Händlern, die für die Angebotserstellung von Angeboten in Amazons Marketplace die zur Verfügung gestellten Bildern nutzen, bewegen sich urheberrechtlich gesehen in der Grauzone. Auf ein entsprechendes, jetzt veröffentlichtes und rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 HK O 9301/10) hat Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilder Beuge Solmecke hingewiesen.
„Die Entscheidung könnte Auswirkung auf tausende Online-Händler haben“, erklärt der Kölner Internetrecht-Experte. „Wer derzeit Produktbilder verwendet, die er nicht selbst geschossen hat, ist abmahngefährdet. Dies gilt nicht nur für Amazon, sondern für sämtliche Online-Portale.“ Nach Ansicht des Anwalts drohen den betroffenen Händlern Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. „Für die Nutzung von Produktbildern werden von den Gerichten Kosten in Höhe von 80 bis 150 Euro pro Foto angesetzt, in Abhängigkeit von der Dauer der Bildveröffentlichung und dem Verbreitungsgrad. Hinzu kommen noch einmal Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 600 bis 1000 Euro.“
Händler, die bei Amazon Waren einstellen, bewerben diese teilweise mit selbst erstellten Fotos. Amazon lässt sich an diesen Bildern umfassende Rechte einräumen und überträgt diese dann unmittelbar auf alle weiteren Händler. Auf diese Weise kann Amazon seinen so genannten Marketplace-Händlern eine Vielzahl von Produktfotos zur Verfügung stellen.
Dazu müssen diese bei der Anmeldung ihres Onlineshops bei der Plattform mit dieser einen „Vertrag zur Einstellung von Bildern oder Inhalten“ abschließen und folgende Bedingung akzeptieren: Hiermit gewähren Sie Amazon, seinen verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern die nicht-exklusive, weltweite und gebührenfreie Lizenz zur Verwendung aller eingetragenen Markenzeichen, Handelsnamen und der Namen und Darstellungen aller im Material auftretenden Personen. Sie gewähren Amazon, seinen verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern das Recht zur Verwendung des Namens, den Sie in Verbindung mit dem Material übergeben haben.
Dagegen hatte ein Händler aus Oberfranken geklagt. Er wollte über Amazon Süßwasserfische und Tierfutterbedarf vertreiben. Für seinen Amazon-Marketplace-Shop fertigte er Fotos an und versah diese mit seinem Firmennahmen. Kurze Zeit später entdeckte er, dass ein Konkurrent mit dem gleiche Bild für identische Produkte warb. Der Tierfutter-Händler erhob Klage wegen Urheberrechtsverletzung. Sein Konkurrent verteidigte sich mit dem Argument, die erforderlichen Rechte für die Verwendung des Bildes von Amazon eingeräumt bekommen zu haben.
Laut Landgericht Nürnberg-Fürth wurden dem zweiten Händler aber weder direkt noch durch Amazon die erforderlichen Lizenzen zur Nutzung des Bildes eingeräumt. Amazon habe keine Rechte an dem Bild weitergeben können, da die Plattform selbst die erforderlichen Rechte nicht besessen habe. Die entsprechende Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon sei so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Internetkaufhauses hiermit nicht zu rechnen brauche. Sie sei daher schlicht unwirksam.
Nach Ansicht von Rechtsanwalt Solmecke haben die Betroffenen Händler theoretisch einen Regressanspruch gegenüber Amazon. In der Praxis muss sich aber erst noch zeigen, ob sich dieser auch durchsetzen lässt: Da das Unternehmen seinen Sitz in Luxemburg hat, wird ein gerichtliches Verfahren und die Durchsetzung eines möglichen Urteils zumindest erschwert. „Händlern ist zu raten, nur eigene Produktfotos zu verwenden. Sofern es um den Verkauf von Büchern geht, ist mittlerweile entschieden worden, dass Buchcover zu Verkaufszwecken auch abfotografiert werden dürfen. Keinesfalls darf jedoch zum Beispiel der Klappentext aus dem Buch einfach übernommen werden. Dieser ist genau wie auszugsweise Passagen eines Buches oder darin enthaltene Bilder urheberrechtlich geschützt.“
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