Lumia 800: Nokias erstes Windows-Phone im Test

Das Nokia-Management beschloss Anfang dieses Jahres, bei den High-End-Geräten künftig nicht mehr auf die hauseigene Symbian-Plattform zu setzen (die gerade ein wirklich gutes Niveau erreicht hat und wieder konkurrenzfähig ist), sondern Windows-Phones zu bauen.

Design und Ausstattung

Dieser Plan ist nun in die Tat umgesetzt. Das Erstlingswerk ist das Lumia 800, auf dem die aktuelle Version 7.5 (Mango) von Windows Phone läuft. Das Display ist 3,7 Zoll groß und setzt auf die AMOLED-Technik. Im Inneren sorgt ein 1,4 GHz schneller Single-Core-Prozessor für entsprechende Leistung. Weitere Ausstattungsmerkmale sind die 8-Megapixel-Kamera mit Carl-Zeiss-Linse und Foto-LED sowie diverse Apps. Aufgrund des fehlenden Dual-Core-Prozessors und mangels einer Frontkamera ist das Lumia 800 nicht in der absoluten Oberklasse angesiedelt. Ebenso klar ist auch, dass das Design polarisiert, aber zumindest dieser Punkt ist definitiv Geschmackssache.

Das Gehäuse dürfte dem einen oder anderen bereits bekannt sein. Das Lumia 800 basiert auf dem Meego-Phone Nokia N9, das vor der Windows-Phone-Entscheidung als Lösung aller Probleme gehandelt wurde. Beiden Geräten gemein ist ein Unibody-Gehäuse, das aber nicht wie bei der Konkurrenz aus Metall, sondern aus Kunststoff gefertigt wird und in unterschiedlichen Farben zu haben ist. Oben und unten zeichnen sich scharfe Kanten ab, an den Seiten ist das Lumia stark abgerundet. Mit 6,1 mal 11,7 Zentimetern und einer Bauhöhe von 12 Millimetern liegt das Smartphone gut in der Hand und passt problemlos in jede Hosentasche.

Auf der rechten Seite haben die Designer den aus Metall gefertigten Wippschalter zur Regelung der Lautstärke untergebracht. Außerdem sitzen hier der Ein-Aus-Taster sowie der zweistufige Auslöser der Kamera. Ganz oben ist der 3,5-Millimeter-Klinkenanschluss direkt zugänglich, die Micro-USB-Buchse zum Laden des Akkus sowie zum Übertragen von Daten befindet sich unter einer kleinen Klappe. Ist sie geöffnet, kann man auch den daneben liegenden Micro-SIM-Kartenhalter rausziehen. Die Konstruktion ist etwas unhandlich, aber glücklicherweise benötigt man sie im Alltag ja nicht oft. Einen microSD-Speicherkartenslot gibt es leider nicht – den sieht Windows Phone derzeit nicht vor.

Die Rückseite trägt die Linse der 8-Megapixel-Kamera samt Foto-LED. Einen „Akkudeckel“ gibt es nicht: Der Stromspeicher ist fest im Gerät eingebaut. Hier hat sich der Hersteller offensichtlich an Apple orientiert – und leider die falschen Punkte übernommen.

Um so ansprechender ist die Front. Das dominierende Element ist die leicht nach vorne gebogene Glasscheibe des Touchscreens, hinter der sich das 3,7 Zoll große Display verbirgt. Die nicht komplett flache Ebene sieht gut aus und fühlt sich bei Wisch-Bewegungen mit dem Finger auch erstklassig an, allerdings ist das Material hier natürlich ungeschützt. Zwar macht das Glas einen soliden und kratzfesten Eindruck, aber mit Sandkörnern, Steinchen, Schlüsseln oder Kleingeld sollte man das 800 nicht unbedingt in die Hosentasche stecken.

Ein Leckerbissen ist auch das Display selbst. Mit 800 mal 480 Pixeln ist es zwar nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, aber die AMOLED-Technik sieht einfach beeindruckend aus. Außerdem hat Nokia seinen ClearBlack genannten Polarisationsfilter zum Einsatz gebracht, der störende Reflexionen im direkten Sonnenlicht reduzieren soll. Das tut er auch, aber dann fallen schmierige Fingerabdrücke auf der Scheibe noch mehr auf.

Software

Zu Windows Phone 7.5 muss man wohl nicht viel sagen. Die Oberfläche sieht auf dem Lumia 800 exakt so aus wie auf jedem anderen Windows-Handy auch. Mit einem anpassbaren Startscreen, der Hintergrundfarbe Schwarz oder Weiß und einer von elf wählbaren Farben für die Tiles – also die Menüpunkte auf dem Hauptbildschirm. Dass mit „Nokia Blue“ eine zusätzliche Farbe im Vergleich zu den Konkurrenten hinzugekommen ist, ist nett, aber keine Revolution.

Mit an Bord sind alle üblichen Funktionen von Windows Phone inklusive einem ordentlichen Webbrowser (ohne Flash), der Unterstützung von Social Networks, einem E-Mail-Client und so weiter. Weitere Anwendungen und Spiele finden sich im Windows Marketplace – so heißt der App Store von Microsoft.

Wichtiger als die Windows-Standards sind an dieser Stelle wohl die Nokia-eigenen Programme, darunter die Navigationsanwendung. Das Kartenmaterial kann der Nutzer kostenlos herunterladen – und zwar nicht nur für Deutschland, sondern für quasi alle Länder, die man üblicherweise so bereisen würde. Datenquelle ist der Navigationsspezialist NavTeq, der vor Jahren von Nokia übernommen wurde. Beim Auffinden von Firmen, Restaurants et cetera hilft Bing Maps, Microsofts Konkurrenzprodukt zu Google Maps. Im Test eingegebene Adressen findet die Software allesamt flott und verzögerungsfrei. Zoomen ist in der Navi-Ansicht kein Problem, das Ändern der Kartenausrichtung ist allerdings nicht möglich.

Wie in diesem Segment üblich, ist das Lumia 800 natürlich mit WLAN, Bleutooth und GPS ausgestattet. Es gibt 16 GByte Speicher plus 25 GByte Online-Speicher in Microsofts Cloud-Dienst SkyDrive. Mangels microSD-Kartenslot zur Speichererweiterung muss man hier mit freiem Platz deutlich mehr haushalten als bei Android-Smartphones mit Speicherkarte – oder einem zugegebenermaßen signifikant teureren iPhone mit höherer Kapazität.

Kamera

Obwohl Nokia ansonsten für hervorragende Kameras in seinen Smartphones bekannt ist, klemmt es beim Lumia 800 ausgerechnet an dieser Stelle. Auf dem Datenblatt lesen sich 8-Megapixel-Kamera mit Carl-Zeiss-Optik und Dual-LED-Blitz noch gut – aber in der Praxis fällt das Gerät hier leider durch.

Im Test werden verschiedene Fotos im Innen- und Außenbereich bei verschiedenen Lichtsituationen aufgenommen. Bei den meisten werden die scharfen, klar gezeichneten Kanten, die aktuelle Oberklasse-Smartphones herausholen können, vermisst. Stattdessen wirken die Ergebnisse einfach matt und gedämpft. Dieser erste Eindruck zieht sich auch im direkten Vergleich mit dem iPhone 4S und dem Samsung Galaxy S2 durch, die ebenfalls mit einer 8-Megapixel-Kamera ausgestattet sind.

Das gleiche Ergebnis ergibt sich auch bei Videoaufnahmen. Full-HD schafft die Digicam ohnehin nicht, stattdessen zeichnet sie Bewegtbilder „nur“ in 720p auf. Schwerer als die etwas geringere Auflösung wiegt hier allerdings die Tatsache, dass auch bei Videos alles etwas unscharf und verschwommen aussieht. Über die Mikrofon-Qualität kann man sich dagegen nicht beschweren – zumindest in diesem Punkt überzeugen die Videoaufnahmen.

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ZDNet.de Redaktion

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