SAP will die IT in Firmen mit der Cloud einfacher machen

„In den kommenden drei bis fünf Jahren wird es eine deutliche Vereinfachung in den Rechenzentren geben“, prognostiziert Vishal Sikka, Technik-Chef bei SAP. „Software wird die Basis für diese Entwicklung sein.“ Konzepte wie Cloud Computing und Virtualisierung reduzierten die Komplexität der IT-Landschaft. Insgesamt werde das Rechenzentrum der Zukunft „elastischer“ als das heutige sein, meint Sikka.

SAP will dazu seinen Teil beitragen. Die Walldorfer gelten zwar nicht gerade als Pioniere des Cloud Computing, doch sie versuchen, dieses Thema nun verstärkt anzugehen. Auf der Sapphire in Madrid wurde zum Beispiel eine engere Zusammenarbeit mit EMC und VMware angekündigt – zwei Anbietern, deren Kompetenzen in den Bereichen Private Cloud beziehungsweise Virtualisierung liegen. Die Ankündigung ist noch recht vage. Es würden Möglichkeiten untersucht, einen durchgängigen Stack anzubieten, der für den Betrieb unternehmenskritischer SAP-Anwendungen optimiert ist. Gemeinsam wollen die drei IT-Anbieter in Best-of-Breed-Anwendungen sowie Technologien für Datenbanken, Virtualisierung, Management und Informationsinfrastrukturen investieren.


„In-Memory-Technologie ist die Zukunft“, sagt Technikvorstand Vishal Sikka (Bild: SAP)

Gemeint ist damit: Unternehmen sollen es künftig leichter haben, SAP-Applikationen in einer Private Cloud oder einer virtualisierten Umgebung zu betreiben. Durch die Zusammenarbeit von SAP, EMC und VMware sollen Firmen zudem schneller den Weg in die hybride Cloud finden – also der Kombination aus Private und Public Cloud.

Das SAP-eigene Angebot für die Public Cloud ist dagegen noch immer keine ungetrübte Erfolgsstory. Derzeit nutzen 700 Firmen die webbasierte Softwarelösung Business By Design. Bis Ende des Jahres soll diese Zahl immerhin bei 1000 liegen. Um die Verbreitung voran zu treiben, geht SAP verstärkt die Tochterunternehmen von Konzernen als Kundengruppe an. Dort existieren in der Regel ähnliche Strukturen wie bei mittelständischen Firmen, auf die Business By Design zugeschnitten ist.

Der neue geschaffene SAP-Store soll als Online-Vertriebskanal mithelfen, die Attraktivität von Business By Design zu erhöhen. Firmen können dort zusätzliche Werkzeuge für die Cloud-Lösung erwerben. Dazu zählen etwa Integrationsservices und Add-ons sowie Berichtsvorlagen, Mashups und Apps.

SAP wolle verstärkt Partner dazu ermutigen, Anwendungen für Business By Design zu entwickeln und diese im Online-Store zur Verfügung zu stellen, berichtet Friedrich Neumeyer, der für das globale Partnergeschäft bei SAP zuständig ist. „Aufgrund seiner geringen Komplexität eignet sich Business By Design besonders gut als Basis für Apps“, so Neumeyer.

Für die Erstellung von mobilen Applikationen bietet SAP seinen Partnern die Entwicklungsumgebung Business By Design Studio. Das Entwicklungs-Tool stellt SAP als Platform-as-a-Service bereit. Derzeit lassen sich damit jedoch nur Applikationen für Mobilgeräte entwickeln, die mit Windows 7.5 arbeiten. Die Zahl der unterstützten mobilen Betriebssysteme will SAP aber laufend erweitern.

Daneben gibt es sowohl für Partner als auch Anwenderunternehmen eine Java-Entwicklungsplattform in SAPs Datenwolke. Diese will SAP unter dem Namen River ebenfalls als Platform-as-a-Service bereitstellen. Zunächst ist eine private Betaversion geplant. Mithilfe von River lassen sich Cloud-Kernanwendungen erweitern sowie neue Geschäftsapplikationen entwickeln. Berater und Geschäftssoftwareaxperte Wolfgang Martin hält die Java-Plattform für eine interessante Ankündigung, die man weiter beobachten sollte.

„Technologische Basis von River ist HANA“, erläutert Sikka. Auf die In-Memory-Appliance konzentriert sich bei SAP zur Zeit ohnehin alles: In Zukunft sollen alle Produkte mit der Technologie arbeiten können. So wird HANA auch in der Cloud angeboten – ebenfalls zunächst als private Betaversion. Die nächste Generation von SAPs Cloud-Anwendungen soll dann auf dem In-Memory-System laufen.

HANA ist damit die Basis für ein Angebot, das wohl künftig deutlich ausgebaut werden wird. „Wir wollen unseren Anwendern ein möglichst großes Spektrum an Cloud-Lösungen liefern“, erklärt Co-CEO Jim Hagemann Snabe. Die Firmen hätten die Möglichkeit, SAP komplett aus der Datenwolke zu nutzen oder nur in Teilen. „Wir stellen auch einzelne Cloud-Anwendungen zur Verfügung, die dann mit den Backend-Systemen wie der SAP Business Suite integriert sind“, so Snabe weiter.

Zu diesen Applikationen zählt die für den Einsatz im Vertrieb entwickelte Lösung Sales On Demand, die jetzt allgemein verfügbar ist. SAP gibt auch schon einen Ausblick auf die nächste Version: Diese wird sich mit dem CRM-System der Walldorfer sowie mit Partneranwendungen integrieren lassen.

Für die kommenden Monaten kündigt SAP weitere On-Demand-Lösungen an. Travel On Demand hilft bei der Planung von Geschäftsreisen. Ab Ende des Jahres sollen erste Pilotkunden damit arbeiten können. Im ersten Quartal 2012 wird die Anwendung dann allgemein verfügbar sein. Career On Demand steht für Pilotkunden ab Anfang des kommenden Jahres bereit. Die Lösung unterstützt laut SAP zahlreiche Funktionen für die Zusammenarbeit sowie die Steuerung der Mitarbeiterziele und der beruflichen Entwicklung. Die Übernahme von Success Factors geht ebenfalls in diese Richtung. Möglicherweise gibt es dann zwei Lösungen von SAP: Die von Success Factors einerseits und andererseits die selbstentwickelte als Einsteigervariante oder für kleinere Firmen.

Die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Firmen zu verbessern, ist ein weiteres Ziel, das sich SAP laut Snabe mit seinen Cloud-Services gesetzt hat. Eine der Technologien, die dabei zum Einsatz kommt, ist Crossgate. Vor kurzem hatte SAP die vollständige Übernahme des Experten für B2B-Integration bekannt gegeben. Nun ist sie abgeschlossen. Crossgate stellt eine Plattform auf Cloud-Basis zu Verfügung, über die sich Unternehmen miteinander vernetzen können – etwa um Rechnungen darüber abzuwickeln. „Crossgate ist der Verknüpfungspunkt zwischen den Unternehmen“, erklärt Snabe.

Für die Vernetzung innerhalb der Firma bietet SAP das Collaboration-Werkzeug Streamwork. Der Softwarehersteller propagiert das webbasierende System als eine Art Facebook für das Büro. Nutzer können jetzt auch Funktionen für die Datenanalyse verwenden, die in die Plattform integriert wurden.

Ob sich trotz der wachsenden Zahl von Anwendungen die Verantwortlichen in den Unternehmen von SAP-Software aus der Public Cloud überzeugen lassen, bleibt jedoch abzuwarten. Auf der einen Seite heben Anwender von Business By Design wie zum Beispiel der amerikanische Kopfhöhrer-Hersteller Skullcandy die einfache Nutzbarkeit der Lösung hervor. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Funktionen des Cloud-Systems von überall verfügbar seien.

Auch deutsche Referenzkunden loben die Lösung: Sie ihnen zählen etwa der bayerische Propellerhersteller MT-Propeller und der Edel-E-Bike-Fabrikant PG Bikes. Für ersteren war es, für die überwiegend in Einzelfertigung hergestellten Produkte den gesamten Ablauf vom Bestellwesen über
die Lagerhaltung und die Auftragsbearbeitung bis zu Rechnungswesen und Versand in einer Lösung im Blick zu haben und luftfahrttechnische Auflagen zu erfüllen. PG Bikes ging es dagegen darum, ERP-Daten immer live und aktuell im Web darzustellen, ohne sie für den Onlineshop anpassen zu müssen: Bei merh als 13 Milliarden Konfigurationsmöglichkeiten ein allzu verständlicher Wunsch.

Auf der anderen Seite gibt es noch immer viele Bedenken gegenüber der Public Cloud. Laut der Experton Group achtet etwa der deutsche Mittelstand nach wie vor darauf, die Kontrolle über seine Prozesse und Infrastrukturen zu behalten. Ein Großteil der IT-Entscheider in mittelständischen Unternehmen tendiere – neben der partiellen Nutzung von Software-as-a-Service – zu Cloud-Infrastrukturen im eigenen Unternehmen. Die Private Cloud ist auch für die Berliner Charité, einen SAP-Anwender, das bevorzugte Konzept. Laut CIO Martin Peuker sind die Compliance-Vorschriften im Gesundheitswesen besonders streng. Daher würden noch nicht einmal die Daten auf den Mobilgeräten der Mitarbeiter offline gespeichert, sondern blieben im eigenen Rechenzentrum.

ZDNet.de Redaktion

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