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Apple iPhone 4S: mehr funktional als innovativ

Mit dem iPhone 4S hat Apple gestern ein in vielen Bereichen verbessertes Smartphone vorgestellt. Das unveränderte Gehäuse sorgte allerdings für große Enttäuschung unter vielen Anhängern der Firma, was ein wenig verwundert: Schließlich wurde auch das Ur-iPhone zwei Mal mit kaum verändertem Formfaktor aktualisiert (3G, 3GS). Erst mit dem iPhone 4 hat Apple ein anderes Design eingeführt. Da dieses in optischer wie in haptischer Sicht zu den Spitzenvertretern im Smartphonebereich gehört, war eine Änderung nicht unbedingt nötig.

Die Neuerungen beschränken sich somit im Wesentlichen auf das Innere des Geräts. Mit dem Dual-Core-Chip A5, der auch schon im iPad 2 Verwendung findet, erhöht Apple die Rechenleistung beim iPhone 4S um das Doppelte im Vergleich zum Vorgängermodell. Die Grafikleistung steigt sogar um den Faktor sieben, sodass die Demonstration des grafikintensiven Spiels Infinity Blade 2 von Epic das 4S vor keine größeren Herausforderung stellte.

Schon bisher zählt die iPhone-Kamera zu den besten ihrer Klasse. Für das iPhone 4S hat Apple die Fototechnik noch einmal gründlich überarbeitet. Die Digitalkamera arbeitet mit einem rückseitig belichteten 8-Megapixel-Sensor (iPhone 4: 5 Megapixel) sowie einer Linse mit fünf Elementen und einer größeren f/2,4-Blende. Damit soll die Kamera 73 Prozent lichtempfindlicher als die des Vorgängermodells im iPhone 4 sein und 30 Prozent schärfere Fotos aufnehmen. Außerdem wurden Weißabgleich und Farbgenauigkeit durch einen Hybrid-Infrarotfilter verbessert.

Neu ist die Gesichtserkennung und reduzierte Bewegungsunschärfe, die im Zusammenspiel mit dem A5-Prozessor erfolgt. Zudem hat die Geschwindigkeit zugelegt. Bereits nach 1,1 Sekunden ist das erste Bild im Kasten. Weitere Bilder folgen im Abstand von einer halben Sekunde. Damit lässt das iPhone 4S die Konkurrenz weit hinter sich. Die Bildauflösung beträgt maximal 3264 x 2448 Pixel (4:3-Format). Ob auch ein 16:9-Format darunter ist, das besonders für die Präsentation auf einem Flachbild-TV geeignet ist, müssen erste Tests zeigen. Die technischen Daten der Frontkamera, die für Videotelefonie zur Verfügung steht, hat sich indes nichts geändert. Sie löst weiterhin nur mit VGA-Qualität auf.

Dafür sorgt der neue Sensor für eine Verbesserung bei der Aufnahme von Videos. Erstmals nimmt das iPhone Filme mit einer Auflösung von 1920 x 1080p (Full-HD) auf. Ein Bildstabilisator soll dabei vor Verwacklungen schützen. Man darf gespannt auf erste Tests sein.


Sprachassistent Siri

Die wichtigste Innovation des neuen Geräts dürfte aber die bisher weitgehend geheim gehaltene Sprachsteuerung Siri sein, benannt nach der App und dem gleichnamigen Unternehmen, das Apple im April 2010 übernahm. Apple nennt sie einen „ergebenen persönlichen Assistenten“, der auf alltägliche Spracheingaben reagiert, ohne dafür ein bestimmtes Vokabular einüben zu müssen. Mit Siri („Dein Wunsch ist ihm Befehl“) versucht Apple Googles Android einzuholen oder sogar zu überholen, das schon länger über eine ausgefeilte Sprachsteuerung verfügt.

Apples Marketingchef Phil Schiller führte es auf der Bühne vor mit der Frage nach dem Wetter, die das iPhone 4S dazu brachte, das Wetter in San Francisco darzustellen. Auch die Frage nach der aktuellen Uhrzeit in Paris wurde richtig beantwortet. Apple bewirbt Siri mit weiteren Fähigkeiten wie Termine eintragen, den Wecker stellen, Erinnerungen einrichten. Es soll zudem fast alle im iPhone 4S integrierten Apps ansprechen und im Internet nach Informationen suchen, E-Mails vorlesen, sich diktieren lassen sowie versenden. Im Vorfeld wurde viel über Siri als eine Verbindung von Künstlicher Intelligenz, Spracheingabe und iPhone spekuliert. Die „intelligente Sprachsteuerung“ ist exklusiv für das neue iPhone 4S verfügbar. Siri kann von Anfang an Englisch, Deutsch sowie Französisch, weitere Sprachen sollen folgen.

Auch in Sachen Funkausstattung hat sich einiges getan. Wie vermutet gibt es nur noch eine Version des Apple-Handys, die sowohl in amerikanischen CDMA- als auch in GSM-Netzen funktioniert. Das iPhone 4S kann Daten bei geeigneter Netzversorgung mit 14,4 MBit/s doppelt so schnell herunterladen wie das iPhone 4 (7,2 MBit/s). Der Upstream hat sich nicht verändert und beträgt weiterhin 5,8 MBit/s. Der Akku reicht laut Apple für acht Stunden Sprechzeit (3G). Sechs Stunden soll man damit über UMTS und neun Stunden über WLAN surfen können. Die Standby-Zeit verkürzt sich – sofern das kein Tippfehler auf der Apple-Website ist – allerdings von 300 Stunden beim iPhone 4 auf 200 Stunden beim iPhone 4S. Etwaige Verbindungsabbrüche und schlechter Empfang, die kurz nach der Vorstellung des iPhone 4 von sich Reden machten, sollen dank der überarbeiteten Empfangstechnik, die automatisch zwischen zwei integrierten Antennen umschaltet, der Vergangenheit angehören und zudem für eine verbesserte Sprachqualität sorgen.

Kampfansage Richtung Android: iPhone 3GS für 369 Euro

Apple hat im Zuge der Vorstellung des iPhone 4S kaum einen Satz zur neuen Preisgestaltung von iPhone 4 und iPhone 3GS verloren. Die Tatsache, dass neben dem neuen Flaggschiff zwei weitere iPhones zu vergünstigten Konditionen verfügbar sind, könnte allerdings den steigenden Marktanteil von Smartphones mit dem Google-Betriebssystem – einige Modelle sind bereits ab 100 Euro verfügbar – bremsen. Der Einstieg in die iPhone-Welt war noch nie so günstig: Apple hat den Preis für das iPhone 3GS ohne Mobilfunkvertrag von 519 auf 369 Euro gesenkt. Den Preispunkt von 519 Euro nimmt das neue iPhone 4 mit 8 GByte ein. Für das Spitzenmodell 4S sind mindestens 629 Euro fällig.
Damit gibt es zwar immer noch kein iPhone für 100 Euro, doch im mittleren Preissegment könnte das 3GS für einige Umwälzungen sorgen. Zwar kann man die Kamera in dem Modell vergessen und es auch nicht für 3D-Spiele nutzen, doch genügend Performance für iOS 5 inklusive Cloudanbindung bietet es allemal.

Fazit

Apple hat das Design des iPhone 4S nicht verändert und verzichtet damit auch auf ein größeres Display. Stattdessen standen bei der Entwicklung offenbar Verbesserungen in zentralen Technikbereichen im Fokus. Das veränderte Antennensystem dürfte nun endgültig die Kritik an Verbindungsabbrüchen, schlechter Empfangs- und Sprachqualität verstummen lassen. Die stark verbesserte Leistung von Prozessor, Grafikchip und Fotosensor nutzt der Hersteller um einerseits Sprachsteuerung auf ein neues Level zu heben, das iPhone spieletauglich zu machen und andererseits, langsam aber sicher die Meinung zu widerlegen, wonach Smartphone-Kameras keine qualitativ hochwertigen Fotos aufnehmen können.

Der fehlende Support in Sachen LTE und NFC dürfte derzeit wegen mangelnder Relevanz hingegen nur wenige stören. Die Unterstützung dieser Technologien sowie ein verändertes Gehäusedesign inklusive größerem Display bleiben somit auf der Wunschliste für das iPhone 5.

ZDNet.de Redaktion

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