Open Source treibt den Wandel in der Softwareindustrie voran

Betrachtet man die bedeutendste Erfindung des 20. Jahrhunderts – das Automobil -, lässt sich dessen Wachstum und Bedeutung in den letzten 100 Jahren leicht auf den Wandel übertragen, den wir in der Softwareindustrie gerade miterleben. Das von Henry Ford hergestellte „Model T“ galt zwischen 1908 und 1927 als erstes erschwingliches Automobil. Trotzdem Käufern nur wenige Funktionen zur Verfügung standen, war es ungemein populär. Es gab lediglich einen Motorentyp sowie eine begrenzte Anzahl an Karosserievarianten. Und Fords Strategie – „Jede Farbe, solange es schwarz ist“ -, die die Farbwahl auf eine beschränkte, wurde 1914 eindrucksvoll etabliert. Man bezahlte sein Auto in bar. Und man erhielt, wofür man bezahlt hatte. Punkt.

Bedingt durch hunderte kleine Hersteller, die um Aufmerksamkeit in den Weltmärkten kämpften, war die darauffolgende Entwicklung der Automobiltechnik rasant. Sie brachte den Beginn einer internationalen, industriellen Revolution sowie den bis heute andauernden Kampf zwischen Automobilherstellern um die Marktherrschaft. In Folge des Wettstreits um Kunden sowie einer höheren Verbrauchernachfrage nach Innovation, haben Autokäufer heute unzählige Marken, Ausführungen, Modelle und Preisklassen für ihre individuellen Ansprüche zur Auswahl.


Bertrand Diard ist CEO von Talend und Autor dieses Gastbeitrags für ZDNet (Bild: Talend).

Der Aufwärtstrend des Automobils gleicht der Entwicklung, die wir in der Softwareindustrie beobachtet haben und noch weiter erleben werden. Bis in die späten 1960er Jahre waren Computer riesige und teure Zentralrechner, die üblicherweise geleast und nicht gekauft wurden. Der Software-Quellcode wurde den Käufern der teuren Mainframe-Hardware meist vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Aber wie in der Autoindustrie wuchs auch die Softwarebranche durch Visionäre, die erste Prototypen ihrer Software noch in der Garage entwickelt hatten.

In den vergangenen 50 Jahren ist die Softwareindustrie weit vorangekommen. Heute kann man zwischen proprietärer und Open-Source-Software wählen. Es gibt kostenfreie Software, Software mit einem Fixpreis, Software mit jährlichen Lizenzgebühren etc., wodurch sich auch das Verbraucherverhalten gewandelt hat. Man kann Software vor Ort installieren, in der Cloud einrichten oder ein Software-as-a-Service-Modell nutzen. Am Ende hat der Softwarekäufer mehr Kombinationen zur Verfügung. Eine der treibenden Kräfte hinter diesem Wandel ist dabei Open Source.

Ich habe schon immer gesagt, dass Open-Source-Software die Softwareindustrie revolutionieren wird. Und tatsächlich hat der Grad des Einsatzes von Open Source in den letzten Jahren außerordentlich zugenommen. Warum? Vor Open Source konnte man lediglich Lizenzen für proprietäre Software kaufen. Ebenso wie bei Fords Model T hatten Kunden auch bei Software nur limitierte Möglichkeiten. Mit der steigenden Flexibilität und Innovation hat Open Source durch mehr Optionen die Art und Weise verändert, in der Menschen Software einsetzen und kaufen.

Einer der Mythen über Open-Source-Software ist, dass IT-Organisationen sie einsetzen, weil sie kostenfrei ist. Wie fast jeder weiß, ist Open-Source-Software eine kostengünstige Alternative zu proprietärer Software. Aber der Grund, warum Unternehmen Open Source proprietärer Software vorziehen, ist ein anderer. Zugegeben, der Preis ist ein wichtiger Motivator, um sich zunächst einmal mit Open Source auseinanderzusetzen. Aber er ist nicht der entscheidende Vorteil. Der erste und wichtigste Grund für Open Source, ist dass es flexibel und verlässlich genug ist, um die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen.

IT-Organisationen schätzen immer mehr die Tatsache, dass sie Open-Source-Technologien zu ihren eigenen Bedingungen, in ihrem eigenen Tempo und innerhalb ihrer kritischsten Umgebungen anwenden können. Sie können die Software anpassen und ein Preismodell wählen, das wesentlich flexibler als das bei proprietärer Software ist.

AUTOR

Bertrand Diard ...

... ist Mitgründer des in Frankreich entstandenen Open-Source-Unternehmens Talend und dessen Chief Executive Officer.

Aus all diesen Gründen drehen sich die Diskussionen über Open-Source-Software um das Potenzial, oft mit übertriebenen Voraussagen für das nächste Jahr, die nächsten fünf Jahre und so weiter. Solche Vorhersagen lassen allerdings eine wichtige Tatsache außen vor: Open Source ist bereits heute fest in den Unternehmen etabliert. Laut einer aktuellen Gartner-Studie haben bereits die Hälfte der befragten Unternehmen Open-Source-Software als einen Teil ihrer IT-Strategie übernommen.

Open Source ist eine der signifikantesten kulturellen IT-Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte. Open Source hat bewiesen, dass individuelle Personen über das Internet zusammenarbeiten und Produkte entwickeln können, die mit denen großer Gesellschaften mithalten oder diese sogar übertreffen können. Es hat ebenfalls gezeigt, wie Unternehmen innovativer, flexibler und kosteneffizienter werden können, indem sie auf den Ergebnissen von Gemeinschaftsarbeit aufbauen. Befürworter von Open Source dürfen gespannt sein: Open Source wird weiter an Bedeutung gewinnen und intelligentes Computing aus dem Geschäftsumfeld heraus zu Smartphones und sogar zum Auto in unserer Einfahrt bringen.

ZDNet.de Redaktion

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