Sapphire: SAP bringt die Datenanalyse in Schwung

Die Anbieter, die derzeit das Geschehen in der IT-Branche bestimmen, sind auch das Vorbild für den Geschäftssoftware-Riesen. So einfach wie Apple und so schnell wie Google sei SAP mittlerweile, zitierte Co-CEO Jim Hagemann Snabe einen Anwender auf der Sapphire in Madrid. In Sachen Geschwindigkeit will SAP vor allem mit In-Memory-Technologie punkten. Diese stand besonders im Fokus der Veranstaltung.

Wie bereits angekündigt, können Anwender das Netweaver Business Warehouse jetzt mit SAPs Analytic-Appliance HANA nutzen. Die In-Memory-Technologie, mit der die Appliance arbeitet, soll die Datenanalyse laut Snabe um ein Vielfaches beschleunigen. Der Grund: Informationen müssten für die Analyse nicht mehr voraggregiert werden, wie dies beim Einsatz von traditionellen Datenbanken sonst der Fall ist. Zudem würde die Administration der IT-Landschaft vereinfacht, weil insgesamt weniger Daten vorgehalten werden müssen. „Das senkt die IT-Kosten deutlich“, so Snabe.


„So einfach wie Apple und so schnell wie Google“, ist SAP laut Co-CEO Jim Hageman Snabe inzwischen (Bild: SAP).

Erste Kunden gibt es auch schon: Der österreichische Getränkehersteller Red Bull wertet auf Basis von HANA die Vertriebsdaten seiner weltweiten Niederlassungen aus. Seit Einsatz der SAP-Technologie konnte das Unternehmen die Größe der Datenbank um 80 Prozent reduzieren – von 1,5 Terabyte auf 250 bis 300 Gigabyte.

Ein Beispiel, wie HANA Analysevorgänge in Schwung bringt, gibt Udo Patzelt, Head of Requirements bei AOK Systems, der IT-Tochter der AOK. Die Krankenkasse hat HANA in einer Niederlassung installiert, um den Einsatz der In-Memory-Technik zu testen. „Wir müssen pro Jahr etwa 370 Millionen Behandlungsdaten und 400 Millionen Rezepte verarbeiten“, schildert Patzelt. „Das ist ein eigentlich ein großer Informationsschatz, aus dem sich viele Erkenntnisse gewinnen lassen, wenn man die Daten auswertet.“

Diesen Schatz hebt die AOK mit HANA. Eines der Ergebnisse: Dank der Lösung lassen sich Analysen, die vorher 150 Stunden gedauert haben, nun innerhalb von 20 Minuten durchführen. Laut SAP-CTO Vishal Sikka gibt es Anwender, die die Abfrage von Ergebnissen dank HANA sogar um den Faktor 1000 bis 10.000 beschleunigen konnten.

Aufgrund solcher Zahlen soll HANA laut Patzelt in allen AOKs installiert werden. Das große Ziel sei es, künftig sowohl analytische als auch operative Informationen in der SAP-Lösungzu halten und so die Grenze zwischen diesen Bereichen zu überwinden. „Wir brauchen solche Lösungen“, so der IT-Experte. „Mit Abfragezeiten von 150 Stunden lässt sich Data Mining nicht wirklich umsetzen.“ Bisher verwendet die AOK Datenbanklösungen von IBM und Oracle für ihr Business Warehousing. Diese sollen komplett durch HANA ersetzt werden.

Aufgrund solcher Beispiele werden SAPs Konkurrenten die Aktivitäten der Walldorfer sehr aufmerksam beobachten. Oracle wird wohl besonders gut hinschauen: Schließlich ist das Geschäft mit relationalen Datenbanken noch immer die Kernkompetenz des US-Anbieters.


„In-Memory-Technologie ist die Zukunft“, sagt Technikvorstand Vishal Sikka (Bild: SAP)

Wettbewerber SAP hat jedoch noch viel vor. „In-Memory-Technologie ist die Zukunft“, sagt Technikvorstand Vishal Sikka. Die Walldorfer planen daher, die gesamte Produktpalette mit HANA-Technik zu unterstützen. Zusätzlich sollen viele verschiedene Anwendungen entwickelt werden, die auf der Appliance aufsetzen. So stellte Snabe auf der Sapphire den Customer Segmentation Accelerator auf Basis von HANA vor. Anwender von SAPs CRM-Lösung können damit ihre Kundendaten nach Parametern wie Nachfrage, Kundenverhalten oder Präferenzen untersuchen, um zum Beispiel maßgeschneiderte Kampagnen umzusetzen. Weitere – auch branchenspezifische – Applikationen sollen folgen. „HANA für alle, das ist unser Ziel“, sagt Snabe.

Dies schließt offenbar auch kleine Unternehmen ein. Im kommenden Jahr wird es möglich sein, die kleinste SAP-Lösung Business One mit der HANA-Appliance zu nutzen, wie Friedrich Neumeyer verriet, der für das globale Partnergeschäft bei SAP zuständig ist.

Das Engagement in der In-Memory-Technik könnte allerdings auch einen SAP-internen Konkurrenzkampf entfachen. Schließlich haben die Walldorfer mit Sybase IQ bereits eine Datenbank für Business Intelligence und Business Warehousing im Portfolio. Sie arbeitet wie HANA spaltenorientiert, aber ohne In-Memory-Technik. Probleme sieht Snabe deswegen jedoch nicht. „Wir werden beide Produkte fortführen“, so der Co-CEO. Es gebe keine Pläne, sie zu einem zu verschmelzen.

„Unser App-Store heißt SAP-Store“


„Unser App-Store heißt SAP-Store“, verkündete Co-CEO Jim Hageman Snabe in Madrid (Bild: SAP).

Eine Rolle spielt Sybase-Technologie auch auf einem anderen Feld, das SAP zur Zeit eifrig beackert. Mit der Sybase Unwired Platform bietet SAP Unternehmen eine Lösung an, um mobile Anwendungen zu nutzen. Um die entsprechenden Apps anzubieten, orientiert sich der Softwarehersteller an einem Modell, das bei Privatnutzern bereits lange erfolgreich angewandt wird. „Unser App-Store heißt SAP-Store.“ Mit diesen Worten stellte Snabe in Madrid den neuen Onlineshop vor. Firmen können sich dort die mobilen Applikationen herunterladen.

Der SAP-Store ist über eine Website sowie als Mobilversion auf iOS zugänglich. Die Unterstützung weiterer Betriebssysteme wie Android und Blackberry soll folgen. Für die Apps wird es keine neuen Preis- und Lizenzmodelle geben. Stattdessen werden die Modelle übernommen, die auch für die sonstigen SAP-Lösungen gelten. Die Mehrzahl der mobilen Programme soll von Partnern kommen. SAP plant, dass deren Anteil bis Ende des kommenden Jahres bei 80 Prozent liegt. Bis jetzt haben laut Snabe bereits 200 Partner mobile Anwendungen entwickelt.

Zu den verfügbaren Apps im Online-Store gesellen sich aber zunächst weitere von SAP. Dazu zählt etwa die auf den Einsatz im Gesundheitswesen zugeschnittene Anwendung Electronic Medical Record. Über ein Mobilgerät haben Ärzte und Pflegepersonal damit Zugriff auf relevante Pflegedaten. Informationen wie Laborbefunde, Röntgenbilder oder Diagnosen sind somit überall verfügbar – zum Beispiel bei der Visite.

Bei der Berliner Charité ist die Applikation seit Oktober im Einsatz. Die Mediziner nutzen dort iPads, um sich die Patienteninformationen anzeigen zu lassen. Die Daten werden aus SAP- und Dritt-Systemen extrahiert und an das Mobilgerät gesendet. „Wir konnten die Lösung innerhalb von fünf Monaten umsetzen“, berichtet Martin Peuker, CIO der Charité. Die Erfahrungen seien insgesamt positiv. Die Nutzer berichteten, dass sie dank der Lösung mehr Zeit für die Patienten hätten. „Mobilität ist die Zukunft im Gesundheitswesen“, so Peuker. Bei der Charité sollen künftig auch mobile Anwendungen und In-Memory miteinander kombiniert werden. Laut Peuker will die Klinik HANA nutzen, um große Datenmengen zu verarbeiten und diese der Forschungsabteilung in Echtzeit zur Verfügung zu stellen.

Neben der App für Kliniken hat SAP eine Anwendung für die öffentliche Verwaltung entwickelt. Mit der Citizen Connect können Bürger zum Beispiel Schäden oder Störungen an die zuständige Behörde melden – inklusive Bilder und genauem Standort. Anschließend erhalten sie Statusmeldungen zum übermittelten Sachverhalt. Laut SAP trägt die App dazu bei, den entsprechenden Prozess innerhalb der Behörde zu automatisieren.

Zu den weiteren mobilen Applikationen, die jetzt im SAP-Store verfügbar sind, zählen außerdem Programme, um Außendienstmitarbeiter zu unterstützen. Field Service 2.0 etwa verschafft den Nutzern einen Überblick über alle Aktivitäten ihrer Kunden. Zudem bietet SAP Apps für die Anwender der Datenanalyse-Plattform Business Objects. Mit Business Objects Mobile haben sie über Smartphones oder Tablets Zugriff auf Business-Intelligence-Berichte, Kennzahlen und Geschäftdaten. Die App mit Strategy Management bietet Unterstützung beim Management von Projekten.

ZDNet.de Redaktion

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