Bizarre IE-Studie erweist sich als Fälschung

Nun haben wir also Schwarz auf Weiss, was viele bereits lange vermuteten: Unter den Nutzern des Internet Explorers finden sich durchschnittlich mehr dumme Menschen als unter den Anwendern anderer Browser. Dies sollte zumindest eine bereits am 28. Juli veröffentlichte Studie der Psychometrie-Beratungsfirma AptiQuant beweisen.

Anwender von Firefox, Safari und Chrome rangieren demnach im dicht besetzten Mittelfeld, während sich unter den Opera-Liebhabern offenbar sehr häufig intelligente Menschen befinden. Laut Firmenangaben wurde für die Studie zufällig ausgewählten Internet-Anwendern ein kostenloser Intelligenz-Test angeboten. Insgesamt hätten rund 100.000 Anwender daran teilgenommen.

Die Studie und ihre interessanten Ergebnisse verbreiteten sich innerhalb kürzester Zeit über viele Nachrichtenkanäle. Selbst News-Giganten wie CNN, Daily Mail, Forbes, BBC-News, The Register und auch CNET veröffentlichten entsprechende Berichte. BBC-News erachtete die Studie als durchaus seriös und befragte Experten zu den Ergebnissen. David Spiegelhalter, Professor für Statistik, bezweifelte die Aussagekraft der Umfrage, da die Zahlenwerte unglaubwürdig niedrig seien und eine Beleidigung für Anwender des Internet Explorers darstellen. Offenbar eine Referenz zu den IQ-Werten in der Grafik.

Allerdings bezweifelten einige Leser der BBC-Technology-News schon bald die Seriosität der verbreiteten Studie, nachdem sie herausfanden, dass die Webseite der Firma AptiQuant erst am 14. Juli registriert wurde, also nur zwei Wochen vor Veröffentlichung der Studie. Nachdem BBC erfolglos versuchte, die Firma zu kontaktieren, wurden die Sicherheitsspezialisten von Sophos mit der Überprüfung der Website und auch mit einer Analyse der PDF-Datei beauftragt. Sie sollten herausfinden, ob damit eventuell Schadsoftware verbreitet wird. Das war jedoch nicht der Fall. Weitere Nachforschungen von Lesern ergaben zudem, dass Bilder von angeblichen AptiQuant-Firmenmitarbeitern von der Webseite der Research-Firma Central test stammten. Von BBC befragt, erklärte die französische Firma, dass sie bereits auf die Kopien aufmerksam gemacht wurde, jedoch noch nie von einem Unternehmen mit dem Namen AptiQuant gehört habe.

BBC korrigierte daraufhin am 3. August, also nach rund einer Woche, ihren ursprünglichen Bericht um obige Ungereimtheiten an die Öffentlichkeit zu bringen und warnte gleichzeitig davor, dass die Studie möglicherweise eine Fälschung sei.

Inzwischen herrscht Gewissheit. Hinter der Studie steckt offenbar eine einzelne Person, die sich inzwischen selbst auf der Webseite der vermeintlichen Firma AptiQuant als Urheber geoutet hat. T. Gill, der sich selber als Programmentwickler und Entrepreneur bezeichnet, gibt dort an, das Ganze sei nur ein Spaß gewesen. Es sei ihm nicht darum gegangen, jemanden zu beleidigen. Er wollte lediglich auf die Inkompatibilität des Internet Explorers hinweisen.

Gill betreibt und entwickelt eine Webseite für Preisvergleiche und hat nach eigenen Angaben sich zunehmend darüber geärgert, dass vor allem die Versionen IE 6, 7 und 8 sich an keine offiziellen Web-Standards halten und aus diesem Grund nur schwer zu unterstützen seien. Er wehrt sich gegen Vorwürfe, dies sei alles nur ein Marketing-Gag für sein Geschäft gewesen und verweist zu seiner Verteidigung darauf, dass er bereits früher als Eigentümer der Seite ‚beastoftheweb.com‘ seinen Protest gegen den Internet-Explorer deutlich zum Ausdruck gebracht habe.

Möglicherweise wird der „gelungene“ Scherz ein teures Nachspiel für den Urheber haben. BBC zufolge zieht Central test, von der Gill Teile des Inhaltes und Bilder für seine Scherzseite kopierte, rechtliche Schritte gegen den Missbrauch ihrer Inhalte in Betracht. Zudem veröffentlichte die Firma eine Pressemitteilung auf ihrer Seite, in der sie sich von der vermeintlichen Firma AptiQuant sowie den Daten der Studie und der Studie als solche deutlich distanziert.

In Anbetracht des „Erfolges“ und rasanten Verbreitung der Meldung in vielen der ganz großen Nachrichtenkanäle stellt sich unabhängig von dem konkreten Fall allerdings auch die Frage, wie genau die Presse Quellenangaben überprüft, bevor sie deren Material übernimmt oder in Umlauf bringt. Immerhin übernahmen in diesem Fall aufmerksame Leser die „Qualitätsprüfung“, wenn auch rund eine Woche verging, bis der „Scherz“ endgültig aufflog.

Anmerkung: Die meisten Nachrichtenmagazine haben ihre Berichte inzwischen aktualisiert. Interessanterweise findet sich auf CNN aber immer noch ein Artikel, der noch keinen Hinweis auf die Fälschung der Studie enthält.

ZDNet.de Redaktion

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