Wikileaks enthüllt Motive für Google-Zensur in China

Google hat die Ergebnisse seiner chinesischen Suchmaschine offenbar deshalb zensieren lassen, weil es keine andere Wahl hatte. Der Grund dafür ist der Aufbau des Internets in China, wie ein vergangene Woche von Wikileaks veröffentlichtes Botschaftsdokument nahelegt. Demnach ist es nicht möglich, einen Dienst anzubieten, ohne ihn im Land zu hosten – und Voraussetzung dafür ist Selbstzensur.

Die von Wikileaks veröffentlichte Depesche stammt von der US-Botschaft in Kairo. Sie datiert vom 26. September 2006 und behandelt eine Diskussion zwischen Botschaftsbeamten und Sherif Iskander, der damals Googles Regionalmanager für den Mittleren Osten und Nordafrika war. Mittlerweile ist er Leiter der Sparte Onlinedienste des arabischen Medienunternehmens Rotana.

2006 war Iksander zu Googles Position bezüglich Zensur in Ägypten befragt worden. Dort filterte der Suchanbieter die Ergebnisse zwar nicht selbst, erlaubte es aber lokalen ISPs, sie zu zensieren – wie es unter der Regierung Mubarak üblich war. US-Beamte wollten von Iksander wissen, weshalb Google in China nicht einen ähnlichen Ansatz wählte.

In dem Botschaftsdokument heißt es: „Iksander antwortete, Google habe seine Dienste in China hosten müssen – aufgrund der Art und Weise, wie die Chinesen an das Internet angebunden sind. Es sei daher für das Unternehmen erforderlich gewesen, die Zensurmaßnhamen selbst durchzuführen.“

Iksander erklärte ZDNet UK, warum das notwendig war: „In China befinden sich alle Gateways im Besitz der Regierung. Daher gibt es einen bequemen Ort, um Zensur und Filtermaßnahmen zu implementieren.“ Ägypten arbeite dagegen mit verschiedenen auch international vertretenen ISPs, sodass es keinen einzelnen Ansatzpunkt für die Regierung gab und Google die Selbstzensur vermeiden konnte.

„Ein weiteres Problem mit China ist, dass der Großteil des Traffics im Land bleibt. Internationale Gateways sind nicht gut genug skaliert, um damit wirklich klarzukommen.“ Dienste mit viel Traffic außerhalb des Landes zu hosten, sei daher äußerst unpraktisch, sagte Iksander.

Google hatte zum Start seiner Suche in China im Januar 2006 allerdings einen anderen Grund genannt, worauf der Depesche zufolge auch Iksander hinweist, „nämlich, dass die schiere Größe des chinesischen Markts aus Effizienzgründen ein Hosting in China verlangt“. Demnach wollte Google den wahren Grund auch deshalb nicht nennen, damit nicht andere Länder auf die Idee kämen, sich auf eine ähnliche Weise wie China abzuschotten.

In einem Blogeintrag hieß es damals, einem Fünftel der Weltbevölkerung seine Dienste vorzuenthalten, lasse sich nicht mit seiner Mission vereinbaren, Informationen allgemein zugänglich zu machen. Die meisten von Googles Sites seien langsam und schlecht erreichbar. Sie im Land zu hosten, sei die einzige Möglichkeit, die Qualität zu verbessern.

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

Google kündigt neue Sicherheitsfunktionen für Chrome an

Der Sicherheitscheck entzieht unsicheren Websites automatisch alle Berechtigungen. Zudem können Nutzer in Chrome künftig Websites…

8 Stunden ago

Cyberkriminelle nehmen Fertigungsbetriebe ins Visier

Ontinue registriert einen Anstieg beim Anteil am Gesamtangriffsvolumen um 105 Prozent. Das Angriffsvolumen auf den…

8 Stunden ago

o1: OpenAI stellt neues KI-Modell für komplexe Abfragen vor

Das o1 genannte Modell liegt als Preview vor. Bei einer Mathematikprüfung beantwortet es 83 Prozent…

3 Tagen ago

Zoom erhält IT-Sicherheits- kennzeichen des BSI

Das Kennzeichen erhalten Zoom Workplace Pro und Zoom Workplace Basic. Es bescheinigt unter anderem aktuelle…

4 Tagen ago

Google verbessert Tab-Verwaltung in Chrome

iOS und iPadOS erhalten Tab-Gruppen. Zudem unterstützt Chrome nun die Synchronisierung von Tab-Gruppen.

4 Tagen ago

Identitätsdiebstahl: 58 Prozent der Deutschen sorgen sich um digitales Erbe

Sie befürchten einen Missbrauch der Identitäten von Verstorbenen. 60 Prozent befürworten deswegen eine Klärung des…

4 Tagen ago