EU-Generalanwalt: Software-Funktionen fallen nicht unter das Urheberrecht

Nach Ansicht von EU-Generalanwalt Yves Bot sind weder die Funktionen eines Programms noch Programmiersprachen urheberrechtlich geschützt. Zwar erstrecke sich der Schutz einer Software auch auf die Textelemente des Programms – also Quellcode und Objektcode -, der Quellcode dürfe allerdings unter bestimmten Voraussetzungen vervielfältigt werden, erklärte Bot. Urheberrechtlich geschützt seien ferner alle anderen Elemente eines Programms, in denen sich die Kreativität des Urhebers ausdrückten.

Die Funktionen einer Software sind laut dem Generalanwalt aber „durch ein bestimmtes und begrenztes Ziel“ bestimmt. Darin glichen sie Ideen. Es könne mehrere Programme geben, die dieselben Funktionen böten – lediglich unterschiedlichen Wege, dorthin zu kommen, ließen sich schützen. „So kann die Art, wie Formeln und Algorithmen zusammengefügt sind – zum Beispiel der Stil, in dem das Computerprogramm geschrieben ist -, Ausdruck einer eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers und damit geschützt sein.“

Eine Programmiersprache als solche kann nach Ansicht von Bot nicht urheberrechtlich geschützt werden. Sie sei ein Element, mit dem einer Maschine Befehle erteilt würden – und daher mit der Sprache eines Romanautors gleichzusetzen. „Die Programmiersprache ist somit das Mittel, um sich auszudrücken, nicht aber die Ausdrucksform selbst“, heißt es in der EU-Mitteilung zum Schlussantrag des Generalanwalts.

SAS Institute hatte 2009 gegen World Programming Limited (WPL) beim britischen High Court Klage wegen Verletzung des Urheberrechts eingereicht. WPL hatte eine Software veröffentlicht, die einen Teil der Funktionen von SAS nachbildet und mit der sich in Base SAS geschriebene Scripte ausführen lassen. Kunden mussten ursprünglich immer wieder ihre SAS-Lizenzen erneuern, um ihre selbstgeschriebenen Programme weiter verwenden zu können.

Der High Court wandte sich in der Folge mit einem Vorabentscheidungsersuchen (PDF; Az. C-406/10) an die EU. Gerichte der Mitgliedstaten können auf diesem Weg in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts vorlegen. Der EuGH entscheidet allerdings nicht über den nationalen Rechtsstreit.

Für den EuGH sind die Schlussanträge des Generalanwalts nicht bindend. Dessen Aufgabe ist es, einen unabhängigen Vorschlag zu unterbreiten. Im nächsten Schritt beraten die Richter und fällen ein Urteil.

ZDNet.de Redaktion

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