Lynx-Plattform: AMDs Llano-APU kommt auf den Desktop

Mitte Juni hat AMD seine lange angekündigten Llano-APUs für Notebooks offiziell eingeführt. Zusammen mit den Chipsätzen bilden sie die Sabine-Plattform. Erste Geräte kommen allerdings erste Ende Juli auf den Markt.

Jetzt steht die Einführung der Desktop-Varianten an, die Teil der Lynx-Plattform sind. Auch diese Chips tragen den Namen A-Serie. Die Basisarchitektur, eine Integration von CPU und GPU auf einem Die, unterscheidet sich nicht: AMD integriert den leicht verbesserten, aber schon etwas älteren Stars-Core mit einer modernen GPU auf Radeon-HD-6000-Basis. Da Stromverbrauch und Wärmeabgabe eine geringere Rolle spielen als im Notebook, sind die Taktraten deutlich höher. Die TDP steigt von 35 oder 45 Watt auf 65 beziehungsweise 100 Watt. Auch die Desktop-Chips werden im 32-Nanometer-Verfahren in der Dresdner Fab von Global Foundries produziert.


Der Vergleich von A-Serie mit Sandy Bridge zeigt, dass Intel den x86-Cores mehr Platz auf dem Die einräumt als der Grafik, bei AMD ist es umgekehrt.

CPU

Die Betrachtung der A-Serie beginnt mit einer Enttäuschung: Als CPU kommt nach wie vor der Stars-Core zum Einsatz, der bereits in den aktuellen Athlon-II- und Phenom-II-Prozessoren seinen Dienst verrichtet. Auch er ist keine echte Neuentwicklung, sondern nur eine Modifikation vorangegangener Architekturen. Sie haben im 2003 eingeführten K8 alias Athlon 64 ihren Ursprung. Neben der 64-Bit-Erweiterung des x86-Befehlssatzes war die Integration des Speichercontrollers auf dem Die die wichtigste Neuerung. Bei Intel erfolgte dieser Schritt erst im Herbst 2008 beim Core i7 der Nehalem-Generation.

Seit dem K8 hat AMD seinen Kern zwar immer weiter für eine höhere Leistung pro Takt optimiert, nach wie vor gibt es aber beispielsweise keine Implementierung von Hyperthreading, das bei der wachsenden Anzahl multicoreoptimierter Programme erhebliche Geschwindigkeitsvorteile bringt. Auch Befehlssatzerweiterungen wie SSE4 oder AVX wurden nicht in Llano eingebaut.

AMD hat für die A-Serie jedoch kleinere Verbesserungen an der Architektur durchgeführt, die bei gleichem Takt eine Geschwindigkeitsverbesserung von sechs Prozent bringen sollen. Da der L3-Cache weggefallen ist, werden die Kerne jetzt über die integrierte Northbridge angebunden. Gleiches gilt für die Grafikeinheit. Anders als bei den Notebooks-Llanos gab es die automatische Übertaktung Turbo Core bei einigen von AMDs Desktop-CPUs auch schon vorher.

Trotz der Optimierungen verändert sich die Ausgangsbasis nicht: AMD hinkt Intel seit Jahren in Sachen CPU-Performance hinterher. Ein gleich getakteter Sandy Bridge dürfte um mindestens 25 Prozent schneller sein als eine A-Serie, in manchen Benchmarks wird der Unterschied noch deutlich größer ausfallen.

Der für die nächsten Monate angekündigte Bulldozer-Core, der zunächst in AMDs kommenden Highend-Desktop-, Workstation- und Server-CPUs für Leistung sorgen soll, wird erst 2012 als Version mit integrierter Grafik erscheinen. Bis dahin spielt AMD in Sachen CPU-Performance die zweite Geige – mit deutlichem Abstand.


Die A-Serie-APUs basieren auf dem Stars-Core, der bereits im Athlon II und Phenom II seinen Dienst verrichtet (Bild: AMD).

AMDs Desktop-APUs der A-Serie

Model A6-3600 A6-3650 A8-3800 A8-3850
CPU-Kerne 4 4 4 4
CPU-Takt (Basis/Max) 2,1 GHz / 2,4 GHz 2,6 GHz / – 2,4 GHz / 2,7 GHz 2,9 GHz / –
L2-Cache 4 MByte 4 MByte 4 MByte 4 MByte
Radeon-Typ HD 6530D HD 6530D HD 6550D HD 6550D
GPU-Kerne 320 320 400 400
GPU-Takt 443 MHz 443 MHz 600 MHz 600 MHz
TDP 65 Watt 100 Watt 65 Watt 100 Watt

GPU

Ein genau entgegengesetztes Bild ergibt sich, wenn man sich die Grafikfähigkeiten der A-Serie ansieht. In diesem Bereich hat AMD durch den milliardenschweren Zukauf von ATI deutlich mehr Kompetenz als Intel. Deren Grafikeinheiten sitzen zwar seit Sandy Bridge wie jetzt bei AMD auf demselben Die, haben bislang durch eher niedrige Performance, schlechte Treiberqualität und das Fehlen von DirectX-11-Unterstützung für wenig Freude in der Branche gesorgt.

In diesem Punkt trumpft AMD auf: Auf der A-Serie ist eine Grafikeinheit integriert, die auf der kürzlich eingeführten Radeon-6000M-Serie basiert. Abhängig von der Version verfügen die APUs über 320 bis 400 Radeon-Cores, die mit Taktraten zwischen 443 und 600 MHz laufen.


Die im Topmodell A8-3850 integrierte Grafik vom Typ Radeon HD 6550D hat 400 Shader.

Alle APUs verfügen über DirectX-11-Unterstützung sowie UVD 3. Letzteres dient zur hardwaregestützten Dekodierung von Videos. Unterstützt werden H.264, VC-1, MPEG-2, MPEG-4 sowie MPEG4 ASP/DivX.

Eine eigene Hardwareeinheit zum Encoding von Video hat AMD anders als Intel mit Quick Sync Video nicht an Bord. Diese Aufgabe soll die Grafikeinheit erledigen, die dank der hohen Shader-Zahl dafür prädestiniert ist. Dieser Ansatz bietet zudem auch mehr Flexibilität bezüglich der unterstützten Formate.

Integriert ist zudem die Steady-Video-Technik, die in Echtzeit Verwacklungen bei gestreamten oder von Festplatte abgespielten Videos verringert. Handgefilmte Videos sehen damit deutlich ruhiger aus. Erste Demos sind überzeugend. Perfect Picture HD soll für eine höhere Schärfe sowie einen höheren Kontrast von Fotos sorgen.


Die Grafikeinheit von AMDs A-Serie-APUs basiert auf der Radeon-6000M-Architektur (Bild: AMD).

Trotz der gestiegenen Leistung integrierter Grafiklösungen werden sich Gamer nicht mit einer solchen Lösung zufriedengeben. Nur mit einer diskreten GPU, die nochmal deutlich mehr Radeon-Cores hat und zudem erheblich höher getaktet ist, erscheinen die Spiele in maximaler Qualität. Für diese Zielgruppe bietet die Lynx-Plattform einen Vorteil: Notebooks mit Hybrid-Grafik auf Intel-Basis setzen je nach Anwendung entweder die stromsparende GPU-Grafik oder die diskrete GPU ein. Während bei Spielen die Intel-Lösung brach liegt, mobilisiert AMD beide Grafiken gleichzeitig.

Allerdings sollte man seine Erwartungen nicht zu hoch stecken: Ergänzt man beispielsweise das Topmodell A8-3850 (400 Radeon-Cores) um eine Radeon HD 6570 (480 Radeon-Cores), beträgt der Geschwindigkeitszuwachs gemessen an der Anzahl der Frames pro Sekunde zwischen 20 und 50 Prozent – wobei letzteres eher selten der Fall ist, wie die untenstehende Grafik zeigt. Bei der Kombination von A6-3650 (2,6 GHz) mit der 6570 beträgt der Zuwachs höchstens 34 Prozent.


Leistungszuwachs einer Dual-Grafik-Konfiguration (Bild: AMD)

Plattform

AMD bietet für die Lync-Plattform zwei Chipsätze: Der A55 deckt das Einsteigersegment ab. Solche Rechner dürften meist ohne zusätzliche GPU ausgeliefert werden. Die höher positionierte Lösung A75 bietet vier USB-3.0-Schnittstellen sowie SATA-Ports mit 6 GBit/s. Letzters kommt schnellen SSDs zu gute, die höhere Transferraten erreichen als es 3-GBit/s-Ports zulassen. Intel bietet bislang keine Chipsätze mit USB 3.0. OEMs müssen dazu auf separate Lösungen zurückgreifen.


AMD bietet zwei unterschiedliche Chipsätze an: Die größere Variante A75 bietet sechs SATA-Ports mit 6 GBit/s sowie USB 3.0 (Bild: AMD).

Performance

AMDs A-Serie kombiniert eine eher langsame CPU mit einer schnellen GPU. Daher setzt der Intel-Konkurrent auf die Nutzung der Grafikeinheit für abseits der 3D-Grafik. Entsprechend werden für GPGPU- Berechnungen der OpenCL-Standard sowie Microsofts DirectX Compute unterstützt. Beides kann Intel nicht bieten.

Die Argumentation von AMD hat jedoch einen Haken: Zwar führt das Unternehmen als Referenzapplikation beispielsweise Microsofts Internet Explorer 9 an, der die GPU-basierte Hardwarebeschleunigung nutzt. Das ist jedoch nur bei bestimmten Teilanwendungen wie dem Canvas-Element der Fall, die zumindest derzeit kaum genutzt werden. Komplexer JavaScript-Code, wie er bei modernen Webapps wie Google Maps oder Salesforce zum Einsatz kommt, läuft auf der CPU. Die schnellere GPU nutzt in diesem Szenario nichts. Gleiches gilt beispielsweise beim Packen von Dateien.

Man muss aber erwähnen, dass es Programme wie den Video-Enhancer vReveal gibt, die auf der AMD-APU erheblich schneller laufen als auf einer Intel-CPU. Nur beschränkt sich dieser Vorteil auf wenige Anwendungsfelder.

Klare Vorteile hat AMD dagegen bei Spielen: Hier kann Intel weder leistungsmäßig noch bei den Features wie DirectX-11-Support mithalten. Diese Rechnung geht aber nur auf, solange keine diskrete Grafik im System ist, was bei Desktops häufiger vorkommt.


AMD will gegenüber Intel vor allem bei der 3D-Leistung punkten. Der A6 hat vier Rechenkerne und läuft mit 2,6 GHz. Seine Kontrahenten Core i5 (4 Kerne, 3,3 GHz, kein Hyperthreading, HD-3000-Grafik) und i3 (2 Kerne, 3,1 GHz, Hyperthreading, HD-2000-Grafik) können nicht mithalten. Unter DirectX 10 reklamiert AMD einen größeren Vorsprung für sich, mit DirectX 11 kommen die Intel-Chips nicht zurecht (Bild: AMD).

Positionierung und Fazit

Mit der A-Serie will AMD Desktops im Preisbereich von 400 bis 700 Dollar erobern, wo nach Angaben des Unternehmens die größten Stückzahlen verkauft werden. Hauptgegner sind Intels Pentium-, Core-i3- und einige -i5-Prozessoren. Diese Einschätzung ist realistisch, denn die Leistungsspitze, an der sich hochgetaktete Core-i7-Dual- und Quad-Cores tummeln, kann AMD mit der A-Serie nicht erreichen.

Das wichtigste Kriterium ist für die meisten Käufer aber ohnehin nicht die Leistung pro Euro. Zwar konnte AMD in den letzten Jahren nicht im High-End-Segment mitspielen, in der Preis-Leistungs-Disziplin hat sich der Intel-Konkurrent aber meist gut geschlagen. Mit der A-Serie legt das Unternehmen die Basis, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

ZDNet.de Redaktion

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