Rund 10,5 Prozent des deutschen Jahresstromverbrauchs gehen zu Lasten der Informations- und Kommunikationstechnik – Tendenz steigend. Wie die Studie „Roadmap Ressourceneffiziente-Computerlösungen 2020“ des Borderstep Instituts für Innovationen und Nachhaltigkeit zeigt, haben die Endgeräte den Löwenanteil am IKT-Stromverbrauch. Insbesondere die 26,5 Millionen Arbeitsplatzcomputer fallen ins Gewicht.
Sie allein verbrauchen in Deutschland derzeit pro Jahr rund 3,9 TWh an Strom. Das ist mehr, als ein großes Kohlekraftwerk in einem Jahr produzieren kann. Zusammen mit der Energie, die zur Herstellung der Geräte notwendig ist, ergibt sich ein Primärenergiebedarf durch die Arbeitsplatzcomputer von 13,2 TWh. Diese riesige Energiemenge verteilt sich derzeit zu 50 Prozent auf PCs, 41 Prozent auf Notebooks, acht Prozent Thin Clients und ein Prozent Mini-PCs.
Thin Clients sind das Potenzial
Mit Blick auf stationäre Computerarbeitsplätze deuten alle bislang vorliegenden Informationen nach Meinung der Autoren der Studie darauf hin, dass Thin Clients und serverbasiertes Computing klare ökologische Vorteile gegenüber dem klassischen PC haben. Klar fundiert sei die bessere Energieeffizienz der Thin Clients und des serverbasierten Computings. Während ein PC ohne Monitor jährlich einen kumulierten Primärenergieverbrauch von zirka 700 Kilowattstunden (kWh) hat, liegen Notebooks, Mini-PCs und Thin Clients bei etwa der Hälfte.
Bis zum Jahr 2020 wird der Bestand von Arbeitspatzcomputern auf rund 37,5 Millionen Geräte anwachsen. Trotzdem immer mehr energieeffiziente Geräte auf den Markt kommen, führe ein weiterhin hoher Einsatz von PCs dazu, dass der Energieverbrauch auch künftig ansteigt. Würden Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen verstärkt auf Notebooks, Thin Clients und Mini-PCs setzen, die für den überwiegenden Teil aller Office-Anwendungen völlig ausreichen, könnten sie dazu beitragen, erheblich Energie und Material einzusparen.
Bei den Kosten schneiden Thin Clients und serverbasiertes Computing ebenfalls besser ab. 45 Prozent der Gesamtkosten gehen zu Lasten der Administration. Durch Server-Based-Computing ließen sich rund 25 Prozent einsparen. Notebooks seien im Energieverbrauch zwar günstiger, doch die mobile Nutzung hat ihren Preis: Bei der Hardware sind die Kosten höher als bei PCs und Thin Clients und die Nutzungsdauer beträgt nur vier Jahre.
Das Ziel – so die Studie – müsse aus diesen Gründen ein Strukturwandel bis 2020 sein. Die Autoren fordern einen Leitmarkt für „Green Office Computing“, in dem Thin Clients und serverbasiertes Computing die Hauptrolle spielen.
21 Euro pro Jahr und Arbeitsplatz
Auch wenn die Ausgaben für Strom nur ein kleiner Posten in den Gesamtausgaben pro Arbeitsplatz sind, hat ihr Anteil in den vergangenen Jahren doch stetig zugenommen. Voraussichtlich wird der Strompreis auch in Zukunft weiter steigen, so dass IT-Entscheider diesen Aspekt bei der Beschaffung berücksichtigen sollten. Ein Vergleichsrechnung macht den Unterschied deutlich.
Der Stromverbrauch eines durchschnittlichen PCs liegt bei 576 kWh. Setzt man am gleichen Arbeitsplatz einen funktionell vergleichbaren Mini-PC ein, verringert sich der Stromverbrauch auf fast die Hälfte. Die Verwendung eines durchschnittlichen Notebooks (276 kWh) beziehungsweise der Einsatz von Thin Client und serverbasiertem Computing ist laut Borderstep sogar noch stromsparender. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen PC lassen sich also über 100 kWh pro Computerarbeitsplatz einsparen. Bei einem Gewerbestrompreis von 20 Cent im Jahr 2012 und 22 Cent im Jahr 2013 und 2014 können die Unternehmen – so die Rechnung – pro Arbeitsplatz rund 21 Euro im Jahr einsparen.
Hindernisse und Vorurteile
Der Umsetzung eines Leitmarkts für Green Office Computing stehen jedoch einige Hindernisse im Wege. Schuld daran sind – so die Studie – nicht allein die Unternehmen, denen oftmals der Mut fehle, neue Wege zu gehen. Es sind nicht zuletzt auch die Hersteller selbst, die ihre Kunden nur mangelhaft informieren. Zudem fördert das Marketing für klassische PCs einige Vorurteile. Besonders ausschlaggebend sei dabei oft die fehlende Klarheit bei den Entscheidern bezüglich der Kostensenkungseffekte.
Die Einführung von Thin Clients oder serverbasiertem Computing ist mit Änderungen an vielen Arbeitsplätzen verbunden. Weder Vorteile noch wirkliche Nachteile seien aber den Mitarbeitern explizit bekannt, so dass bei ihnen möglicherweise Unsicherheit entsteht.
In Bezug auf die Hardware kursiere immer noch die Meinung, Grafik- und Medialeistung von Thin Clients und serverbasiertem Computing seien schlecht. Diese ist nach Meinung der Autoren bei den Geräten der jüngsten Generation nicht mehr der Fall. Auch Spezialsoftware gelte immer noch als ungeeignet für Terminalserver. Mit Desktopvirtualisierung ließe sich dieses Problem mittlerweile überwinden. Außerdem überfordere die komplexe Technologie viele Administratoren. Trotz deutlich zunehmender Kompetenz in diesem Bereich seien immer noch viele Systemhäuser nicht mit der Technologie vertraut. Und schließlich fehle es ihnen an qualifiziertem Personal. Auch dadurch werden Unsicherheiten der Entscheider in Anwendungsunternehmen deutlich verstärkt.
Mit und ohne: ein Vergleich
Die Studie vergleicht ein Business-as-usual- und ein Green-IT-Szenario für das Jahr 2020. Beide Annahmen basieren auf einer Delphi-Befragung vom Dezember 2009 bis März 2010, die Einflussfaktoren bei Computerendgeräten wie Bestands- und Marktzahlen, Leistungsaufnahme, Gewicht und Nutzungsdauer, Formen der Softwarebereitstellung sowie umweltrelevante Kennzahlen bei Servern und Rechenzentren berücksichtigt.
Leitfrage der Szenarien ist, wie sich der Energie- und Materialeinsatz arbeitsplatzbezogener Computerlösungen in Deutschland bis 2020 entwickeln wird.
Die beiden Szenarien unterscheiden sich durch eine Roadmap für einen Leitmarkt Green Office Computing. Darin beschreiben die Autoren die Vorgehensweise, um den Anteil von energie- und materialeffizienten Lösungen von heute 50 Prozent auf über 60 Prozent 2013 und 85 Prozent im Jahr 2020 zu erhöhen. Die Roadmap sieht auch vor, dass der durchschnittliche Primärenergieaufwand von heute 500 kWh pro Jahr auf 400 kWh 2013 und 200 kWh in 2020 sinkt und das durchschnittliche Produktgewicht von heute 5,2 Kilogramm um 20 Prozent bis 2013 und um mindestens 50 Prozent bis 2020 abnimmt.
Während in einem Business-as-usual Szenario der jährliche kumulierte Energiebedarf aller in Deutschland eingesetzten Arbeitplatzcomputer von 13.236 Gigawattstunden (GWh) 2010 auf 11.985 GWh nur leicht sinken würde, ermöglicht die Umsetzung der Roadmap eine erhebliche Energieeinsparung. Im Green-IT-Szenario sinkt der jährliche Energieverbrauch zwischen 2010 und 2020 um rund 45 Prozent. Die jährliche Primäreinsparung durch die Umsetzung der Roadmap-Maßnahmen beläuft sich im Jahr 2013 auf 2006 GWh und beträgt im Jahr 2020 dann 4852 GWh.
Betrachtet man den Stromverbrauch der Endgeräte und Server im Jahr 2020, so reduziert sich dieser durch die Roadmap-Maßnahmen von 3967 GWh auf 2137 GWh. Summiert man die jährlichen Einsparungen der Primäreinergiemengen ergibt sich ein reduzierter Stromverbrauch von vier TWh im Jahr 2013 und 30 TWh bis 2020. In Zahlen: Unternehmen würden damit bis 2020 2,75 Milliarden Euro sparen. Auch für den Klimaschutz soll sich die Roadmap auszahlen: Bis zum Jahr 2020 sollen sich in Deutschland rund 5,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen lassen. Aber das nur nebenbei bemerkt.
Im Einzelfall kann das so aussehen. Das Systemhaus der Sparkassenorganisation – so ein Fallbeispiel der Studie – hat derzeit 142.000 Thin Clients installiert, weitere 60.000 sollen im Laufe dieses Jahres folgen. Nach Angaben der Projektpartner lassen sich mit der neuen Struktur allein die Energiekosten um rund 33 Euro pro Arbeitsplatz und Jahr reduzieren. Was zunächst nach nicht viel klingt, lohnt sich in der Masse: Bei den gut 200.000 Arbeitsplätzen kommen pro Jahr fast 6,7 Millionen Euro zusammen.
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