Bundesjustizministerin zu ACTA: „Internetprovider sind keine Hilfssheriffs“

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich via YouTube zum viel diskutierten Anti-Piraterieabkommen ACTA zu Wort gemeldet. Als positiv bewertet sie, dass die Debatte „so engagiert und öffentlich geführt wird“. Jetzt sei es notwendig, alle Fakten auf den Tisch zu legen.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)

Gleichzeitig schob die Ministerin die Verantwortung an die EU ab: „Das Europäische Parlament hat sich jetzt mit ACTA intensiv zu befassen, alle offenen Fragen, jede Kritik zu behandeln.“ Das Parlament müsse entscheiden, „ob es ACTA will oder nicht will“.

Hierzulande sehe sie keinen Gesetzgebungsbedarf, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. „In Deutschland sind Internetsperren gerade abgeschafft worden.“ Im Koalitionsvertrag sei ausdrücklich festgelegt, dass die Regierung weder Sperren von Internetzugängen wegen Urheberrechtsverletzungen noch Warnhinweise einführen wolle. „Internetprovider sind keine Hilfssheriffs.“

Der Verein Digitale Gesellschaft zeigte sich positiv überrascht: „Wir sind erstaunt, dass die Justizministerin derartige Vorhaben rundheraus ablehnt, während der ebenfalls der FDP angehörende Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto gleichzeitig genau solche Modelle prüfen und diskutieren lässt.“ Einigen Akteuren der Koalition scheine nicht bewusst zu sein, dass Leutheusser-Schnarrenberger weder Sperren noch Warnhinweise wolle.

„Wir fordern daher den Bundeswirtschaftsminister dazu auf, umgehend klarzustellen, ob es sich bei der am vergangenen Freitag vorgestellten Warnhinweisstudie um rein wissenschaftliches Erkenntnisinteresse oder das Erforschen eines ernsthaft in Erwägung gezogenen Umsetzungsmodells handelt“, sagte der Vereinsvorsitzende Markus Beckedahl. Otto hatte Anfang Februar eine vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie vorgestellt, die Warnhinweise als sinnvolles Mittel gegen Internetpiraterie einstufte.

„Die Studie ist eine wertvolle Grundlage für die weitere Diskussion in puncto Bekämpfung der Internetpiraterie“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto. Man wolle den Dialog mit den Beteiligten aufnehmen und noch im ersten Halbjahr 2012 eine Entscheidung treffen. Internetsperren, wie sie etwa in Frankreich möglich sind, schloss Otto hierzulande jedoch Anfang der Woche erneut aus.

2008 hatte das BMWi einen „Wirtschaftsdialog zur Bekämpfung der Internetpiraterie“ ins Leben gerufen. In dessen Rahmen sollten Rechteinhaber und Diensteanbieter darüber diskutieren, wie sich der Urheberrechtsschutz gemeinsam verbessern lässt. Die aktuell veröffentlichte Studie war vergangenes Jahr in Auftrag gegeben worden. Ziel war es, die innerhalb der EU debattierten Modelle und deren Auswirkungen zu dokumentieren.

ZDNet.de Redaktion

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