Kein Zweifel: Mit dem iPad hat Apple Tablet-Rechnern zum Durchbruch verholfen. Die Versuche von Microsoft, dem Segment über eine Nischenrolle hinauszubringen sind dagegen gescheitert. Grund dafür ist die unterschiedliche Herangehensweise: Statt eines kleinen PC baute Apple einfach ein großes Smartphone. Die Vorteile sind lange Akkulaufzeiten aufgrund stromsparender ARM-Prozessoren, ein Touch-optimiertes OS sowie zahlreiche fingerfreundliche Anwendungen.
Was im Consumer-Segment populär ist, trifft oft auch im Businesbereich auf Interesse. Schließlich ist man auch im Unternehmensumfeld Anwender. So ganz passen das iPad oder Android-Tablets allerdings nichts ins Unternehmen: Sie verfügen weder über weitergehende Sicherheitsfeatures wie Smartcard-Authentifizierung noch lassen sie sich in ein Active Directory einbinden – alleine das ist schon ein K.O-Kriterium für Admins. Dazu kommt, dass oftmals die notwendigen Business-Anwendungen nicht für iOS oder Android verfügbar sind.
Mit dem Stylistic Q550 bringt Fujitsu nun ein Tablet, das sich dediziert an Business-Anwender richtet. Das vorinstallierte Windows 7 Professional garantiert volle Kompatibilität zum Unternehmensnetz. Angetrieben wird es von Intels neuer Oak-Trail-Plattform, die lange Akkulaufzeiten ermöglichen soll. ZDNet hat den Q550 getestet.
Wo liegen die Unterschiede zu bisherigen Tablet PCs?
Fujitsu führt mit dem Q550 das Tablet-PC-Konzept fort, das Microsoft schon seit Jahren propagiert. Angefangen von XP über Vista bis hin zu 7 wurde Windows um Features wie ein Panel für die Stifteingabe erweitert, um die Bedienung ohne Maus und Tastatur zu ermöglichen. Windows 7 beherrscht sogar Multitouch. Alle Änderungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Windows für die Nutzung mit Maus und Tastatur entwickelt wurde. Das Fenster-Konzept mit den vielen kleinen Eingabeelementen kann per Touch nur relativ schwer bedient werden. Mit der höheren Genauigkeit eines Stifts klappt es schon besser.
Die wichtigste Neuerung des Q550 ist die Hardware: Es handelt sich um eines der ersten Tablets auf Oak-Trail-Basis. Der Plattform liegt ein mit 1,5 GHz getakteter Single-Core-Prozessor vom Typ Atom Z760 zu Grunde. Der Chip hat einen Rechenkern, Hyperthreading, eine integrierte Grafik und läuft mit 1,5 GHz. Gegenüber einer Core-i-CPU ist zwar die Leistungsaufnahme deutlich geringer, was der Akkulaufzeit hilft, dafür muss man sich bei der Performance deutlich einschränken.
Chassis, Schnittstellen, Display
Der Stylistic hat ein 1,6 Zentimeter dickes Gehäuse, das rundherum aus Kunststoff besteht. Edlere Materialien wie Alu kommen nicht zum Einsatz. Daher sieht das Tablet nicht besonders wertig aus. Der Rahmen und das 10,1-Zoll-Display sind schwarz, die Rückseite hellgrau. Insgesamt ist das Chassis sehr stabil, selbst bei starkem Druck gibt es nicht nach.
Der kapazitive Touchscreen hat eine Diagonale von 10,1 Zoll und löst 1280 mal 800 Pixel auf. Da es sich um ein IPS-Panel handelt, bietet es eine sehr gute Blickwinkelstabilität – bei einem Tablet unverzichtbar. Die Oberfläche des Screen ist anders als bei den meisten Tablets erfreulicherweise matt. Spiegelungen sind daher kein Thema.
Der auf der Rückseite untergebrachte 5240-mAh-Akku lässt sich tauschen. Dazu müssen lediglich zwei Schiebeschalter betätigt werden. Hinten findet man außerdem den Fingerabdruckscanner.
Auf der rechten Seite sind der Einschalt-Schiebeschalter, Tasten zum Aufruf von Soft-Tastatur und für den Wechsel der Display-Orientierung sowie eine Hardwareschalter für das WLAN-Modul untergebracht. Links sitzen Smartcardreader, USB, HDMI und Stromanschluss, oben ein SDHC-Kartenleser und unten eine Dockingschnittstelle.
Damit bringt das Q550 von Haus aus Möglichkeiten zur Anbindung eines externen Monitors oder zum Anschluss von USB-Sticks oder USB-Peripherie mit. Ein HD-Display im Test kann aber nur mit 1280 mal 1024 Pixeln angesteuert werden. Da das Tablet mit Windows läuft, kann man eine Vielzahl von zusätzlichen Geräten nutzen. Es ist aber nur ein USB-Port vorhanden, man benötigt zum Anschluss von Tastatur und Maus also einen Hub. Hervorzuheben sind auch der Smartcardreader sowie der Fingerabdruckscanner. Das bietet kein anderes Tablet und wird in Verbindung mit dem TPM für den Unternehmenseinsatz sicherlich willkommen sein.
Das Stylistic bietet zwei Kameras: Eine mit VGA-Auflösung auf der Vorderseite für Videokonferenzen, eine mit 1,3 Megapixeln auf der Rückseite für Fotos. Ob man mit dem im Vergleich zu einem Smartphone relativ großen Gerät aber wirklich fotografiert, ist eher zweifelhaft.
Im Lieferumfang des Tablet befindet sich ein Stift, der es ermöglicht, auf dem kapazitiven Touchscreen zu schreiben. Leider hat das Tablet keinen Platz, wo man ihn unterbringen kann. So geht er leicht verloren. Da die glatte Spitze auf dem glatten Display keinen Widerstand hat, ist ein relativ unnatürliches Schreibgefühl zu beklagen. Das kennt man aber auch von anderen Tablet-PCs.
Ausstattung
Das Stylistic Q550 basiert auf Intels Oak-Trail-Plattform mit Atom Z760 und dem SM35-Controller. Sie soll gegenüber dem von Netbooks bekannten Atom N450 (Pine Trail) weniger Energie benötigen. Der Z760 hat einen Rechenkern, aus dem Hyperthreading zwei virtuelle macht. Mit an Bord sind eine Grafikeinheit vom Typ GMA 600, die auf der PowerVR-Technologie basiert, sowie ein DDR2-Speichercontroller.
Oak Trail ist offenbar sparsam genug, dass der X550 ohne Lüfter auskommt. Mit an Bord sind 2 GByte DDR2-RAM sowie eine 32-GByte SSD. Drahtlose Verbindungen nimmt das Tablet per WLAN nach 802.11a/b/g/n auf. Dank der a-Unterstützung funkt es auch in 5-GHz-Netzen. Peripherie lässt sich per Bluetooth 2.1 anbinden. Vom Q550 soll es auch eine 3G-Version geben.
Als Massenspeicher kommt eine 32-GByte-SSD von Toshiba zum Einsatz. Windows geht bekanntermaßen nicht unbedingt sparsam mit Festplattenspeicher um, was bei einem so kleinen Laufwerk stark ins Gewicht fällt: Von den 32 GByte sind nur 18 GByte frei.
Software
Als Betriebssystem ist Windows 7 Professional in der 32-Bit-Version vorinstalliert. Man sollte sich ersparen, das OS mit dem Finger zu bedienen, da dies für jede Menge Frust sorgt. Die Änderung der Ordneransicht durch das Zusammenziehen der Finger braucht beispielsweise meist mehrere Anläufe. Auch die Änderung der Fenstergröße klappt selten auf Anbieb. Windows ist für Eingabegeräte mit hoher Genauigkeit ausgelegt. Wenn man schon keine Maus zur Hand hat, sollte man es mit dem Stift versuchen.
Fujitsu hat auf dem Tablet zweite Oberfläche vorinstalliert, auf der sich eine Reihe fingerfreundlicher Programme ablegen lässt. Allerdings ist die Auswahl sehr überschaubar: Es gibt nur Taschenrechner, Kalender, E-Mail, Notizen, RSS-Reader und Suche. Die großen Buttons im Bereich Settings bringen einen auch nur zur Windows-Systemsteuerung, die man am besten per Stift oder Maus bedient.
Ein automatischer Wechsel der Display-Orientierung findet nicht statt, wenn man das Q550 anders hält. Es bleibt nur die Umschaltung über den Hardwarebutton.
Performance und Bedienung
Im Anwendungsbenchmark PC Mark Vantage erreicht das Q550 1116 Punkte, was in etwa auf dem Niveau von Netbooks mit Single-Core-Atom liegt. Zum Vergleich: Klassische Notebooks mit Standard-CPU bringen mindestens 4000 Punkte.
Das Stylistic Q550 fühlt sich relativ zäh an: Das in Windows animierte Öffnen und Schließen der Fenster ist nicht komplett ruckelfrei. Auch beim Surfen oder der Nutzung mehrerer Anwendungen merkt man sofort, dass man ein wirklich langsames System vor sich hat. Dank eines im GMA 600 integrierten Decoders laufen HD-Videos flüssig.
Der Atom Z670 ist mit Windows 7 schlicht und einfach überfordert. Das merkt man insbesondere, wenn man Windows mit dem Finger bedienen will. Die Verzögerungen sind einfach zu groß, damit noch irgendwie Spass macht.
Emissionen und Akkulaufzeit
Zwar hat das Q550 keinen Lüfter, auf der linken Seite wird das Gerät aber spürbar warm. Im Leerlauf (Display und WLAN an) benötigt das Gerät etwa 4 Watt. Unter Volllast sind es 11 Watt. Mit dem wechselbaren 5240-mAh-Akku kann man etwa sechs bis sieben Stunden surfen.
Fazit
Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht: Beispielsweise Windows 7 auf einem Tablet installieren. Das Microsoft-OS reagiert zu langsam, hat keine geeignete Oberfläche zur Fingereingabe und benötigt zu viele Ressourcen, um auf einer Stromspar-CPU wie dem Atom Z670 flüssig zu laufen. An dieser unglücklichen Kombination krankt auch das Fujitsu Stylistic Q550 – trotz vieler positiver Aspekte wie Fingerabdruckscanner, TPM und Smartcard-Reader.
Da Fujitsu hauptsächlich Unternehmenskunden anspricht, war Windows aber die logische Wahl. Denn im Gegensatz zu Android lässt es sich wie ein normaler Client ins Firmennetz integrieren. Zudem laufen unter Windows eben viele Anwendungen, die ein Unternehmen möglicherweise über viele Jahre entwickelt hat. Ob man für deren Ausführung jetzt plötzlich ein Tablet benötigt, ist jedoch äußerst fraglich. Angesichts der mangelhaften Usability von Windows 7 bei der Fingereingabe sollte man derzeit darauf verzichten. Anwendungen wie Powerpoint, um damit eine Präsentation zu halten, machen darauf keinen Spaß.
Windows auf dem Tablet ist erst wieder ein Thema, wenn Microsoft die nächste Generation Windows 8 vorgestellt hat, die über ein Tablet-optimiertes Interface verfügt. Vielleicht bewahrheiten sich die Gerüchte über eine Fertigstellung im April 2012.
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