Es ist nun acht Monate her, dass Microsoft sein neu aufgemachtes Mobilbetriebssystem Windows Phone 7 auf den Markt gebracht hat. Alles in allem ist die Plattform bei den Nutzern und der Fachpresse gut angekommen. Allgemein wurden die frische, übersichtliche und einfach zu benutzende Oberfläche, die durchdachte Integration der Funktionen sowie die verbesserte Performance gelobt. Allerdings brachte das System auch eine ganze Reihe von Schwachstellen und Stolperfallen mit sich.
Im Herbst wird Microsoft nun sein erstes umfassendes Update für Windows Phone veröffentlichen, das mehr als 500 neue Features für das Betriebssystem umfasst. Dieses bislang unter dem Namen Mango bekannte Update wird offiziell Windows Phone 7.5 heißen und legt den Schwerpunkt seiner Verbesserungen auf drei zentrale Bereiche: Kommunikation, Apps und Internet.
Nach einem kurzen Blick auf einige der Verbesserungen während einer Preview-Veranstaltung Ende Mai, ermöglichte Microsoft nun vor kurzem mit einer technischen Vorschau auf das Betriebssystem eine eingehendere Untersuchung von Mango. Da es sich noch nicht um die endgültige Software-Version handelte, konnten zwar nicht alle Funktionen getestet werden, aber dennoch lässt sich ein erster konkreter Eindruck davon gewinnen, was die Benutzer von Windows Phone 7.5 erwarten können.
Kontakte
Bei der Entwicklung von Windows Phone 7.5 bestand eines der primären Ziele von Microsoft darin, dass der Anwender die Nutzung als Erlebnis empfinden und die Handhabung „intelligenter und einfacher“ sein sollte. Im Kommunikationsbereich ging es daher um das Angebot einer einfacheren Möglichkeit zur Verbindung mit Kontakten und zum Austausch von Informationen. Die Lösung beinhaltet unter anderem eine zusätzliche Unterstützung für Gruppenkontakte sowie dynamische Live-Kacheln.
Die Gruppenkontakte funktionieren recht einfach. Zur Einrichtung muss man lediglich im Kontakte-Hub auf das Symbol „+“ tippen und den Anweisungen folgen, um eine Gruppe zu erstellen. Nach dem Speichern kann man an alle Mitglieder der Gruppe E-Mails und Textnachrichten senden. Besonders praktisch: In den Gruppenkontakten sieht man ausschließlich die Status-Updates und Fotos der Mitglieder der jeweiligen Gruppe; die restlichen Kontakte im Adressbuch werden in diesem Fall nicht angezeigt. Das ist vor allem dann nützlich, wenn man sehr viele Freunde auf Facebook hat.
Wie bei den Einzelkontakten kann man eine Gruppe in den Startbildschirm pinnen, um leichter auf sie zuzugreifen. Mit Mango sieht man außerdem mehr Echtzeit-Informationen in den entsprechenden Kacheln. Wenn man beispielsweise einen Kontakt in den Startbildschirm pinnt, kann man dessen Status-Updates in Echtzeit sehen, ebenso wie andere Benachrichtigungen, wie zum Beispiel zu nicht entgegengenommenen Anrufen oder Mitteilungen der jeweiligen Person. Auf diese Weise ist die Kachel nun wirklich nützlich, statt nur einen Schnellzugang zur Kontaktkarte bestimmter Personen zu bieten.
Die erweiterten Funktionen betreffen auch die Ich-Kachel (eigenes Profil), wo man jetzt Mitteilungen posten, Anmeldungen vornehmen, Benachrichtigungen anzeigen und seinen Chat-Status ändern kann, statt nur Neuigkeiten im eigenen Profil zu sehen. Das ist eine praktische Ergänzung. Von den Kontakten einmal abgesehen, eröffnet es aber vor allem Entwicklern die Möglichkeit, die neuen dynamischen Kacheln für ihre Apps zu nutzen.
Noch ein paar abschließende Bemerkungen zur Nutzung von Kontakten und sozialen Netzwerken in Mango: Die Facebook-Unterstützung wurde nun auf Anmeldungen und die Integration von Facebook-Events in den Kalender des Telefons erweitert. Außerdem wird Windows Phone mit dem Release von Mango in diesem Herbst nun endlich Twitter und LinkedIn in den Kontakte-Hub aufnehmen. Diese Funktion war jedoch zum Zeitpunkt der technischen Vorschau noch nicht aktiviert, sodass sie nicht getestet werden konnte. Microsoft zufolge wird die Integration aber ganz ähnlich wie bei Facebook funktionieren, wobei man im Kontakt-Hub im Bereich „Neuigkeiten“ die Tweets und LinkedIn-Updates seiner Kontakte sehen und beantworten kann.
Messaging
Windows Phone 7.5 behebt eine Reihe von Problemen, die im ursprünglichen Release in Hinblick auf die Handhabung von E-Mails und Mitteilungen bestanden. Zunächst einmal wäre da die neu hinzugekommene Anzeige von Gesprächen. E-Mail-Threads sind jetzt zusammen gruppiert, sodass man nicht mehr durch alle einzelnen Mitteilungen scrollen muss, um eine bestimmte Antwort zu finden. Jeder Thread ist klar gekennzeichnet und zeigt die Anzahl der Mitteilungen im Thread sowie die Anzahl der nicht gelesenen Mitteilungen an. Die Nachrichten können durch einmaliges Antippen geöffnet und geschlossen werden – einfacher geht es nicht.
Die Thread-Ansicht umfasst auch SMS und Instant Messages. So kann man alle an einen Kontakt gesendeten Mitteilungen in einem einzelnen Thread sehen, egal, ob es sich dabei um SMS, MMS oder IM aus einem Windows-Live- oder Facebook-Chat handelt. Nach Angaben von Microsoft kann man sogar einen Thread am PC eröffnen und dann auf das Telefon wechseln, um dort das Gespräch mit der jeweils bevorzugten Methode fortzuführen. Der Einrichtungsvorgang dürfte nach der Veröffentlichung von Mango nahtlos und automatisch ablaufen. Da die endgültige Software noch aussteht, muss im Test eine manuelle Synchronisierung mit dem Facebook-Account vorgenommen werden. In diesem Fall dauert es einige Stunden, bis alle Kontakte für die Nutzung des Facebook-Chats synchronisiert sind.
Eine weitere Premiere in Mango ist der vereinheitlichte Posteingang. Das gibt es bei anderen Plattformen natürlich bereits, aber dennoch ist es eine willkommene Neuerung. Microsoft überlässt dem Benutzer nun die Wahl, welche Accounts er verlinken will. Damit kann man nun beispielsweise seine geschäftlichen E-Mails von seinen privaten getrennt halten. Allerdings lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen, welche Nachricht von welchem Account stammt – anders als in Android, wo Nachrichten je nach Account farblich gekennzeichnet werden. Auch wenn es sich nicht um ein wirklich unverzichtbares Merkmal handelt, würden viele Benutzer es in zukünftigen Versionen sicher begrüßen.
Auch die Unterstützung für Exchange wurde erweitert, sodass man nun E-Mails auf dem Server suchen, Abwesenheitsantworten einrichten, Aufgabenlisten synchronisieren und PINs verwenden kann. Allerdings hat Microsoft seine Richtlinie für die direkte Outlook-Synchronisierung nicht geändert: Wenn man also nicht über Exchange ActiveSync verbunden ist, muss man über die Cloud (via Windows Live/Hotmail) synchronisieren, um seine Kalendereinträge und Kontakte mit dem Telefon zu synchronisieren.
Apps
Die 18.000 Apps von Microsoft können natürlich nicht mit viel größeren Märkten wie dem für Android (200.000 Titel) und Apple (angeblich 500.000 Titel) mithalten. Dafür versucht Microsoft, eine bessere Integration der Apps mit anderen Bereichen des Telefons zu erreichen.
So werden nun zum Beispiel in einem Pop-up Vorschläge für Apps gemacht, wenn man in Bing nach Orten, Filmen oder Produkten wie Büchern sucht. Dies geschieht auf zweierlei Weise. Erstens: Man ruft den neuen „Apps“-Bereich auf (Microsoft nennt sie „Pivots“), um eine Liste mit kompatiblen Apps anzuzeigen, wie beispielsweise die für Amazon oder Best Buy, wenn es sich um ein Produkt handelt, oder für Open Table oder Yelp, wenn es um ein Restaurant geht. Neben der Online-Suche nach Informationen kann man auch die zugehörigen Apps aus dem Apps-Menü der Bing-Suche öffnen. Zweitens: Bing schlägt eine relevante App vor, die in den besten Suchergebnissen nicht aufgeführt ist, mit der Option, diese herunterzuladen. Natürlich können auch beide Szenarien zusammen auftreten.
Dieser neue Ansatz ist auf jeden Fall lobenswert, konnte allerdings im Rahmen dieser eingeschränkten technischen Vorschau nicht umfassend ausprobiert werden. So müssen die Urheber der Apps die Microsoft-API namens App Connect nutzen, wenn die Apps als Vorschlag angezeigt werden sollen. Leider konnte im Test zwar ein Beispiel für die App-Vorschläge oben in der Bing-Ergebnisseite angezeigt werden (für den Download der IMBD-App), doch ist der neue Apps-Bereich von Bing nicht in der Lage, relevante Apps anzuzeigen, wenn Drittherausgeber ihre Apps nicht Mango-fähig konzipieren. Somit funktioniert diese Option zwar in der Theorie, die tatsächliche Praxistauglichkeit bleibt aber noch abzuwarten.
Bing ist nicht der einzige Ort, an dem in Windows Phone 7.5 Apps erscheinen. Sie werden auch als separate Bereiche in den Hubs Musik & Video sowie Bilder angezeigt. Zum Beispiel ließ sich AT&T Radio vom Apps-Pivot im Musik-Hub starten.
Bleibt zu hoffen, dass dieser Ansatz die Erwartungen erfüllen wird. Allerdings bleiben noch Fragen offen, beispielsweise: Wie viele Vorschläge werden jeweils in den Bing-Ergebnissen angezeigt? Kann man die Apps-Liste aus der entsprechenden Apps-Pivot-Seite heraus handhaben? Microsoft hat zwar bereits Beta-Tools hierzu herausgegeben, aber die endgültigen Entwicklertools stehen noch aus, weshalb noch keine abschließende Bewertung möglich ist. Sicher ist schon einmal, dass App Connect für Orte und Filme zunächst auf die USA beschränkt sein wird. Bis auf Weiteres sind auch die Ergebnisse für Produkte nur für die USA, Großbritannien und Frankreich verfügbar.
Bing (Local, Vision, Music ID)
Bing birgt einige der interessantesten Neuerungen von Mango. Mit dem Windows-Phone-7.5-Update wird es um ein zusätzliches Menü sowie vier neue Symbole am unteren Rand erweitert: Local Scout, Musiksuche, Bing Vision und Stimmsuche (war bereits in Windows Phone 7 vorhanden, ist nun aber zentraler positioniert).
Local Scout durchsucht Yelp und andere Restaurant- und Geschäftsdatenbanken nach Gastronomiebetrieben, Veranstaltungen und Einzelhandelsgeschäften in der unmittelbaren Umgebung. Man muss nur noch eine darüber angezeigte Karte öffnen und schon kann man die Route abfragen. Die Karte ist mit Bewertungen, Veranstaltungshinweisen und anderen Informationen zum jeweiligen Zielort verknüpft. Scout ist eine gute Idee, die allerdings im Test mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Mitunter dauerte das Laden sehr lange, und es fehlen Filter und andere Verwaltungsoptionen, um über die 20 aufgelisteten Ergebnisse hinauszugehen und Optionen in Bezug auf Kriterien wie Preis, Bewertung und Kategorie (beispielsweise Art des Restaurants oder „nur Kneipen“) zu verfeinern oder zu löschen.
Bing Vision, vom Konzept her eine der interessantesten Ergänzungen in Mango, ist eine visuelle Such-App, die traditionelle Strichcodeleser mit Bilderkennungssoftware verbindet. Man braucht nur die wie ein Auge geformte Taste zu drücken und das Telefon so zu bewegen, dass der gesamte Strichcode, der QR-Code, der Microsoft Tag, das Buch, das Magazin, das Poster, die DVD oder die CD den Bildsucher füllt. Ohne eine andere Taste drücken zu müssen, liefert Bing Vision Suchergebnisse, die ein gründliches Weiterarbeiten erlauben. Die App scannt auch Text, den man bei Bedarf in eine Reihe von Sprachen übersetzen lassen kann. Das Scannen von Strichcodes funktioniert beim Test der US-Kollegen jedoch nur für US-Waren, und Textübersetzungen stehen nicht in allen Regionen zur Verfügung.
Wie beim lokalen Kundschafter Local Scout muss bei Bing Vision erst eine gewisse Vorarbeit geleistet werden, damit das Programm seine großen Versprechungen erfüllen kann. Der Suchfunktion ist wechselnder Erfolg beschieden. Die Datenbank kann beispielsweise ein neues Buch, das in den Buchläden derzeit vehement beworben wird, nicht identifizieren. Sie registriert aber den Strichcode und es gelingt ihr, einige andere Bücher zu erkennen. Die App erkennt auch keine der marktgängigen Zeitschriften (wie beispielsweise Wired, Scientific American und Bloomberg BusinessWeek) und antwortete mit einer Meldung, dass sie nichts gefunden hat. Die Übersetzungsfunktion arbeitet zwar ziemlich gut, doch die Software erfasst selten den gesamten Text. Schön wäre die Optionsmöglichkeit, für längerfristigen Übersetzungsbedarf eine Standardsprache für die Übersetzung einzustellen.
Die neue Musikerkennungsfunktion von Bing ist ebenfalls ordentlich. Bei Aufruf des Programms in der Nähe einer Quelle aufgenommener Musik (in diesem Fall Musik über Google Music auf einem Samsung Galaxy Tab 10.1) versucht das Windows-Werkzeug Bing – ähnlich wie Shazam und andere Musik-ID-Apps – den Songtitel und Cover-Bilder zu ermitteln und stellt die Option zur Verfügung, die Aufnahme im Marktplatz-App zu öffnen.
Auch hier gibt es einige Probleme. Eine eingehende Sitzungsmitteilung bricht die Zuhörfunktion ab, und die App erkennt nichts von dem, was ihr vorgesetzt wird. Außerdem verfügt sie nicht immer über einen Marktplatzeintrag für die erkannten Songs.
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