Twitter-CEO Dick Costolo widerspricht Zensurvorwürfen

Auf der Konferenz „D:Dive Into Media“ im kalifornischen Dana Point hat Twitter-Chef Dick Costolo in einem ausführlichen Interview Zensurvorwürfe zurückgewiesen, die nach der Einführung regionaler statt globaler Filter aufgekommen waren. Twitter habe seine Richtlinien nicht geändert und werde auch weiterhin nur Tweets löschen, wenn es aus rechtlichen Gründen dazu gezwungen sei, sagte Costolo. „Wir reagieren damit nur. Wir unternehmen nichts von uns aus.“


Twitter-CEO Dick Costolo (Bild: Dan Farber/CNET).

Der Twitter-CEO nannte die Herangehensweise seines Unternehmens „den ehrlichsten, transparentesten und fortschrittlichsten Weg“. Mit der Möglichkeit, nur regional statt wie bisher weltweit zu löschen, werde Zensur sogar entschärft: „Wenn wir eine juristisch gültige Anweisung erhalten, dann versuchen wir, sicherzustellen, dass all diese Tweets weiterhin in so vielen Teilen der Welt wie möglich zu lesen sind.“

Auch an der vielfachen Unterstellung, Twitter bereite mit regionalen Filtern einen Einstieg in den chinesischen Markt vor, ist Costolo zufolge nichts dran. Der Mikrobloggingdienst sei im Iran und in China bereits blockiert. Unter dem gegenwärtigen politischen System sehe er keine Möglichkeit für Twitter, in China tätig zu sein. Twitter könne auch nicht die Gesetze bestimmter Länder ignorieren und zugleich dort geschäftlich aktiv sein: „Sie können einfach nicht in diesen Ländern tätig sein und sich die Gesetze aussuchen, an die Sie sich halten wollen.“

Im weiteren Gespräch ging Costolo auch auf andere strittige Themen ein. Er habe großen Respekt für Google, erklärte er zu Twitters öffentlicher Auseinandersetzung mit Googles sozialer Suche, aber der Suchkonzern hätte seinen Zugang zu den Twitter-Daten besser nutzen können: „Googles Crawling erreicht uns über 100 Millionen Mal am Tag, der Googlebot hat über drei Milliarden Seiten. Ich denke, sie haben die Daten, die sie brauchen. Wir kamen nur nicht zu einer Vereinbarung, weil wir uns über Details nicht einigen konnten.“

Auf die Frage, warum sich Twitter nicht mit einem Blackout an den Protesten gegen SOPA beteiligt habe, entgegnete Costolo: „An diesem Tag gab es 3,9 Millionen Tweets zu SOPA und PIPA. Wenn man einen solchen Verstärker hat, dann zieht man nicht die Batterien aus dem Mikrofon.“

Anlässlich des bevorstehenden Börsengangs von Facebook kam auch wieder die Frage nach Twitters Plänen auf. „Mark und Sheryl machen einen großartigen Job, wie sie Facebook führen“, lobte der Twitter-CEO. „Es ist ein wirklich großes Unternehmen mit einem erstaunlichen Erfolg.“ Twitter konzentriere sich jedoch auf seine eigenen Ziele. Einen Börsengang werde es vermutlich eines Tages ebenfalls aufgrund der SEC-Regel angehen, die Unternehmen mit 500 oder mehr Investoren zur Offenlegung ihrer Zahlen zwingt.

ZDNet.de Redaktion

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