Digitale Agenda: EU-Kommission will Roaming-Gebühren weiter senken

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine unmittelbar rechtsverbindliche Roamingverordnung vorgelegt. Er soll den Wettbewerb fördern und Mobilfunkkunden mehr Wahlmöglichkeiten mit niedrigeren Preisen für Telefonie sowie Datennutzung im EU-Ausland einräumen. Zudem sieht der Vorschlag vor, dass Kunden ab dem 1. Juli 2014 einen gesonderten Roamingvertrag bei einem beliebigen Anbieter abschließen können, wobei sie ihre Telefonnummer behalten. Mobilfunkanbieter, darunter auch Betreiber virtueller Mobilfunknetze ohne eigene Infrastruktur, sollen das Recht erhalten, die Netze anderer Betreiber in den EU-Mitgliedsstaaten zu regulierten Vorleistungspreisen zu nutzen.

Bis diese strukturellen Maßnahmen in vollem Umfang wirksam werden, will die Kommission dem Vorschlag zufolge eine neue Preisobergrenze für Sprach-, Text- (SMS) und mobile Datendienste auf Endkundenebene einführen, die bis Mitte 2016 gelten würde. Geplant ist eine schrittweise Absenkung: Ab dem 1. Juli 2014 sollen Roamingkunden höchstens 29 Cent pro Minute für einen ausgehenden Anruf, maximal 12 Cent pro Minute für einen eingehenden Anruf, bis zu 12 Cent für das Versenden einer Textnachricht und maximal 60 Cent pro Megabyte Daten (bei Abrechnung im Kilobyte-Takt) bezahlen, während sie im EU-Ausland unterwegs sind. Seit 1. Juli 2011 liegt der Minutenpreis für ausgehende und eingehende Anrufe inklusive Mehrwertsteuer bei 41 respektive 13 Cent, die Kosten pro SMS betragen ebenfalls 13 Cent.

Aktuelle und vorgeschlagene Preisobergrenzen auf der Endkundenebene (ohne Mwst.)

derzeit 1. Juli 2012 1. Juli 2013 1. Juli 2014
Daten (pro MByte) keine 90 Cent 70 Cent 50 Cent
ausgehende Anrufe (pro Minute) 35 Cent 32 Cent 28 Cent 24 Cent
eingehende Anrufe (pro Minute) 11 Cent 11 Cent 10 Cent 10 Cent
SMS 11 Cent 10 Cent 10 Cent 10 Cent



Für Datendienste gibt es derzeit kein Limit; im Schnitt zahlen Nutzer aktuell 2,23 Euro pro MByte. Allerdings gilt eine Rechnungsobergrenze von 59,50 Euro. Ist diese erreicht, wird die Datenverbindung bis zum Monatsende automatisch deaktiviert, falls der Kunde nicht ausdrücklich die Weiternutzung beantragt oder ein höhere Limit festgelegt hat.

Die zulässige Preisobergrenze für Daten-, Sprach- und SMS-Roaming auf der Vorleistungsebene, also das Entgelt, das sich die Betreiber untereinander in Rechnung stellen, soll bis 2014 von bisher 50 Cent pro Megabyte, 18 Cent pro Minute und 4 Cent je SMS auf 10, 6 und 2 Cent sinken. Diese Regelung würde bis 2022 bestehen bleiben – „um ein berechenbares Investitionsumfeld für alternative Betreiber zu schaffen“, wie die EU-Kommssion mitteilt. Wenn die Marktdaten erkennen ließen, dass sich ein ausreichender Wettbewerb entwickelt habe, könnte sie aber schon vor 2022 aufgehoben werden.

Aktuelle und vorgeschlagene Preisobergrenzen auf der Vorleistungsebene

derzeit 1. Juli 2012 1. Juli 2013 1. Juli 2014
Daten (pro MB) 50 Cent 30 Cent 20 Cent 10 Cent
Sprache (pro Minute) 18 Cent 14 Cent 10 Cent 6 Cent
SMS 4 Cent 3 Cent 3 Cent 2 Cent



„Dieser Vorschlag stellt auf die eigentliche Ursache des Problems ab, das heißt auf den mangelnden Wettbewerb auf den Roamingmärkten. Er gibt den Kunden mehr Wahlmöglichkeiten gibt und verschafft alternativen Betreibern leichteren Zugang zum Roamingmarkt“, sagte Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission. „Mit ihm würden auch die Preise für das Datenroaming, die den Betreibern derzeit phänomenale Gewinnspannen bescheren, sofort sinken.“

Mit dem heute vorgelegten Vorschlag soll das in der Digitalen Agenda für Europa festgelegte Ziel erreicht werden, die Tarife von Roaming- und Inlandsmobilfunkdiensten bis 2015 weitgehend anzugleichen. Nun müssen das Europäische Parlament und der EU-Ministerrat entscheiden, ob er umgesetzt wird.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) kritisierte den Vorschlag der EU-Kommission zur Fortsetzung der Roamingverordnung. „Während wir die von der EU-Kommission festgelegten Großhandelspreise beim Datenroaming für akzeptabel halten, lehnen wir Vorgaben für den Endkundenpreis als ordnungspolitisch verfehlt ab“, sagte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. „Auch zusätzliche strukturelle Eingriffe wie die Abkoppelung des Roamingmarktes erscheinen uns technisch und wirtschaftlich undurchdacht und verbessern die Situation der Verbraucher nicht.“ Mit der Verordnung verschärfe die EU-Kommission die indirekte Regulierung nationaler Preise, was nicht ihre Aufgabe sei.

Anfang Juni 2010 hatte der Europäische Gerichtshof die Roamingverordnung in ihrer jetzigen Form für rechtens erklärt. Eine Obergrenze für Telefon-Entgelte innerhalb der EU ist demnach erforderlich. Die aktuelle Regelung ist seit Juli vergangenen Jahres in Kraft und läuft am 30. Juni 2012 aus.

ZDNet.de Redaktion

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