Internetsperren: Siegfried fordert den #Kauderstrike


CDU-Politiker Siegfried Kauder (Bild: Deutscher Bundestag / Arndt Oehmichen).

Auf Twitter gibt es einen neuen Hashtag: Unter #Kauderstrike twittern Internetnutzer, was sie vom Vorschlag des CDU-Abgeordneten und Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. Siegfried Kauder halten, eine Art Three-Strikes-Modell für erwischte Filesharer nach dem Vorbild des französischen Hadopi-Gesetzes zu schaffen. Viel Positives liest man dort nicht.

Streng genommen ist es gar kein Three-Strikes-Modell, was Kauder vorschlägt. Denn bereits nach einer Warnung soll der Internetanschluss für „einige Wochen“ gesperrt werden. In Frankreich gibt es zunächst zwei Verwarnungen.

Die Aufregung ist groß: Angefangen vom Koalitionspartner FDP bis hin zum selbst ernannten Anwalt aller Internetnutzer Markus Beckedahl mit seiner digitalen Gesellschaft wird dagegen gewettert.

Ich denke, man soll Kauder gewähren lassen. Er hat mit seinem Vorstoß nicht den Hauch einer Chance. Verfassungsrechtlich kann man ein solches Gesetz ohnehin nicht verantworten. Bei Urheberrechtsverletzungen durch Musiktausch lässt sich strafrechtlich niemand zur Verantwortung ziehen, da nicht der „Täter“, sondern nur der Anschluss ermittelt werden kann.

Es bleibt ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadenersatz, der fast immer vom Anschlussinhaber als „Störer“ gemäß § 1004 BGB zu leisten ist. Allein das ist hoch umstritten. Hinzu kommt eine Rechtsprechung, die allen Ernstes ein gewerbliches Ausmaß erreicht sieht, wenn ein Internetnutzer nur ein einziges Musikalbum zum Tausch anbietet.

Die Sperre eines Internetanschlusses per Gesetz ist allerdings eine strafrechtliche Maßnahme, die zudem mindestens das Grundrecht auf Informationsfreiheit einschränkt. Wird der Anschluss auch zum Bloggen verwendet, dann erfolgt auch eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit. Eine solche Maßnahme kann man kaum wegen eines zivilrechtlichen Anspruchs verhängen. Das wäre eine Ermächtigung zur Selbstjustiz seitens der Rechteinhaber, die nicht einmal den Täter, sondern den Anschlussinhaber und alle Mitbenutzer trifft. So etwas ist einem Rechtsstaat völlig absurd.

Kauder dürfte mit seinem Vorschlag nicht einmal in der eigenen Partei auf uneingeschränkte Gegenliebe stoßen. Sein Fraktionskollege Peter Tauber kommentierte gegenüber der Zeit: „Eine Sperrung des Internetzugangs würde ich als Beschneidung von Grundrechten verstehen. Das ist inakzeptabel.“ Tauber gehört zu den Abgeordneten in der Union, die sich etwas differenzierter mit dem Internet auseinandersetzen.

In seinem Blog „Schwarzer Peter“ sprach er sich jüngst gegen den Klarnamenzwang aus. Auch die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär geht zunehmend auf Distanz zur Internetausdrucker-Fraktion in ihrer Partei. Immer öfter liest man ihren Namen bei Netzthemen zusammen mit dem Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz, ganz in der „Pizza-Connection-Tradition„.

Am Ende bleiben also nur Kauders Verdienste um die Wählergunst. Die Piratenpartei hätte nämlich allen Grund, ihm das goldene Parteiabzeichen zu verleihen. Mit seinen Forderungen, die sogar von der UNO gerügt werden, treibt er nicht nur junge Wähler weg von der Union direkt in die Arme der Partei, die jüngst in Berlin die Fünf-Prozent-Hürde mit Bravour übersprungen hat. Die kann im Endeffekt nur sagen: „Danke Siggi“.

ZDNet.de Redaktion

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