IT-Standort München: Die Anfänge des Internets in Bayern

Ohne sie gäbe es das Internet zwar dennoch, aber kaum einer hätte darauf Zugriff: die Provider. Von den gut 10.000 IT-Unternehmen im Großraum München zählen laut der Studie IuK- und Medienstandort München 2010 (PDF) zwar nur 188 zur Kategorie Transportebene/Kabel und Netzwerkbetreiber, aber die haben es in sich: Die Gruppe erzielte 2010 mit rund 15,3 Milliarden Euro nicht nur den größten Umsatz, sondern investiert mit etwas über 15 Millionen Euro auch ein Vielfaches der anderen Kategorien.

Neben O2 und M-Net gehört auch Spacenet zu dieser Gruppe. Interessant ist das Unternehmen auch deshalb, weil es schon 1993 gegründet wurde – also lange bevor in der Ära Stoiber mit „Laptop und Lederhose“ ein geflügeltes Wort für die besondere Heransgehensweise an die neue Zeit im Freistaat geprägt wurde und lange bevor sich die Politik fast zwanghaft im Glanz der aufstrebenden Internetfirmen sonnte. Nachdem Spacenet erste Hürden überwunden hatte – etwa trotz „exotischem“ Geschäftszweck die korrekte Eintragung ins Handelsregister – war die Firma Teil einiger wichtiger und interessanter Schritte hin zum Internet in Bayern.

Dazu gehörte auch, als 1995 mit der damaligen Hypo-Bank die erste deutsche Bank auf Grundlage von Spacenet im Internet vertreten war. Auch der im Jahr zuvor in Anlehung an Forderungen aus der Politik ins Leben gerufene BDA-Verein war eine interessante Etappe. Er betrieb die Bundesdatenautobahn, arbeitete selbst ohne Gewinnabsicht und bot kostenlose Modemzugänge zur Bundesdatenautobahn an.

Mitglieder waren neben Spacenet die Hamburger Point of Presence GmbH, NetUse Kommunikationstechnologie aus Kiel, GTN aus Kaarst und die Firma Dr. Peter Koch Steinheimer aus dem Rhein-Main-Gebiet. Das Ziel, Inhalte näher am Nutzer vorzuhalten, war damals ehrenwert, ist heute aufgrund der rasant gestiegenen Bandbreiten in der Regel aber obsolet – oder wird von einem Content Delivery Netzwerk übernommen.

Ein weiterer wichtiger Schritt – nicht nur für Bayern – folgte 1997 mit der Gründung der Denic eG. Die Mitgliedsnummer 1 hat Spacenet zwar eher zufällig bekommen, ein bißchen Stolz ist man darauf aber heute schon. Ebenso wie darauf, dass man 1995 der Stadt München half, als erste Großstadt mit Kulturprogramm ins Netz zu gehen, mit Melanie Graffam-Minkus die erste Online-Pfarrerin unterstützte oder im August 1999 vom RIPE als erster deutscher Internetprovider offiziell einen IPv6-Adressraum erhielt.

ZDNet hat mit Spacenet-Gründer und -Vorstand Sebastian von Bomhard über die Wild-West-Zeiten des Internets in den neunziger Jahren gesprochen sowie die Rahmenbedingungen für IT-Firmen in und um München früher und heute diskutiert. Außerdem gewährt der Firmenchef einen Blick in den Aufbewahrungsraum für Erinnerungsstücke sowie den Keller des Firmengebäudes, in dem früher das Rechenzentrum untergebracht war. Der beherbegt heute ein paar interessante Relikte.

ZDNet.de Redaktion

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