„Android hat das iPhone überholt“, hat Googles Chairman Eric Schmidt gestern Abend einem skeptischen Publikum angekündigt, das überwiegend mit iPhones, iPads und Macs ausgestattet war: Er sprach auf der Konferenz LeWeb in Paris, die angehende europäische Start-up-Gründer mit erfolgreichen amerikanischen Entrepreneuren zusammenbringen soll. In die eingetretene Stille hinein setzte er nach und führte die einzelnen Disziplinen aus, in denen Googles Mobilbetriebssystem gegenüber dem Rivalen punkte: „In den Stückzahlen, mit den Features von ICS, die Preise sind niedriger, es gibt mehr Anbieter, mehr Preispunkte – muss ich diese Liste noch fortsetzen? Und es ist kostenlos.“
Aber auch eine Schwäche im Vergleich zu iOS war auf dieser Konferenz klar ersichtlich: Es hat noch lange keine Priorität bei den Entwicklern, wenn sie neue Anwendungen konzipieren. Notizen-Spezialist Evernote beispielsweise kündigte eine neue App namens Hello an – zunächst nur für das iPhone. Der für das iPad eingeführte Newsreader Flipboard stellte eine zusätzliche Version für Apples iPhone vor. Dabei wollte CEO Mike McCue nicht einmal die Frage beantworten, ob das Unternehmen auch eine Android-Version vorbereitet. „Wir haben uns auf das iPhone konzentriert“, sagte McCue und äußerte sich zu Android nur ausweichend: „Mal sehen.“
Schmidt geht jedoch davon aus, dass Android mit den hohen Stückzahlen der ausgelieferten Smartphones und der neuen OS-Version 4.0 gewinnen wird, auch bekannt als Ice Cream Sandwich: „Letztendlich streben die App-Anbieter nach einem möglichst großen Volumen, und die offene Herangehensweise von Google bringt das. Ob Sie Android mögen oder nicht, Sie werden diese Plattform unterstützen, und vielleicht werden Sie sogar zuerst dafür entwickeln.“
Ein Android-Nutzer aus dem Publikum drückte seine Enttäuschung darüber aus, dass iOS-Anwendungen früher erhältlich sind. „Meine Prognose ist, dass es in sechs Monaten genau umgekehrt ist“, antwortete Eric Schmidt. Dazu trage insbesondere Ice Cream Sandwich bei. Nicht kommentieren wollte er die Äußerungen von Apples früherem CEO Steve Jobs, der Android gegenüber seinem Biografen als „schweren Diebstahl“ und „gestohlenes Produkt“ bezeichnet hatte. „Android wurde vor dem iPhone entwickelt“, lautete seine knappe Antwort. Das sei beispielsweise auch bei einer Suchmaschine wie Bing zu erfahren.
Das kostenlose Betriebssystem spielt in Googles Plänen eine entscheidende Rolle, da es Dienste wie Google Mail, Google Apps, Google+, Google Music und Google Maps in die Hände der Smartphone-Nutzer bringt. Mit „Social, Local, Mobile“ charakterisierte Schmidt die spannenden Anwendungen, die noch zu erwarten sind. Diese Verbindung sei kein vorübergehender Modetrend, vielmehr habe sie das menschliche Zusammenleben seit mindestens 10.000 Jahren bestimmt: „Ich glaube daher nicht, dass es so bald wieder verschwindet.“
Auf Ice Cream Sandwich setzt Google die größten Hoffnungen auch deshalb, weil es Sharing-Dienste tief integriert hat. „Als wir anfingen, sahen wir Mobiltelefone als Computer an“, sagte Schmidt. „Wir hatten vergessen, dass es um Kommunikation geht.“
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