Dabei sein ist alles – das Athleten-Motto für Olympische Spiele gilt nicht für die, die sich um die Technik rund um die Veranstaltung kümmern. Denn anders als andere IT-Großprojekte haben die technischen Aufwärmübungen für Olympia ein fixes Ende: „Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Systeme ist in Stein gemeißelt“, sagt Michèle Hyron.
Sie ist die Chef-Integratorin beim IT-Dienstleister Atos für Olympia 2012 in London und sie weiß: „Die Eröffnungsfeier wird von Milliarden Menschen weltweit verfolgt und nicht verschoben, nur weil die IT-Infrastruktur nicht steht.“ Diese Infrastruktur würde auch einem Großkonzern gut zu Gesicht stehen: 200.000 Mitarbeiter, 900 Server, 9500 Endgeräte wie Notebooks und PCs sowie vier Milliarden Kunden.
All das müssen die Techniker rund um die Uhr betriebsbereit halten – um alles dann nach nur 16 Tagen wieder abzuwickeln. Laut Hyron kommt der olympische Technikaufwand sechs Finalpartien der Fußball-Champions-League gleich – sofern diese am selben Tag und jeweils 14 Tage in Folge ausgetragen würden.
Um auf den Punkt bereit zu sein, beginnt die Planung schon Jahre vor der Eröffnung. Knapp 18 Monate vor dem Entzünden der olympischen Flamme starteten intensive Tests der ganzen Ausrüstung. Insgesamt über 200.000 Mannstunden verwenden die Technikpartner des Internationalen Olympischen Komitees allein auf diese Tests. Während der Spiele wird das IT-Team auf 3500 Mitarbeiter anwachsen.
Die Technikmannschaft, angeführt von CIO Gerry Pennell, testet seit Herbst 2010 zusammen mit den Atos-Kollegen sämtliches Equipment nicht nur in einem Testlabor, sondern an den späteren Originalschauplätzen. Insgesamt 42 Test-Events werden im Rahmen von „London Prepares“ veranstaltet, 17 wurden bis Mitte Oktober 2011 erfolgreich absolviert.
Insgesamt mehr als 4200 Kilometer Telefon-, Netzwerk -und andere Kabel zur Kommunikation werden eigens für die Spiele verlegt. Ein Teil davon wird vom Olympia-Park auch zum neuen Rechenzentrum führen. „Wir werden unser Rechenzentrum für die Spiele 2012 im Osten Londons unterbringen. Wo genau, geben wir aus Sicherheitsgründen nicht bekannt“, erklärt Pennell.
Generell ist man beim Organisationskomitee eher zugeknöpft, wenn es um IT-Sicherheit geht. „Bis zu 12 Millionen IT-Sicherheitsereignisse registrieren unsere Sicherheitssysteme pro Wettkampftag“, führt Michèle Hyron aus, die schon bei der Organisation der Spiele in Peking und Athen Erfahrungen sammeln konnte.
Zu diesen Vorfällen gehört vergleichsweise Harmloses wie der Versuch von Journalisten, die im Medienzentrum aufgebauten PCs auszustöpseln, um ein mitgebrachtes Notebook ins Netz zu hängen. Ergebnis: Das Sicherheitssystem sofort schlägt Alarm. Geht es hingegen um die Handvoll Ereignisse, die die IT-Sicherheitsspezialisten wirklich hochschrecken lässt, verfallen die Verantwortlichen genauso ins Schweigen wie bei Fragen nach Lieferanten der eingesetzten Hard- und Software. Geheimniskrämerei auf olympischem Niveau.
Auf die zahlreichen schlagzeilenträchtigen Hacks der vergangenen Wochen – etwa bei Sony, dem IWF, RSA und Lockheed – angesprochen, zeigt sich Hyron gelassen: „Die bei diesen Attacken jeweils verwendeten Angriffsvektoren wie SQL-Injections sind nichts Neues. Von daher sehen wir keinen Bedarf, noch größeren Fokus auf IT-Sicherheit zu legen, als wir es ohnehin tun.“
Unterstützung für TV-Kommentatoren
Dank vollvernetzter Spiele können die Organisatoren den 20.000 Medienvertretern vor Ort ein High-Tech-Informationssystem bieten, das auf den Namen CIS (Commentator Information System) hört. „CIS versorgt beispielsweise die TV-Kommentatoren mit sämtlichen Wettkampfergebnissen. Und zwar nur einen Wimpernschlag, nachdem die Messapparaturen in den Arenen die Resultate erfasst haben. Damit ist CIS schneller als der Jubel der Zuschauer vor Ort vorbei ist“, sagt Technik-Chef Pennell.
Bei den Sommerspielen 2012 wird das System erstmals durch Fingerzeig auf Touchscreens bedient. Das System hat Hintergrundinfos über die Sportler parat und liefert auch zur jeweiligen Sportart passende Statistiken.
Verantwortliche wie Michèle Hyron hassen Überraschungen. Daher kommen ausschließlich erprobte Produkte zum Einsatz. Dazu gehört inzwischen auch Windows 7, das 2012 seine Olympia-Premiere feiern wird. Auch Server-Virtualisierung wird erstmals in London eingesetzt. Cloud-Dienste hingegen erfüllen die Ansprüche der Technikverantwortlichen noch nicht.
Großen Aufwand betreiben die Macher auch beim eigentlichen Aufbau der Netzwerke. So gibt es ein abgeschottetes Netzsegment, das keinerlei Schnittpunkte mit dem Internet hat. In diesem inneren Netz arbeiten alle Maschinen, die mit dem Erfassen und Verarbeiten der Wettkampfresultate betraut sind. Datentransfers sind nur aus diesem Netz heraus möglich, in Richtung des übrigen Olympia-Netzwerkes. So sollen Manipulationen per Internet oder aus dem olympischen Netz heraus unmöglich werden. Vor DoS-Attacken hat Pennell keine Furcht, da während der Spiele nur Informationen verbreitet werden aber kaum welche aus dem Web ins interne Netz fließen.
Herz und Hirn des Netzwerks
Überwacht wird das komplette Technikkonstrukt aus dem sogenannten Technical Operation Center (TOC). Techniker bemannen das TOC, dessen genaue Position ebenfalls nicht verraten werden soll, bereits seit Mitte Oktober 2011. Das Center erinnert entfernt an die Kontrollräume von Weltraummissionen: In langen Tischreihen sitzen Experten vor einer Batterie aus Flachbildschirmen, vor ihnen an der Wand große Projektionen mit weiteren Informationen über den Zustand der kompletten Technikinfrastruktur.
Doch nicht nur die eigene Technik behalten die jeweils 180 Spezialisten pro Schicht im TOC im Auge. Auch Faktoren wie der öffentliche Nahverkehr vor Ort, das Wetter und andere für den reibungslosen Ablauf wichtige Parameter werden ständig überwacht.
Trotz langer Testphasen, gründlicher Vorbereitung und genauem Überwachen wurden die IT-Profis während der Winterspiele 2006 in Salt Lake City von einem Ereignis überrascht, dass keiner voraussah: Im Eiskunstlauf wurde sowohl dem russischen als auch dem kanadischen Paar eine Goldmedaille verliehen. Hinter den Kulissen mussten die Techniker von Atos binnen Sekunden reagieren, um das ungewöhnliche Ergebnis erfassen zu können. Seither ist auch dieses Szenario Teil der zu absolvierenden Prüfungen.
Das gleiche gilt für die intern unter dem Namen „Rasenmäher-Test“ laufende Prüfung: Ein Gärtner durchtrennte 2008 unmittelbar vor Eröffnung der Spiele in Peking mit seinem Arbeitsgerät ein wichtiges Netzwerkkabel. Auch auf diesen Störfall bereiten sich die IT-Experten jetzt vor. Ob man wirklich ein Kabel durchschneidet oder lediglich den Stecker zieht, wollten die Atos-Mitarbeiter aber nicht verraten.
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