Proteste gegen SOPA und Protect IP Act zeigen Wirkung

Die gestrigen Online-Proteste gegen die Gesetzesvorhaben SOPA und PIPA haben anscheinend zahlreiche Abgeordnete des US-Kongresses einknicken lassen. Mitglieder des US-Senats springen und auch im Repräsentantenhaus scheint die Unterstützung für die geplanten Urheberrechtsgesetze nachzulassen.

Nach letzter Zählung sind mindestens 18 Abgeordnete des US-Senats desertiert, von denen sieben sogar als offizielle Unterstützer von PIPA („Protect IP Act“) unterzeichnet hatten. Obwohl es zuvor eine breite parteiübergreifende Zustimmung zum Gesetzentwurf gegeben hatte, sind jetzt vor allem republikanische Abgeordnete auf Distanz gegangen. Sie dürften auch von konservativen Think Tanks und Blogs beeinflusst sein, die sich klar gegen SOPA und PIPA positionierten. Vor den Internet-Protesten hatte PIPA über 16 republikanische sowie 23 demokratische Unterstützer verfügt.

Bei den Republikanern ist die Filmindustrie, die fest hinter den Urheberrechtsgesetzen steht, wenig beliebt. Hollywood gilt in ihrem Milieu als linksgerichtet und den Demokraten nahestehend. Als einer der ersten Senatoren zog Marco Rubio, aufstrebender und von der Tea Party unterstützter Republikaner, seine Unterstützung für PIPA zurück. Er befürchte, das Gesetz könne der US-Regierung „unangemessen erweiterte Machtbefugnisse verleihen, um das Internet zu beeinflussen“.


Zahlreiche kleinere und größere Websites haben sich den Protesten gegen SOPA und PIPA angeschlossen (Screenshot: ZDNet).

Im Senat ist derzeit keine der beiden Seiten einer Mehrheit für PIPA nahe, die mindestens 60 Stimmen erfordert. Viele Senatoren wirken unentschlossen: Teilweise sind sie vermutlich auf Wahlkampfspenden der Medienbranche angewiesen, andererseits fürchten sie aufgebrachte Wähler. Im Repräsentantenhaus, der zweiten Kammer des US-Parlaments, haben sich bislang rund 20 Abgeordnete von SOPA („Stop Online Piracy Act“) abgewandt, das als „Zwillingsgesetz“ des Protect IP Act gilt.

Die Motion Picture Association of America (MPAA), die diese Gesetze als Lobbyorganisation der Filmindustrie vorantrieb, tat die Proteste in einer Erklärung (PDF) als „PR-Stunt“ ab. MPAA-Chef Chris Dodd, der zugleich Senator ist, nannte sie „eine unverantwortliche Antwort“ und bezeichnete den Wikipedia-Blackout als „Gimmick“. Die teilnehmenden Sites hätten „den Menschen einen Bärendienst erwiesen, die von ihren Informationen abhängig sind und ihre Dienste nutzen. Es ist außerdem ein Machtmissbrauch angesichts der Freiheiten, die diese Unternehmen heute im Markt genießen.“

Die massiven Proteste haben Befürworter wie Gegner überrascht. Allein die Anti-SOPA-Petition, zu deren Unterzeichnung Google gestern auf seiner Startseite aufgerufen hatte, fand rund 4,5 Millionen Unterzeichner. „Es gibt keinen Grund, amerikanische Social Networks, Blogs und Suchmaschinen zur Zensur des Internets zu zwingen oder bestehende Gesetze auszuhebeln, die das Web florieren ließen und Millionen von Arbeitsplätzen in den USA schufen“, heißt es in der Petition. „Zuviel steht auf dem Spiel – bitte stimmen Sie mit NEIN gegen PIPA und SOPA.“

Nicht alle Internetfirmen wandten sich eindeutig gegen die Gesetzesvorhaben. Microsoft hielt sich weitgehend zurück; es galt vielen durch seine Mitgliedschaft in der BSA (Business Software Alliance) sogar als indirekter Unterstützer. Der Softwarekonzern stellte sich erst nach öffentlicher Kritik „gegen die Verabschiedung des SOPA-Gesetzentwurfs in seiner gegenwärtigen Form“.

Facebook hingegen bezog zwar verspätet, aber deutlich Stellung. Mit einem Tweet – anscheinend sein erster fast drei Jahren – machte CEO Mark Zuckerberg den Anfang: „Sagt euren Kongressabgeordneten, dass ihr von ihnen erwartet, pro Internet zu sein.“ In einem Eintrag bei Facebook stimmte er in den Chor der Kritiker ein: „Das Internet ist das mächtigste Instrument, das wir für die Schaffung einer offeneren und verbundeneren Welt einsetzen können. Wir dürfen nicht zulassen, dass schlecht überlegte Gesetze die weitere Entwicklung des Internets behindern. Facebook lehnt SOPA und PIPA ab, und wir werden weiterhin Gesetzen entgegentreten, die dem Internet schaden.“

ZDNet.de Redaktion

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