Yandex hat in großem Umfang Lizenzen von Navteq erworben. Die digitalen Karten sollen dem russischen Google-Mitbewerber den Ausbau seines bisher auf 270 Städte in Russland, der Ukraine, Kasachstan und Weißrussland begrenzten Kartendienstes erlauben. Zu finanziellen Einzelheiten der Transaktion haben die Beteiligten keine Angaben gemacht.
Durch die Vereinbarung erhält Yandex Zugriff auf Kartenmaterial von Europe, Nordamerika, Australien und wirtschaftlich starken Ländern in Asien. Neben wichtigen Fernverbindungen enthält es auch Straßen, Gebäude sowie ÖPNV-Netze in Städten und Ballungszentren. Das Material will Yandex schrittweise um weitere Inhalte ergänzen. Nutzer haben auf vorhandene Kartendienste von Yandex sowohl über eine Desktop- als auch eine Mobilversion Zugriff und können Karten über eine API in eigene Webseiten einbetten.
„Die Zusammenarbeit mit Yandex ist ein wichtiger Schritt für uns. Yandex entwickelt sich mit rasanter Geschwindigkeit zu einem weltweit bedeutenden Anbieter für Internetportale mit einer Bandbreite an personalisierten Suchdiensten wie Yandex.News, Yandex.Market und Yandex.Mail“, so Claude Martane, VP Sales Emerging Markets bei Navteq, in einer Pressemitteilung. Man könne das Unternehmen mit den passenden Inhalten unterstützen, um die Entwicklung standortbasierender Dienste außerhalb Russlands voranzutreiben, und sehe die Partnerschaft als „herausragende Chance“, um die eigene Präsenz in Webportalen auszubauen.
Die Lizenzvereinbarung ist bereits der zweite Deal zwischen Yandex und Navteq. Für den Start seines Angebots in der Türkei im September 2011 hatte das russische Internetunterehmen bereits Kartenmaterial von Navteq erworben.
Yandex-Nutzter können derzeit auf detaillierte Karten von Russland und der Ukraine zugreifen. Für diese Länder stehen Suchfunktion, Routenplaner, Satellitenbilder, Panoramaansichten und teilweise auch Verkehrsinformationen zur Verfügung. Startschuss für diese Aktivitäten war die Übernahme des Kartenspezialisten GIS Technologies im Juli 2010. Für Weißrussland und Kasachstan baut Yandex vergleichbare Dienste gerade auf. Laut von der russischen Zeitung Vedomosti kürzlich veröffentlichten Zahlen war Yandex 2011 mit einem Marktanteil von 60,6 Prozent nach wie vor die meistgenutzte Suchmaschine in Russland, hat aber im Vergleich zum Vorjahr vier Prozent verloren. Google konnte seinen Anteil dagegen leicht erhöhen und kam 2011 auf 25,5 Prozent.
Beim Gang an die Nasdaq hat der russische Google-Konkurrent im Mai vergangenen Jahres bei einem Startpreis von 25 Dollar pro Aktie rund 1,3 Milliarden Dollar erlöst. Zwischenzeitlich lag der Kurs des um ein Vielfaches überzeichneten Papiers um bis zu 68 Prozent über dem Ausgabepreis. Damit wurde das Unternehmen mit insgesamt rund 11 Milliarden Dollar bewertet. Nach einem Hoch bei über 40 Dollar zum Start und einem Tief bei 16,60 Dollar im Dezember 2011 notiert die Aktie an der US-Technologiebörse derzeit bei gut 20 Dollar. Damit erreicht das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 6,69 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Google kommt auf knapp über 188 Milliarden Dollar.
Um die hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen, ist wahrscheinlich bald mit der Expansion in weitere Länder zu rechnen, für die Yandex auch das Navteq-Kartenmaterial benötigt. Welche Länder das sein könnten, ist derzeit noch unklar. Zum Start des Angebots in der Türkei hatte CEO Arkadi Wolosch erklärt, man habe, anstatt die Dienste lediglich zu lokalisieren, ein „angepasstes, völlig neues Produkt“ gebaut. Dabei habe man auch neue Technologien entwickelt, etwa um Dokumente in unterschiedlichen Sprachen vorzuhalten oder nach Bedeutung zu sortieren. Diese Neuentwicklungen wolle man künftig auch an anderer Stelle einsetzen.
Wahrscheinlichste Zielländer sind solche, in denen wie in der Türkei eine Sprache mit einer vom Englischen sehr verschiedenen Syntax gesprochen oder andere als lateinische Buchstaben verwendet werden. Beide Voraussetzungen machen es für Google schwer, mit seinen Angeboten regionale Wettbewerber auszustechen. Belege sind Yahoo in Japan, Yandex in Russland und Naver in Südkorea. Bei Baidu in China sind zwar die Voraussetzungen ähnlich, es kommen aber noch politische und regulatorische Aspekte hinzu.
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