls im ersten Rechenzentrum größere Probleme auftreten. Ein automatisches Failover gibt es nicht. Das wird dann manuell erledigt. In den knapp zwei Jahren seit der Indienststellung der Equinox kam es laut de Lange zu keinem Ausfall. Die Überwachung aller IT-Systeme erfolgt in einem zentralen Kontrollraum.
Im dritten Rechenzentrum an Bord sind alle Anwendungen zusammengefasst, die mit Video oder Audio in Verbindung stehen. Hier werden die vom Satellit eingehenden TV-Signale in IP-Streams umgerechnet. Zudem erfolgt die Speicherung von Videos und Musik, die über den Kabinen-TV abgerufen werden können. Im Raum stehen einige Macs, auf denen die Produktionen an Bord geschnitten werden, etwa das tägliche Video des Kreuzfahrtdirektors, der über die Aktivitäten an Bord informiert. Das Audio-Video-Rechenzentrum ist auch das Zuhause der Music-Cloud, die einen umfangreichen Musikbestand in allen Bereichen der Equinox abrufbar macht. Um einen Bereich zu beschallen, muss also niemand mit einer CD durch die 14 Decks eilen.
Im Gegensatz zum Hauptrechenzentrum und dessen Backup spielt im Audio-Video-Rechenzentrum Apple-Hardware eine wichtige Rolle. Xserve-Server übernehmen beispielsweise die Umrechnung der Videostreams oder die Speicherung des Video-on-Demand-Content. Auch der Schnitt erfolgt auf Mac-Systemen.
Page: 1 2
Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…
Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…
Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.
Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…
Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…
Security-Experten von Check Point sind einer neuen Angriffsart auf die Spur gekommen, die E-Mail-Schutzmaßnahmen umgehen…