Mit dem iPhone 4S hat Apple zweifelsohne all diejenigen enttäuscht, die eigentlich ein neu designtes iPhone 5 erwartet hatten. Die Tatsache, dass das iPhone 4S „nur“ eine Verbesserung der Hardware ohne neues Design bietet, hat das revolutionäre Merkmal, das Apples Zukunft prägen könnte, wesentlich überschattet: Siri-Sprachbefehle und sprachgesteuerte Suchfunktionen.
Apple hat Siri zunächst auf das iPhone 4S beschränkt, doch hat das wahrscheinlich weniger damit zu tun, dass Siri zusätzliche Rechenleistung im Handy benötigt, sondern vielmehr damit, dass sich Siri noch in der Beta-Phase befindet. Da Siri eine Verbindung mit der Cloud benötigt, kann Apple, indem es die Verbreitung zunächst begrenzt, seine Rechenzentren einem Stresstest unterziehen und für die Zukunft aufrüsten.
Und selbst in der Beta-Phase ist Siri beeindruckend. Zwar haben sowohl Google Android als auch Windows Phone 7 in Sachen Sprachsteuerung gegenüber dem iPhone aufgeholt, doch hat Apple mit dem Einkauf von Siri und der Integration in das iPhone inzwischen beide weit hinter sich gelassen. Der große Vorteil an Siri ist, dass es natürliche Sprache versteht und für viele verschiedene Anwendungen auf dem iPhone standardisiert ist. Der Benutzer muss noch nicht einmal wissen, welche App zuständig ist. Man kann Siri einfach einen Befehl in natürlicher Sprache geben, und es interagiert automatisch mit der richtigen App, um ihn auszuführen. Das ist ein ordentlicher Schritt nach vorne im Bereich Stimmliche Benutzerschnittstelle (SBS).
Die Siri-Erfahrung reicht zurück auf die Markteinführung des ersten Macintosh im Jahr 1984, als Steve Jobs bei der Enthüllung sagte: „Ich würde den Macintosh gern für sich selbst sprechen lassen“. Und der hat das – mittels Macintalk-Software – auch getan, was die Technikfreaks seinerzeit überwältigte. Im weiteren Sinne geht die ganze Sache natürlich auch auf den Computer in Star Trek und seine SBS zurück. Mit anderen Worten: Apple verfolgt schon seit langem die Idee, Sprache in die alltägliche Computerbenutzung zu integrieren – fast schon seit der Unternehmensgründung.
So spaßig es auch sein mag, wenn man seinem Handy Befehle erteilt und es in Echtzeit „gehorcht“ – das Revolutionäre an Siri ist seine Leistungsfähigkeit im Bereich der Websuche. Die Entwicklung hat gerade erst begonnen und Siri ist noch nicht perfekt, doch es gibt Momente, da optimiert Siri den Suchvorgang drastisch und lässt uns einen Blick in die Zukunft werfen.
Fragt man Siri etwa nach dem „nächstgelegenen Mittelmeer-Restaurant“, erhält man eine Liste mit einigen Restaurants mitsamt ihren Bewertungen und der Entfernung vom aktuellen Standort. Klickt man dann auf eine der Nennungen in der Liste, wird sofort eine Karte angezeigt.
Oder fragt man Siri: „Wie viele Kalorien hat eine Kiwi?“, erhält man die Angabe 46 Kalorien sowie eine vollständige Tabelle mit allen Nährwertangaben für eine Kiwi.
Bei der Recherche für einen anderen Artikel war es unmöglich, Daten zur Marktkapitalisierung und zu den Erträgen von Microsoft und Apple aus dem Jahr 2007 zu finden. Aus Verzweiflung (und teils auch aus Spaß) wurde Siri nach dem Ertrag von Microsoft im Jahr 2007 gefragt. Überraschenderweise kam tatsächlich eine Antwort, und zwar auf der Basis von Wolfram Alpha (auch die Quelle für die Daten zum Thema Kiwi). So wurde schließlich die Website von Wolfram Alpha verwendet (vom Computer aus), um die Daten eingehend zu recherchieren, doch die Tatsache, dass Siri den Weg gezeigt hat, sorgt für Erstaunen.
Siri kann auch dabei helfen, einen Arzt in der Nähe zu finden, Aufführungszeiten von Kinofilmen anzuzeigen und Wetterdaten einzuholen, etwa indem man fragt: „Regnet es morgen?“ Manchmal tut sich Siri noch etwas schwer mit dem Verständnis normaler Sprache, und es ist in seinem Zugang beschränkt auf frei verfügbare Daten etwa von Google, Wolfram Alpha und Yelp. Dennoch hat Apple gezeigt, was mit einer SBS möglich ist, die viel ansprechbarer ist als alles, was es bislang auf dem Verbrauchermarkt gab. Siri ist fast wie ein IBM Watson für die breite Masse.
Wichtig ist zum bemerken, wie Siri die Verbindung mit Suchergebnisseiten allgemein und mit Google im Besonderen ausblendet. Statt eine Seite mit Möglichkeiten vorzulegen, aus denen man wählen könnte, versucht Siri, eine einzige verbindliche Antwort auf die Frage zu geben. Da Google sein Geld dadurch verdient, dass Werbetreibende ihre Werbung neben den Einträgen auf der Ergebnisseite platzieren dürfen, versteht man leicht, warum der Verwaltungsratsvorsitzende von Google, Eric Schmidt, von Siri als einer Wettbewerbsbedrohung spricht.
Der nächste Schritt
Jetzt, da Apple den Weg zu einer SBS für natürliche Sprache bereitet und neue Möglichkeiten vorgeführt hat, geht das Rennen erst richtig los. Google und Microsoft werden sich gewiss etwas von Siri abschauen und Android und Windows Phone mit ähnlichen Funktionen ausstatten, da in beiden Unternehmen bereits zahlreiche Entwickler an Sprachtechnologie arbeiten. Das bedeutet, dass Apple Siri schnell verbessern und erneuern muss, wenn es die Marktführerschaft im Bereich SBS haben möchte. Siri hat zwei Bereiche, an denen vor allem gearbeitet werden muss: Erstens muss die Spracherkennung weiter verbessert werden und zweitens sind mehr Datenquellen nötig, die Siri speisen und bei der Suche berücksichtigt werden.
Wenn Siri keine Antwort auf eine Frage hat, liegt die Lösung momentan noch darin, die Frage einer mobilen Standard-Websuche vorzulegen. Das wird nicht lange genügen – besonders wenn man bedenkt, welchen Grad an Integration Google und Microsoft werden realisieren können, da sie beide Besitzer von Suchmaschinen sind. Siri benötigt eine Websuche, die ebenso eng in den Dienst eingebunden ist, wie Wolfram Alpha und Yelp es heute sind. Damit hat Apple drei Optionen: entwickeln, kaufen oder zusammenarbeiten.
Entwickeln
Siri ist selbst schon so etwas wie eine Suchmaschine, und mit all den Suchanfragen, die jetzt über Siri erfolgen und über Apples Server laufen, sammelt das Unternehmen einen Schatz von Daten darüber an, wie die Menschen sprachbasierte Suche nutzen. Außerdem sind alle Siri-Daten mit bestimmten Nutzern verbunden, und dadurch erhält Apple eine ausgezeichnete Gelegenheit, in der Zukunft personalisiert zu suchen.
Als Steve Jobs im letzten Jahr auf der D8-Konferenz zum Kauf von Siri und danach gefragt wurde, ob Apple in das Suchgeschäft einsteigen würde, sagte er: „Apple ist kein Suchunternehmen, sondern ein KI-Unternehmen. Wir planen nicht, in das Suchgeschäft einzusteigen. Wir kümmern uns nicht darum – andere machen das ganz prima.“
Zwar hat Jobs immer wieder Dinge negiert, die Apple dann doch weiterverfolgte, doch kann man kaum davon ausgehen, dass Apple mit dem Kernteam, das von Siri übernommen wurde, eine eigene Suchmaschine von Grund auf neu entwickeln wird. Das würde Jahre dauern und viele Ressourcen verschlingen. Man muss sich nur ansehen, wie viel Geld Microsoft in die Entwicklung von Bing stecken musste und welch mäßiger Erfolg dem Unterfangen beschert ist, noch dazu ohne Hoffnung, dass damit in naher Zukunft Gewinne erzielt werden.
Kaufen
Schneller ginge es für Apple, wenn sie einen kleineren Akteur im Bereich Websuche kaufen, ihn in das Siri-Team integrieren und den Großteil der Ressourcen dafür verwenden würden, eine SBS anzupassen, die Siri speist. Es gibt einige Kandidaten, die Apple schlucken könnte: Blekko, DuckDuckGo, Yippy, Dogpile und sogar das gute alte AskJeeves.
Apple hat Barreserven in Höhe von 80 Mrd. US-Dollar, verfügt also über genug Mittel, um jede dieser Suchmaschinen zu kaufen. Die besten Optionen wären wahrscheinlich DuckDuckGo und Blekko. Beide sind in einigen Bereichen bereits besser als Google, erhalten aber kaum Aufmerksamkeit, weil sie relativ klein sind.
Zusammenarbeiten
Wenn Apple mit einem anderen Unternehmen im Bereich Websuche zusammenarbeiten sollte, müsste das Google, Microsoft Bing oder Yahoo (das das eigene Suchen überwiegend zugunsten von Bing aufgegeben hat) sein. Google kommt natürlich nicht infrage, weil es Apples Erzrivale im Bereich Mobiltelefonie ist. Im Fall von Bing erscheint eine Zusammenarbeit zumindest auf kurze Sicht sinnvoll, denn Microsoft hat Bing eher als „Entscheidungsmaschine“ denn als Suchmaschine ausgelegt, und das passt sehr gut zu dem, was Siri versucht.
Doch ist Microsoft entschlossen, eine ähnliche Anwendung wie Siri in Windows Phone zu realisieren, und das wird genügen, um Apple davon abzuschrecken, mit Microsoft ein Geschäft zu machen.
Der Praxistest
Mit Siri hat Apple die Stolpersteine bei der Websuche verringert und sie in ein komfortables Erlebnis verwandelt. Doch um einen Schritt weiter zu kommen, wird Apple eine viel engere Integration mit der Websuche realisieren müssen. Die Entwicklung einer Suchmaschine würde zu lange dauern, und es gibt für Apple nicht viele gute Optionen für eine Zusammenarbeit im Bereich Websuche. Das wahrscheinlichste Szenario ist daher, dass Apple einen kleineren Akteur kaufen und in Siri integrieren wird.
Siri hat eindeutig ein enormes Zukunftspotenzial für Apples gesamte Produktpalette. Vermutlich wird man bis Ende 2013 Siri auf den meisten iOS-Geräten und Macintosh-Rechnern finden. Nick Bilton glaubt sogar, dass Siri die revolutionäre Schnittstelle ist, die Steve Jobs bei Fernsehgeräten einführen wollte.
Die größere und spannendere Frage ist, ob Apple mit beiden Beinen in die Websuche einsteigt, ob das Unternehmen Siri großzügig im Web freigeben und Google direkt herausfordern wird. Dies bleibt angesichts von Apples Affinität für die Integration von Hardware und Software zu bezweifeln, doch allein der Gedanke ist unterhaltsam, besonders, wenn man Apples neue SBS als eindeutig wichtigste Entwicklung im Suchbereich der letzten zehn Jahre betrachtet.
Der Cybersecurity Report von Hornetsecurity stuft 2,3 Prozent der Inhalte gar als bösartig ein. Die…
Die Hintermänner haben es auf Zugangsdaten zu Microsoft Azure abgesehen. Die Kampagne ist bis mindestens…
Cloud-Plattform für elektronische Beschaffungsprozesse mit automatisierter Abwicklung elektronischer Rechnungen.
Mindestens eine Schwachstelle erlaubt eine Remotecodeausführung. Dem Entdecker zahlt Google eine besonders hohe Belohnung von…
Nur rund die Hälfte schaltet während der Feiertage komplett vom Job ab. Die anderen sind…
Security-Experten von Check Point sind einer neuen Angriffsart auf die Spur gekommen, die E-Mail-Schutzmaßnahmen umgehen…