Neue Transistortechnik von Intel für schnelle und sparsame Chips


3D-Transistoren will Intel mit dem Herstellungsprozess auf Basis von 22 Nanometer verwenden (Bild: Intel).

Schon früh erkannte Gordon E. Moore, einer der Gründer von Intel, einen Trend bei der Chipherstellung und am 19. April 1965 publizierte die Zeitschrift Electronics seine Beobachtung und Vorhersage, dass sich die Anzahl der Komponenten auf einem integrierten Schaltkreis bei optimal niedrigen Kosten etwa jedes Jahr verdoppeln würde. Zehn Jahre später korrigierte sich Moore auf eine Verdopplung alle zwei Jahre.

Moores Vorhersage sollte sich über die Jahrzehnte als gültig erweisen und war bald als das Mooresche Gesetz bekannt. Es wurde zur Grundlage des Geschäftsmodells der Chipindustrie. Die Fähigkeiten elektronischer Geräte sind eng mit dem Mooreschen Gesetz verbunden: Je mehr Transistoren kostengünstig in einem Bauteil zum Einsatz kommen, umso bessere Eigenschaften sind möglich, etwa höhere Rechengeschwindigkeit, schnellere Kommunikation oder mehr Speicherkapazität. Transistoren sind die gängigsten elektronischen Bauelemente. Sie schalten und verstärken elektrische Signale, ganz ohne mechanische Bewegungen. Ohne Transistoren gäbe es keine integrierten Schaltkreise und damit keine Computer, kein Internet, keine Fabriksteuerungen, keine moderne Medizintechnik und keine Unterhaltungselektronik.

Trotz der immens komplexen Hürden die Miniaturisierung der Transistoren voranzutreiben, dient das Mooresche Gesetz immer noch als Fahrplan für die Halbleiterindustrie. In den Jahren vor der Jahrtausendwende brachte im Wesentlichen die Skalierung der Transistorgröße mit verbesserter Belichtungstechnik die erwünschten Performancegewinne. Doch je weiter die Forscher die Miniaturisierung vorantreiben, umso komplexer werden die zu lösenden Probleme.

Immer kleinere Strukturen stellen die Forscher vor immer größere Aufgaben. Materialeigenschaften ändern sich, wenn nur noch einzelne Molekül-Schichten vorhanden sind. Quanteneffekte nehmen zu und stören den Betrieb der Bauteile. Das Mooresche Gesetz ist keine selbsterfüllende Prophezeiung und schon mehrmals drohte der menschliche Erfindungsgeist nicht auszureichen oder die Grenzen der Physik erreicht zu sein und in Folge die Entwicklung zu stagnieren. Oft wird postuliert, dass das Mooresche Gesetz auf absehbare Zeit nicht weiter aufrecht erhalten werden kann.

Intel begegnet diesen Herausforderungen mit immer neuen Lösungen: 2003 führte der Halbleiterhersteller gestrecktes Silizium (Strained Silicon) bei der 90-Nanometer-Fertigungstechnik für höhere Elektronenmobilität ein. Und 2007 tauschte Intel die seit über 40 Jahren unverändert verwendeten Materialien im Transistor gegen eine Kombination eines Metalls und einer Hafnium-Verbindung. Das verringert Leckströme deutlich und erlaubt die weitere Verkleinerung wichtiger Strukturen im Transistor.


Links ist ein Transistor in bisher üblicher Bauweise dargestellt. Im ebenen Kanal fließt Strom (gelbe Punkte). Das Metall-Gate ist durch eine flache Sperrschicht (gelb) vom Kanal getrennt und steuert den Transistor. Rechts ist ein Tri-Gate-Transistor abgebildet. Hier ist der Kanal dreidimensional ausgebildet. Strom kann an allen drei Seiten des Kanals fließen, Sperrschicht und Gate umschließen den Kanal an drei Seiten (Bild: Intel).

Aber der grundlegende Aufbau der winzigen Schalter blieb gleich: Ein ebener Strom führender Kanal ist durch eine ebenso flache Sperrschicht von der Steuerelektrode (Gate) getrennt. Bei seiner 22-Nanometer-Halbleiterfertigungstechnik geht Intel einen radikalen Schritt und bildet bei seinen neu vorgestellten Tri-Gate Transistoren einen dünnen in die Höhe gezogenen stromführenden Kanal, der von der Sperrschicht und dem Gate an drei Seiten umgeben ist. Statt des zweidimensionalen Gates entsteht so eine dreidimensionale Struktur.

Vorteil des 3D-Transistors

Durch den dreidimensionalen Aufbau des Gates wird der Stromfluss im Kanal nun von drei Seiten – oben, links und rechts – gesteuert. Das verbessert die Kontrolle über den Stromfluss: Im eingeschalteten Zustand kann mehr Strom fließen und bei ausgeschaltetem Transistor sind die Verluste deutlich reduziert. In Folge kann zum Beispiel bei niedrigen Spannungen eine im Vergleich zu aktuellen 32-Nanometer-2D-Transistoren um 37 Prozent höhere Schaltgeschwindigkeit erzielt werden. Die Schaltgeschwindigkeit der Transistoren eines Prozessors bestimmt direkt die Taktfrequenz und beeinflusst somit eine der wichtigen Kenngrößen für Prozessorgeschwindigkeit.

Darüber hinaus bieten Intels Tri-Gate-Transistoren bei gleichbleibender Schaltgeschwindigkeit einen um die Hälfte reduzierten Stromverbrauch. Dank verbesserter Schaltcharakteristik sinken Leckströme. Beides können Entwickler in längere Batterielaufzeiten bei Notebooks und Smartphones ummünzen. Die durch den geringeren Stromverbrauch bedingte geringere Abwärme erleichtert die Kühlung und ermöglicht schlankere Geräte. Zusätzlich steigt mit der neuen Technik die Schaltstromstärke für eine gegebene Transistorgröße. Chip-Entwickler können Transistoren abhängig vom Anwendungsgebiet entweder für mehr Rechenleistung oder geringeren Stromverbrauch optimieren.

Und noch einen entscheidenden Vorteil verbuchen Intels Tri-Gate-Transistoren für sich: Der dreidimensionale Aufbau erlaubt die bessere Nutzung des Platzes auf einem Chip – vergleichbar mit dem Bau eines Hochhauses. Für kommende Prozessgenerationen bauen die Entwickler bei Intel noch mehr in die Höhe und verbessern so weiter die Transistoreigenschaften.

Dabei ist die prinzipielle Technik nicht neu: Schon 2002 stellten Intels Forscher die ersten Tri-Gate-Transistoren im Labor her und bestätigten die in theoretischen Überlegungen erwarteten Vorteile. Aber von der Idee bis zur Serienreife ist es in der Halbleiterherstellung ein weiter Weg. 2003 war Intel in der Lage die neue Technik mit mehreren parallelen Gates zu demonstieren. Drei Jahre später gelang die Fertigung von SRAM-Zellen und 2007 entwickelte man einen Fertigungsablauf, der sich für die kostengünstige Fertigung in großen Anlagen eignet.

2008 fiel dann bei Intel die Entscheidung, die neue Technik bei der 22-Nanometer-Halbleiterherstellung einzuführen. Die klassischen Methoden zur Transistor-Skalierung erreichten bei diesem Technologie-Schritt nicht die gewünschten Performance-Verbesserungen. Und so ist der besondere Beitrag von Intel nicht die Erfindung der dreidimensionalen Struktur, sondern die unerwartet frühe Einführung in die Massenfertigung. Noch für 2011 soll die Fertigung von Chips mit Tri-Gate-Transistoren starten.

Als erste Vertreter der neuen Technik demonstrierte der Konzern Anfang Mai jeweils einen Notebook-, Desktop- und Server-Prozessor auf Basis der Produktgeneration mit dem Codenamen Ivy Bridge. Die neue Herstellungstechnik soll aber nicht nur der Core Prozessorfamilie zu Gute kommen. Laut Intel sind auch höher integrierte Atom Prozessoren geplant, die an verschiedene Marktsegmente angepasst werden.

Mit der neuen Bauweise kann Intel die Gültigkeit des Mooreschen Gesetzes verlängern und die Weiterentwicklung seiner Chips in das nächste Jahrzehnt sicherstellen. Die immer kleineren und besseren Transistoren in integrierten Schaltkreisen tragen einen großen Anteil an der rasanten technischen Entwicklung unserer Gesellschaft. Die daraus resultierende ungefähr exponentielle Verbesserung elektronischer Geräte prägt unser Leben. Für die nächsten Jahre ist dieser Fortschritt gesichert. Aber den Forschern, nicht nur bei Intel, wird sicher nicht langweilig werden: Es warten noch genügend schier unlösbare Aufgaben, um Moores Vorhersage weiterhin gültig zu halten.

Weitere Informationen:

Präsentation zur Ankündigung (PDF)
History of Transistors (PDF)
Artikel in Electronics (PDF) von Moore, Gordon E. (Apr 19, 1965). The Experts Look Ahead: Cramming more components onto integrated circuits. Electronics, Volume 38, Number 8.

AUTOR

Christian Anderka ...

... ist als Platform Architecture Specialist bei Intel tätig und betreut in dieser technischen Funktion große PC-Hersteller bei der Entwicklung zukünftiger Desktop-PCs und Workstations. Davor verantwortete er bei Intel die Kommunikation zur deutschsprachigen Fachpresse.

ZDNet.de Redaktion

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