Microsoft sieht Linux nicht mehr als Bedrohung

Microsoft schätzt in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2011 die Wettbewerbssituation völlig neu ein. Das zeigt sich im Vergleich mit dem Bericht des Vorjahres. Linux gilt nicht mehr als ernsthafte Konkurrenz für das Betriebssystem Windows, während nun Apple und Google als die großen Gegenspieler ausgemacht werden.

Gewöhnlich sind jährliche Geschäftsberichte mit ihren oft identischen Textbausteinen eine langweilige Lektüre. In dem von Microsoft als Formular K-10 bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichten Geschäftsbericht 2011 aber haben die Anwälte einige Erkenntnisse des Managements durchgehen lassen. Ein genauer Textvergleich mit dem Geschäftsbericht 2010 fördert sie zutage. Besonders aussagekräftig sind die neuen Formulierungen unter der Überschrift „Wettbewerb“ im Abschnitt „Windows und Windows Live“.

Im Vorjahr hob Microsoft die Konkurrenz durch Linux noch stärker hervor als die durch kommerzielle Softwareprodukte von Unternehmen „einschließlich Apple und Google“. Erwähnung fanden Partner wie Hewlett-Packard und Intel, die aktiv mit alternativen Betriebssystemen auf Linux-Basis beschäftigt waren. 2011 aber wird Linux nicht einmal mehr erwähnt, während die Konkurrenz jetzt „hauptsächlich“ durch Apple und Google droht. Nur noch drei Pferde sind im Rennen, wenn es nach Microsoft geht.

Schon im Vorjahr war in Redmond bekannt, dass alternative Plattformen und „neue Geräte“ die Nachfrage der Verbraucher nach PCs verringern könnten. Das bezog sich auf den stark expandierenden Markt für Smartphones und Tablets. 2011 sind es nur noch „Geräte“, die so neu nicht mehr sind, und nicht nur die PC-Nachfrage der privaten Verbraucher könnte sich durch sie verringern. Keine Erwähnung findet bei Microsoft, dass viele dieser Geräte mit Betriebssystemen auf Linux-Basis laufen.

Gestrichen ist auch der Hinweis auf die Webbrowser von Apple, Google, Mozilla und Opera, die mit dem Internet Explorer als Bestandteil von Windows konkurrieren. Das Feld der Auseinandersetzung sieht Microsoft nicht mehr im Browser selbst, sondern in den Diensten, zu denen er Zugang vermittelt. „Sicherheit“ findet stärkere Erwähnung, während die bisher üblichen Floskeln von „innovativer Software“ entfallen.

Betont erscheint auch eine neue Aussage zum Hardwaregeschäft: „Unsere Hardwareprodukte rund um den PC erfahren Wettbewerb durch Computer und andere Hardwarehersteller, von denen viele auch unsere gegenwärtigen oder potenziellen Partner sind.“ Das könnte eine geplante Expansion in der PC-Hardware andeuten. Es lässt sogar Spielraum für Mutmaßungen wie die über ein Windows-8-Tablet, das Microsoft unter eigenem Namen vermarkten könnte.


Versionsvergleich der Microsoft-Geschäftsberichte 2011 und 2010. Durchgestrichene Passagen entfallen heuer, unterstrichene sind hinzugekommen (Screenshot: Ed Bott, ZDNet).

ZDNet.de Redaktion

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