Im Test: Intel Pentium 4 mit 3,06 GHz und Hyperthreading


14. November 2002

Zwei Jahre nach der Vorstellung des Pentium 4 erreicht der Chip nun die doppelte Taktfrequenz. Damit nicht genug: Auch die Anzahl der logischen CPU-Einheiten hat sich verdoppelt. Zur Veranschaulichung der neuen Prozessor-Technologie von Intel zunächst ein Ausflug in ein anderes Fachgebiet: In der Psychologie versteht man unter der Existenz zweier Persönlichkeiten in einem Körper folgendes: „Die multiple Persönlichkeitsstörung ist definiert als das Existieren zweier oder mehr Persönlichkeiten oder Persönlichkeitszustände in ein und derselben Person, wobei mindestens zwei die Kontrolle über das Funktionieren des Körpers zu gegebener Zeit übernehmen. Jede Persönlichkeit kontrolliert den Körper separat und es besteht ein Gedächtnisverlust für wenigstens einige Persönlichkeiten, während andere die Kontrolle über den Körper innehaben.“ (Quelle: http://www.dissoziation.de)

Schaut man sich den neuen Pentium 4 mit Hyperthreading-Technologie an, lassen sich einige Parallelen erkennen. In der Hyperthreading-CPU existieren ebenfalls zwei „Gehirne“, die die Kontrolle über das Funktionieren des Prozessors zu gegebener Zeit übernehmen. Anders als bei der krankhaften Persönlichkeitsstörung kommt es beim Pentium 4 mit Hyperthreading allerdings nicht zu einem Gedächtnisverlust. Intel hat den Prozessor so ausgestattet, dass der eine Teil immer weiß, was der andere gerade tut und gegebenfalls seine eigenen Aktionen auf die des anderen abstimmt.


Mit Hyperthreading stehen dem Betriebssystem zwei logische Prozessoren zur Verfügung. Dadurch arbeitet der Pentium 4 effizienter. (Foto: Intel)


Anders als etwa bestimmte Server-Prozessoren von IBM, die auf einer Chipfläche physikalisch zwei identische CPU-Kerne enthalten, hat Intel dem Pentium 4 lediglich winzige Erweiterungen (5 Prozent größere Chipfläche als bisheriger Pentium 4-Prozessor ohne Hyperthreading) spendiert, die dem Betriebssystem zwei logische Prozessoren signalisieren. Dadurch soll der Prozessor besser ausgelastet werden und somit effizienter arbeiten. An der Technolgie arbeitet Intel schon seit Anfang 1990. Wie Intel-Fellow Glenn Hinton im Gespräch mit ZDNet mitteilte, startet man erst jetzt mit der Integration dieser Technik, weil in der Vergangenheit zu wenig Multithreaded-Applikationen wie auch entsprechende Betriebssysteme zur Verfügung standen. Dies habe sich mit der großen Verbreitung von Windows XP und Linux sowie der Verfügbarkeit von vielen Multithreaded-Anwendungen drastisch geändert, so Hinton.

Im Einzelnen hat Intel dem Hyperthreading-Pentium 4 größere Caches (zusätzlicher Fill-In-Buffer für den Trace-Cache) sowie eine zweite Register-Alias-Table integriert. Das folgende Schaubild zeigt die verschiedenen Neuerungen.


Die Hyperthreading-Prozessoren sind gegenüber den älteren P4-CPUs um 5 Prozent größer geworden. (Foto: Intel)

Hyperthreading benötigt …

Für den Betrieb einer Hyperthreading-CPU ist ein entsprechendes Mainboard nötig, das diese Technologie unterstützt. Derzeit sind lediglich Boards mit den Intel-Chipsätzen 845 und 850 für die neue CPU geeignet. Die Unterstützung von anderen Herstellern ist allerdings geplant. SIS will angeblich noch im November einen entsprechenden Chipsatz mit Hyperthreading-Support vorstellen.

Laut Intel ist Windows XP (Professional und Home Edition) mit SP1 sowie die neueste Linux-Version für die neuen Prozessoren geeignet. Allerdings ist eine Neuinstallation der Betriebssysteme nötig, da sonst die zweite logische CPU nicht erkannt wird. Der Pentium 4 arbeitet dann im Normal-Modus mit nur einem CPU-Kern.

Die Leistungsermittlung des neuen Prozessors erfolgt mit folgenden Benchmarks:

Benchmark-Übersicht

Einsatzgebiet Benchmark
Synthetische Test Sisoft Sandra 2003
Applikationsleistung Winstone 2002, ZD Business Wintone 2002, Norton Antivirus, Adobe Acrobat, Cypherus
Spiele Quake (OpenGL),
Unreal 2002 (DirectX 8),
3D Mark 2001SE (DirectX 8),
Vulpine GLmark 1.1p (OpenGL),
Comanche 4 (DirectX 8)
Rendering Bryce 5.01,
3D Studio Max 5,
Cinebench,
Maxon Cinema 4D R8,
Lightwave 7b,
Maya 4.0 Unlimited,
Distributed Net RC5-64
Workstation SPEC Viewperf 7.0
Video LSX MPEG Encoder 3.5,
Roxio Video Wave
MP3 Musicmatch Jukebox 7.2

Die Leistungsermittlung der Prozessoren wird auf folgenden Testsystemen duchgeführt.

Testplattform Athlon XP Pentium 4/DDR Pentium 4/Rambus
Mainboard Asus A7N8X Asus P4PE Asus P4T533C
Chipsatz Nvidia Nforce2 Intel 845PE Intel 850E
Speicher 256 MByte 256 MByte 256 MByte
Speichertyp DDR333 DDR333 PC1066

Die sonstigen Ausstattungsmerkmale sind identisch und bestehen aus einem Promise Fastrak 100, der die beiden IBM-Festplatten DTLA 307030 als Raid-0 ansteuert. Als Grafikkarte setzt ZDNet eine Geforce4 TI 4600 ein, die mit den Detonator-Treibern 30.82 betrieben wird. Sämtliche Tests werden unter Windows XP Professional bei einer Auflösung von 1024 x 768 Bildpunkten und 32 Bit Farbtiefe durchgeführt.

Bei Business-Anwendungen wie Word, Excel, Notes, aber auch Winzip, die alle Bestandteil des ZD Business Winstone 2002 sind, kann der neue Pentium 4 mit Hyperhtreading nicht glänzen. Der Benchmark ist für diesen Betriebsmodus nicht ausgelegt. Die weiteren Tests zeigen allerdings, dass die neue Technologie auch bei so genannten Business-Applikationen Vorteile bietet.

Bei Applikationen, die zur Erstellung professioneller Web-Inhalte (Bilder, Videos, Sounds, HTML, Shockwave, Flash) genutzt werden, zum Beispiel Dreamweaver oder Photoshop, setzt der neue Pentium 4 mit 3,06 GHz und Rambus-Speicher neue Maßstäbe. Allerdings nur wenn Hyperthreading ausgeschaltet ist. Die Ursache hierfür kann der Benchmark selbst sein, der nicht für Hyperthreading ausgelegt ist.

AMDs aktueller Athlon XP/2800+, der in Deutschland allerdings erst im kommenden Jahr erhältlich ist, kann lediglich mit dem P2/2,8 GHZ mithalten. Die Leistung des neuen P4 mit 3,06 GHz erreicht der Chip indes nicht.

Bei der Umwandlung eines Musikstücks ins beliebte MP3-Format bewältigen die Prozessoren in beeindruckender Leistung. Während es am Anfang der MP3-Entwicklung die Dauer der Audio-Komprimierung in etwa der Länge der zu komprimierenden Datei entsprach, vergehen mit den heutigen Prozessoren und Programmen nur wenige Sekunden. Der neue Intel-Chip mit 3,06 GHz kann sich an die Spitze des Klassements setzen und sich knapp vor dem Athlon XP/2800+ behaupten.

Auch beim Video-Encoden mit dem populären MPEG Encoder 3.5 von LSX kann der P4 mit 3,06 GHz einen neuen Spitzenwert erzielen. Mit aktiviertem Hyperthreading kann der Chip das gute Ergebnis nochmal um 15 Prozent verbessern.

Das Rendern der Architecture-Szene, die von der SPEC zur Leistungsmessung von Prozessoren empfohlen wird, gelingt mit aktiviertem Hyperthreading 14 Prozent schneller als im normalen Betriebsmodus. Bei einfachen Szenen (Kinetix-Logo) ist der Vorteil längst nicht so groß. Auch die Athlon-Prozessoren machen bei diesem Benchmark eine gute Figur und erreichen in etwa die Leistung eines vergleichbaren Intel-Prozessors.

Bei einer optimalen Anpassung des Programm-Codes (SSE2) auf den Pentium 4 kann dieser sein volles Leistungspotential zeigen. Das Rendering mit Lightwave 7.5 verläuft auf dem Pentium 4/3,06 GHz knapp zwei Minuten schneller ab als auf dem Athlon XP/2800+. Die Hyperthreading-Technik bietet bei diesem Test keinen Vorteil.

Während ein auf die P4-Plattform optimal abgestimmtes Programm wie Lightwave 7.5 das Leistungspotential der Intel-CPU voll zum Vorschein bringt, ist Corel Bryce 5.01 ein Beispiel, wie langsam der P4 auch bei aktuellen Anwendungen sein kann. Bei diesem Programm ist selbst ein Pentium 4 mit 3,06 GHz und 1066er Rambus-Speicher den AMD-Prozessoren unterlegen.

Beim Rendern mit Maya 4 ist der Pentium 4 klar der schnellste Prozessor. Mit aktiviertem Hyperhreading verliert der Chip allerdings Performance. Ein Beweis dafür, dass längst nicht jede Anwendung von diesem neuen Betriebsmodus profitiert. Mit Maya 4.5 (siehe hier) sieht es hingegen schon wieder anders aus.

Ältere Rendering-Software wie Cinema 4D enthält keine Optimierungen für den Pentium 4. Daher erzielen die Athlon-Prozessoren bei diesem Test sehr gute Resultate. Mit aktiviertem Hyperthreading zieht der Pentium 4/3,06 GHz allerdings am Athlon vorbei.

Die synthetischen Tests von Sandra 2003 sind ein gutes Beispiel welches Leistungspotential in der neuen Technik steckt. Mit aktiviertem Hyperthreading steigt die Performance zwischen 16 und 50 Prozent.

Auch bei älteren Programmen ist die neue Technik vorteilhaft. 15 Prozent mehr Performance mit der neuen Technik springt etwa beim CPU Mark und dem Ligos Video-Encoder raus. Bei den Applikationsbenchmarks sinkt hingegen die Performance leicht. Dies liegt unter Umständen an den Benchmarks selbst, da diese kein Hyperthreading unterstützen. Wie der nächste Test zeigt, können allerdings auch ohne Einfluss eines Bechmark-Steuerungsprogramm Leistungseinbußen durch das Hyperhreading auftreten.

Hyperthreading liefert in der Regel höhere Performance als ein Chip ohne diese Technik. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Wird zum Beispiel der Prozessor sehr gut ausgelastet, bringt Hyperthreading wenig, da die Technik nur die nicht genutzten Ressourcen der CPU intelligenter verwaltet. Im Multitasking-Test mit Norton Antivirus und der Verschlüsselungs-Software Cyperus lässt sich zunächst ein Leistungszuwachs von 5 Prozent durch das Aktivieren von Hyperthreading messen. Der gleiche Test liefert allerdings ein diametrales Ergebnis, wenn im Hintergrund Prime 95 zur Berechnung von Primzahlen aktiv ist. Dieses Programm ist speziell für SSE2-Einheit des Pentium 4 optimiert und benötigt offensichtlich so viele Ressourcen, dass ein aktives Hyperthreading sich negativ auf die Performance auswirkt. Der P4 benötigt mit der neuen Technik fast drei Minuten länger als ohne Hyperhreading. In diesem Fall leidet der Chip unter seiner multiplen Persönlichkeit.

Solche Beispiele sind allerdings sehr selten, wie die Ergebnisse der vielen anderen Tests zeigen, bei denen Hyperthreading einen Leistungszuwachs von bis zu 30 Prozent (Video Wave und Musicmatch) beschert.

Moderne Applikationen wie die neueste Render-Software von Maxon (Cinema 4D R8) profitieren ebenfalls vom Hyperthreading. Der Leistungszuwachs bei dieser Applikation liegt zwischen 6 und 33 Prozent.

Bei aktuellen OpenGL-Spielen ist der Einfluss des Hyperthreading nahezu gleich null. Lediglich beim NV15-Demo zeigt sich eine kleine Leistungssteigerung.

Auch bei aktuellen DirectX-Spielen macht sich Hyperthreading nur leicht positiv bemerkbar. Allerdings sind die Leistungsunterschiede so gering, dass man dies in der Praxis kaum spüren dürfte.

Der aktuelle Viewperf-Benchmark 7.0 ermittelt ebenfalls keine Leistungssteigerungen bei aktiviertem Hyperthreading. Offensichtlich ist die Darstellung komplexer 3D-Objekte mehr von der Speicher- und der Grafikperformance abhängig als von der CPU-Leistung.

Der subjektive Eindruck, dass auch das Betriebssystem mit der neuen Technik reaktionsfreudiger ist, wird durch die Messung der Startzeit von Windows XP belegt. Mit aktiviertem Hyperthreading beträgt die Zeit für den Anmeldeprozess (Logon) und das Starten der Systemdienste (Service) 13,31 Sekunden. Ohne Hyperhreading verlängert sich diese Zeit auf 17,38 Sekunden. Zusätzliche Zeit spart das Hyperthreading-System zudem beim Laden der Treiber, so dass der Start von Windows XP nach 25 Sekunden beendet ist. Ohne Hyperthreading liegt die Startzeit bei über 30 Sekunden.


Fazit

Eindrucksvoll zeigt Intel mit dem Pentium 4/3,06 GHz, welches Leistungspotential in dieser CPU-Architektur steckt. Innerhalb von zwei Jahren hat der Prozessorhersteller den Takt und die Cache-Größe des Chips verdoppelt. Die Leistungen von FSB und Speicher sind ebenfalls gestiegen. Mit der Hyperthreading-Technologie implementiert Intel ab sofort im Pentium 4 eine Technik, die den Chip noch effizienter arbeiten lässt. Und das Schöne daran: Je höher die Taktfrequenz, desto größer sind die Vorteile der neuen Technik, da bei höherem Takt die CPU häufiger auf andere Ressourcen wie Speicher oder Grafik warten muss und damit das Effizienzpotential steigt. In diesem Szenario ist Hyperthreading besonders sinnvoll und der P4 damit für die Zukunft gut gerüstet.

Mehr Leistung durch Hyperthreading

Die effizientere Abarbeitung von Befehlen durch Hyperthreading kann eine Leistungssteigerung von bis zu 50 Prozent bringen. Der Durchschnitt dürfte bei Multithreaded-Applikationen zunächst zwischen 5 und 15 Prozent liegen. Dies kann sich allerdings relativ schnell ändern. Zukünftige Software sollte mit der „multiplen Persönlichkeit“ des Pentium 4 besser umgehen können als bisher erhältliche Applikationen. Dann könnte die durchschnittliche Leistungssteigerung durchaus höher liegen als zurzeit.

Alles in allem stellt Intel mit dem 679 Dollar teuren Pentium 4 mit 3,06 GHz und Hyperthreading ein Produkt vor, das dem Vergleich mit zukünftigen Herausforderungen, etwa in Form von AMDs Hammer-Chip, standhalten sollte.

ZDNet.de Redaktion

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