Die Diskussion um IPv6 erinnerte in den vergangenen Jahren etwas an die Abschlussveranstaltungen der so beliebten Casting-Shows im Fernsehen: Während man dort ständig aufgefordert wird, es sei nun die letzte, allerletzte oder wirklich allerletzte Gelegenheit, anzurufen und seinem persönlichen Favoriten zum Sieg zu verhelfen, drohen die IPv6-Propheten immer wieder damit, dass die IP-Adressen ausgehen. So etwas stumpft ab – vor allem, wenn man es jahrelang zu hören bekommt: Steht dann wirklich die letzte Gelegenheit vor der Tür steht, glaubt man es einfach nicht mehr.
Das sollte man aber. Denn inzwischen besteht nicht mehr nur die Befürchtung, dass die IPv4-Adressen eines Tages ausgehen könntem, sondern sie gehen aus. Im Februar hat die für die weltweite IP-Adressverwaltung zuständige Internet Assigned Numbers Authority (IANA) mitgeteilt, dass inzwischen 251 von insgesamt 256 IPv4-Adressblöcken vergeben sind. Die Organisation gibt die Adressblöcke jeweils an eine der fünf kontinentalen Verwaltungsorganisationen aus, die diese dann über regionale Organisationen und die Provider nach unten durchreichen.
Bis ein Adressblock aufgebraucht ist, dauert es daher je nach Land oder Region unterschiedlich lange. Das Asia Pacific Network Information Centre (APNIC) ist mit den ihm zugeteilten Adressen nicht lange ausgekommen: Bereits im April hat es mitgeteilt, dass es den letzten Block IPv4-Adressen aus seinem Vorrat freigegeben hat. Experten rechnen damit, dass Ende 2011 die ersten Regionalorganisationen alle ihnen zur Verfügung stehenden Adressen an Unternehmen und Einrichtungen ausgegeben haben und es dann keine freien Adressen im IPv4-Standard mehr geben wird. Außerdem kritisieren sie, dass die Umstellung auf IPv6 in Europa der in Asien und Amerika hinterherhinke.
Betrachtet man die Situation bei den Providern, kann man das zumindest für Deutschland so nicht stehen lassen. Die von ZDNet befragten haben sich entweder schon vor Jahren vorbereitet oder sind gerade dabei und zuversichtlich, rechtzeitig fertig zu sein. Erhebungen zum Anteil des IPv6-Traffics am gesamten Datenvolumen im Internet zeigen zudem, dass dieser noch verschwindend gering ist. Das gilt auch nach dem viel beachteten IPv6-Tag am 8. Juni, der im Großen und Ganzen weitgehend reibungslos über die Bühne gegangen ist.
Allerdings ist die Aussagekraft des Tests begrenzt. Er sollte in erster Linie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema lenken. Den beteiligten Inhalteanbietern zeigte er darüber hinaus, dass ihre IPv6-Angebote funktionieren – oder zumindest die 99 Prozent der Nutzer nicht stören, die nur mit IPv4 im Internet unterwegs sind. Wie sich IPv6 am privaten DSL-Anschluss nutzen lässt und welche Sicherheitsaspekte dabei zu beachten sind, hat ZDNet bereits in anderen Beiträgen aufgezeigt. Wie sieht die Situation aber für Unternehmen aus? Müssen sie sich jetzt beeilen, um noch zusammen mit den Providern den Sprung auf das neue Protokoll zu schaffen? Was bedeutet die Umstellung für sie? Und wo sollen sie anfangen?
Die von ZDNet befragten Experten und Firmenvertreter sind sich in einem Punkt einig: Der Umschlag für ein Handbuch zur IPv6-Umstellung könnte sich problemlos an den des fiktiven Handbuchs „Per Anhalter durch die Galaxis“ anlehnen: Dort prangt – wie die meisten wissen werden – in großen Lettern der Schriftzug „Don´t panic!“. Allerdings finden sich im Inneren dann einige nützliche Tipps, die beim Überleben helfen, nachdem die erste Panikattacke niedergekämpft ist. Und die sollte man durchaus beherzigen. Denn die Aufforderung, nicht in Panik zu verfallen, ist keineswegs gleichbedeutend mit der, die Hände in den Schoß zu legen.
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