Festplattenpreise: Erholung dauert länger als erwartet

Vor der Überschwemmung in Thailand im Herbst vergangenen Jahres wurden weltweit pro Monat etwas über 50 Millionen Festplatten produziert. Von Western Digital stammten über den Daumen gepeilt gut ein Drittel davon. Aus den Werken in Thailand kamen davon wiederum rund 60 Prozent. Grob kalkuliert fehlten dem Weltmarkt also allein von Western Digital in den vergangenen Monaten jeweils 15 bis 20 Prozent der sonst hergestellten HDDs. In absoluten Zahlen waren das zwischen 9 und 12 Millionen – was sich deutlich bei den Preisen bemerkbar gemacht hat.

Die Lage bei Western Digital

Mitte November rechnete ein Analyst mit 56 Tagen Ausfallzeit für Western Digitals Festplattenwerk. Allerdings ist zwischen Wiederaufnahme der Produktion und dem Erreichen der vollen Ausstoßkapazität ein gewaltiger Unterschied. Vor wenigen Tagen hat John Coyne, CEO bei Western Digital, auf einer Veranstaltung in Thailand lokalen Medien gegenüber erklärt, das Werk im Gewerbegebiet Nava Nakorn, 230 Kilometer nördlich von Bangkok in der Provinz Pathum Thani, nehme die Produktion voraussichtlich im März wieder auf.

Die Fabrik in Bang Pa-in der Provinz Ayutthaya fertigt seit dem 30. November wieder Festplatten. Die Stückzahlen, die man vor der Flut täglich produziert habe, werde man aber in beiden Werken erst wieder im September erreichen. Die bereits angefallenen Kosten für die Wiederinstandsetzung seiner überfluteten Werke in Thailand beziffert das Unternehmen auf 199 Millionen Dollar.

Die Folgen der Flut waren auch an den kürzlich vorgelegten Quartalszahlen von Western Digital abzulesen: Der Umsatz schrumpfte gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres von 2,5 auf 2 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn sank von 225 auf 145 Millionen Dollar. Insgesamt verkaufte WD in den vergangenen drei Monaten 28,5 Millionen Festplatten. Im zweiten Geschäftsquartal 2011 waren es mit 52,2 Millionen fast doppelt so viele.

Die Lage bei Toshiba

Außer den Anlagen von Western Digital mit 37.000 Angestellten war auch die HDD-Fertigung von Toshiba im Gewerbegebiet Nava Nakorn mit 5900 Mitarbeitern betroffen. Von dort kam 2011 die Hälfte aller von dem japanischen Unternehmen produzierten Festplatten. Der Ausfall des Werkes wirkt sich besonders auf den Markt für Notebook-Festplatten aus: In diesem Segment erreichen Western Digital und Toshiba zusammen einen Marktanteil von 45 Prozent.

Toshiba informiert fortlaufend über den Stand der Renovierungsmaßnahmen, zuletzt am 16. Januar. Demnach ist inzwischen das Wasser aus Gebäuden und vom umgebenden Gelände abgepumpt und ein Generator aufgestellt, der für elektrisches Licht sorgt sowie die zur Trocknung eingesetzten Geräte mit Strom versorgt. Wann und in welchem Umfang der Betrieb wieder aufgenommen werden kann, wird aber noch geprüft. Die Bangkok Post mutmaßt auf Grundlage von Informationen aus dem Unternehmen, dass es bis April oder sogar Mai dauern könnte.

Die Lage bei Seagate

Das Werk von Seagate in Thailand wurde zwar nicht überschwemmt, abr es erhielt zunächst keine Komponenten mehr. Seagate rechnete daher trotz intakter Fertigungsanlagen mit einem Rückgang der Produktion um gut 20 Prozent sowie niedrigeren Produktionszahlen über „mehrere Quartale“ hinweg. Insgesamt dürfte das Unternehmen aber mit geringeren Blessuren aus der Naturkatastrophe hervorgehen als die Wettbewerber. Details wird der Konzern am 31. Januar bekannt geben, wenn er seine Zahlen für das zweite Fiskalquartal 2012 vorlegt.

Mit einem neuen Werk für Schreib- und Leseköpfe in der Provinz Nakhon Ratchasima nordöstlich von Bangkok, das Berichten zufolge im Februar den Betrieb aufnehmen wird, könnte Seagate zusätzlich punkten. Außerdem wird sich dann zeigen, wie sich die kurz vor Weihnachten abgeschlossene Übernahme des Festplattengeschäfts von Samsung ausgewirkt hat.

Die Preisentwicklung der vergangenen acht Wochen

ZDNet hatte die Preise zufällig ausgewählter Festplatten (intern und extern) in Preisvergleichsportalen bereits am 25. Oktober und am 24. November ermittelt. Innerhalb eines Monats war damals ein Anstieg zwischen 40 und 102 Prozent festzustellen. Externe Festplatten wurden weniger teurer als interne, die Preise der von Western Digital stiegen mehr als die der Produkte von Seagate.

Ende November gingen mehrere Beobachter davon aus, dass sich die Situation Ende Januar entschärft haben könnte, da bis dahin Produktionskapazitäten verlagert oder die Produktion in den Werken in Thailand zumindest wieder angelaufen ist. Grund genug für ZDNet, jetzt nochmal auf die Preisentwicklung zu schauen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Sie erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist als Stichprobe zu sehen, die aber immerhin einen Eindruck von der Marktentwicklung geben kann.

Preisentwicklung bei ausgewählten Festplatten seit Oktober 2011

Intern, 2,5-Zoll-SATA, 500 GByte
Modell Preis in Euro am 25.10.2011 Preis in Euro am 24.11.2011 Preis in Euro am 26.01.2012
Samsung SpinpointT M7 500GB (HM500JI) 44,89 79,90 74,90
Western Digital Scorpio Blue 500GB (WD5000BEVT) 54,03 108,99 81,52
Seagate Momentus 5400.FDE.4 500GB (ST9500327AS) 83,95 149,00 139,90
Extern, 2,5 Zoll, 500 GByte
Western Digital Elements SE Portable 500GB (WDBABV5000ABK) 46,90 74,99 83,75
Samsung S2 Portable 500GB (HXMU050DA) 48,59 87,00 72,99
Seagate Free Agent Goflex 500GB (STAA500200) 61,39 85,90 69,90
Verbatim Store ’n‘ go USB 3.0 500GB 44,95 66,90 79,50

Die Preise wurden durch Recherche in mehreren Vergleichsportalen ermittelt. Sie verstehen sich jeweils ohne Versandkosten und orientieren sich am günstigsten Anbieter, der versprach, innerhalb von höchstens sieben Tagen zu liefern.

Insgesamt sind die Preise der beobachteten Modelle im Vergleich zu Ende November wieder zurückgegangen. Eine Ausnahme ist die externe Festplatte von Verbatim, deren Preis noch einmal um 18 Prozent zugelegt hat. Das ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass der Anbieter im November noch gut versorgt war, inzwischen aber die Lagerbestände abgebaut und die Lieferverpflichtungen ausgelaufen sind sowie neue Abkommen zu höheren Preisen getroffen wurden.

Teurer geworden ist auch die externe Platte von Western Digital. Mögliche Erklärung dafür ist, dass sich das Unternehmen darauf konzentriert hat, die Lieferverpflichtungen mit großen Abnehmern wie HP oder Dell zu erfüllen. Werden diese Verträge nicht eingehalten, fallen empfindliche Konventionalstrafen an und geraten möglicherweise langfristige Lieferabsprachen ins Wanken – was wesentlich schlechter fürs Geschäft ist, als wenn der eine oder andere Verbraucher nicht die von ihm ursprünglich anvisierte externe Disk bekommt.

Unterm Strich liegen die Endverbraucherpreise der beobachteten Festplatten aber immer noch deutlich über den Werten, die sich ZDNet zu Beginn der Überschwemmungen notiert hat. Das gilt vor allem für interne 2,5-Zoll-Platten. Wer derzeit nicht eine Platte ersetzen muss, sondern einfach zusätzlichen Speicher braucht, scheint mit der externen Lösung von Seagate am besten wegzukommen: Für sie beträgt der Aufschlag lediglich 8,50 Euro (14 Prozent). Eine Solid State Disk ist- wenn einfach Speicherplatz gebraucht wird – derzeit noch keine Alternative: Mit dieser Technologie bekommt man für den Preis der externen Seagate-HDD derzeit gerade einmal 50 GByte, also ein Zehntel.


Die Festplattenpreise sind in den letzten Wochen zwar nicht mehr so stark angestiegen wie Ende 2011 oder sogar wieder gesunken, Lieferprobleme aufgrund der Flut in Thailand bestehen aber nach wie vor, wie bereits ein Blick in ein Preisvergleichsportal wie hier guenstiger.de zeigt (Screenshot: ZDNet).

ZDNet.de Redaktion

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