Die Software AG will mittelfristig in das Cloud-Geschäft einsteigen. Die Übernahme von IDS Scheer vor zwei Jahren hat das Darmstädter Unternehmen mittlerweile verdaut und das On-Premise-Portfolio ist weitgehend komplett: Die Produktlinien Webmethods und ARIS wurden zusammengeführt und mit Erweiterungen wie Master Data Management und einer Complex Event Processing Engine versehen.
Dieses traditionelle Angebot will das Softwarehaus nun auch in der Wolke anbieten und plant, bis zum Herbst 2012 eine Platform-as-a-Service-Lösung (PaaS) fertigzustellen. Eine Grundlage dafür soll die verteilte In-Memory-Caching-Technik für Java-Anwendungen der im Mai erworbenen Terracotta liefern. Schließlich soll mobiles Business Process Management (BPM) möglich werden, und das mithilfe des ebenfalls im Mai übernommenen Startups Metismo und dessen Entwicklungs-Framewok für mobile Anwendungen.
Die Darmstädter liegen mit ihrer mittelfristigen Cloud-Strategie im Trend, wie die Marktforscher von Gartner bestätigen: Eine Anwenderumfrage 2010 ergab, dass 40 Prozent der Unternehmen, in denen BPM-Initiativen laufen, öffentliche oder private Cloud-Dienste nutzen, um mindestens zehn Prozent ihrer Geschäftsprozesse damit zu unterstützen. 13 Prozent der Befragten erachten BPM PaaS als eine der fünf wichtigsten Techniken für den Erfolg ihrer Bemühungen.
Die Marktforscher haben überdies die vorhandenen Angebote untersucht und festgestellt, dass die Hersteller vor allem Modellierungs- und Visualisierungsfähigkeiten sowie Flow-Management offerieren. Gartner empfiehlt Interessenten neben der Mehrmandantenfähigkeit vor allem die elastische Skalierbarkeit des PaaS-Angebots genau unter die Lupe zu nehmen, da viele zwar nach oben hin skalieren, jedoch nicht auch nach unten. Damit aber gehen Kostenvorteile verloren.
Technologie-Roadmap der Software AG
Die Software AG geht mit dem Anspruch in die Cloud, komplette End-to-End-Abläufe zu unterstützen. „Unsere Cloud-Platfform unterscheidet sich von den PaaS-Angeboten anderer Hersteller vor allem darin, dass wir die Prozesssicht in den Mittelpunkt stellen, und nicht die Anwendungen“, sagt Wolfram Jost, Chief Technology Officer der Software AG. Für diesen Ansatz ist die Cluster- und Caching-Technik Ehcache, welche die einzelnen Caches zu einem virtuellen Speicher zusammenführt, und das In-Memory-Addon Big Memory in mehrfacher Hinsicht wichtig.
Die Terracotta-Technik wird in die drei Webmethods-Engines (BPM, Integration und Event) eingefügt – also überall dort, wo Massenverarbeitung von Daten stattfindet. „Mit der In-Memory-Datenverarbeitung erreichen wir eine erhebliche Leistungssteigerung für datenintensive Geschäftsanwendungen“, so der CTO. „Aber darüber hinaus können wir vor allem eine elastische Skalierbarkeit für unsere künftige Cloud-Plattform gewährleisten.“ Gerade bei einem nutzungsabhängigen Abrechnungsmodell sei dies eine Kernvoraussetzung. Die zweite Voraussetzung, nämlich Mandantenfähigkeit, soll bis zum nächsten Jahr ebenfalls vorhanden sein.
Die quelloffene Terracotta-Technologie wird auch für die Entwicklung von Geschäftslogik zur Vervollständigung eines Prozesses im Rahmen des PaaS eine wichtige Rolle spielen. „Die prozesszentrische Cloud-Plattform wird BPM- und Integrationskomponenten umfassen, die mit Webmethods und ARIS gegeben sind“, erklärt Jost. Mit der Unterstützung durch Standard- und andere Anwendungen lasse sich Großteil der Geschäftslogik eines Prozesses abdecken. Zwar seien immer noch Lücken in der Business-Logik vorhanden, aber die könnten über eigene Java-Anwendungen geschlossen werden.
Weil die Ehcache-Technik in vielen Open Source Java-Frameworks integriert ist, so etwa in Spring, setzt die Software AG auf das quelloffene Spring als Grundlage für eine Cloud-enabled Anwendungsplattform (CEAP), mit der Anwender ihre fehlende Business-Logik hinzufügen können.
Auch die jüngste Akquisition der britischen Firma Metismo mit ihrer Plattform für die Entwicklung geräteunabhängiger mobiler Anwendungen soll die prozesszentrische Cloud-Strategie unterstützen. Die Metismo-Technologie wird ebenfalls Teil des geplanten PaaS-Angebots. Das Framework ermöglicht Design und Entwicklung von Java-Anwendungen und die automatische Transformation in die unterschiedlichen Formate mobiler Endgeräte.
Darüber hinaus lassen sich Daten von Mobilgeräten (etwa GPS-, Audio- und Videodaten) in unternehmensinterne Geschäftsanwendungen einbinden. Über den ESB können dann Teile eines Prozesses auf ein mobiles Gerät geschoben werden oder von Anwendern entwickelte mobile Apps mit Backend-Anwendungen kommunizieren. Beispielsweise könnten in die Zusammenarbeit beim Modellieren eines Prozesses auch mobile Geräte mit ARIS Mashzone darauf mit eingebunden werden.
Die Software AG plant, ihre Cloud-fähige Prozessplattform zunächst für die private Cloud an Unternehmen zu verkaufen. Aber auch ISVs gehören in diesem Schritt zur Zielgruppe. Diese können ihre eigenen Software-as-a-Service-Angebote darauf entwickeln und anbieten.
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