Das leistet AVMs Fritz Box 6840 LTE in den neuen Netzen

Man nehme eine High-End-Fritz-Box wie die Fon WLAN 7390, ersetze das verbaute VDSL-Modem durch ein LTE-Modem, schraube noch zwei lange LTE-Antennen hinten dran, und fertig ist der neue LTE-to-WLAN-Router namens AVM Fritz Box 6840 LTE. Mehr als 90 Prozent der verbauten Hardware-Teile dürften laut Besichtigung der Innereien jedenfalls identisch sein. Jenseits der speziellen LTE-Features steht somit der bekannte enorme Funktionsumfang der beliebten Fritz-Boxen zur Verfügung. In diesem Beitrag werden daher nur die ganz neuen LTE-Aspekte überprüft.

Ein erster Prototyp der schnellen 4G-Fritzbox wurde vor mehr als einem Jahr am 16. Dezember 2010 im LTE-800-Testnetz von O2 Germany in Pfaffing bei Ebersberg vorgeführt und für den Tri-Band-Einsatz bei 800, 1800 und 2600 MHz angekündigt. Just diese drei LTE-Frequenzen werden in Deutschland ausgerollt.

Seit Ende November ist die finale 6840 LTE laut AVM nun im deutschen Handel verfügbar. Die erste Hardware-Fassung unterstützt aber nur Dual-Band-LTE bei 800 und 2600 MHz, kein LTE-1800. Das lässt sich auch nicht softwaremäßig nachrüsten.

1&1 vertreibt eine hardware-identische LTE-Fritz-Box als LTE Homeserver laut 1&1-Pressesprecherin Ingrun Senft sogar schon seit 19. September 2011. Ganz ohne Pressewirbel und „nur an Kunden, die keine DSL-Verfügbarkeit haben“. Dazu gibt es eine weiße SIM-Karte von 1&1. Diese verschafft Zugang in das LTE-Netz von Vodafone.

Funkmodule für ältere 2G-3G-Funkarten wie GPRS, EDGE, UMTS und HSPA sind in der AVM-6840 nicht eingebaut. Somit beherrscht die Fritz Box LTE zwar weniger Funksorten als etwa der 1000-Euro-LTE-Business-Router Lancom 1781-4G, aber mehr Funkarten als etwa die Huawei-B390-Router von O2, Telekom und Vodafone. Sie sind auf LTE-800 beschränkt.

LTE-Antennen und –Buchsen

Hinten hat die AVM-6840 zwei lange LTE-Antennen auf zwei SMA-Gewinden. Schraubt man sie ab, kann man noch stärkere, externe LTE-800-Antennen anschließen. Allerdings sendet die AVM-6840 von hinten gesehen nur auf dem linken LTE-Antennen-Anschluss. Der Empfang läuft dagegen über beide Antennen.

Steckt die LTE-SIM-Karte im Router, gibt man im Webserver die PIN ein und wählt ein passendes Netz-Zugangsprofil von 1&1, O2 oder Vodafone aus. Nach ein paar weiteren Klicks steht die LTE-Verbindung, sofern ein passendes LTE-Netz vorhanden ist. Ein fertiges Telekom-Profil dagegen wurde auf dem Testgerät AVM-6840 nicht angeboten.

Im LTE-Betrieb fällt die benutzerfreundliche Software von AVM auf, die detaillierte Auskünfte über den LTE-Verbindungs-Status gibt. Auch das grafische Tool zur optimalen Antennenausrichtung im Router ist sehr hübsch geworden. Zudem kann man davon ausgehen, dass das Produkt softwaremäßig laufend weiterentwickelt wird.

Um das reichweitenstarke LTE-800 zu messen, muss der Tester München verlassen und die benachbarten Landkreise aufsuchen. Es war politisch so gewollt, dass erst das Land und dann die großen Städte an das LTE-800-Netz angeschlossen werden.

Seit Sommer 2011 sind die Gemeinden Hebertshausen, Röhrmoos und Vierkirchen hinter Dachau an der S2 München-Petershausen mit LTE-800 von Vodafone versorgt. Diese Gemeinden sind keine 25 Kilometer Luftlinie von der Münchner Altstadt entfernt, somit näher als der Flughafen. LTE-800 rollt, vom Lande her kommend, bereits auf etliche größere Städte zu, auch auf München.

Vierkirchen mit Vodafone-SIM-Karte auf LTE-800

In Vierkirchen hinter Dachau meldet die AVM-Box nominale Download-Raten von 51.200 KBit/s auf 806 MHz bei einer LTE-FDD-Bandbreite von 10 MHz: Die tatsächlichen Netto-Downloads schwanken in diesem Band relativ stabil von 10.610 bis 21.630 KBit/s. Immerhin fällt kein Messwert unter 10.610 KBit/s ab. Diese Werte können durchaus mit VDSL-25 konkurrieren.

Als nominale Upload-Rate meldet die AVM-LTE-Box in Vierkirchen 10.000 KBit/s auf 847 MHz bei einer LTE-FDD-Bandbreite von ebenfalls 10 MHz: Netto schwankten auch die Upload-Messwerte zwischen 2940 und 4600 KBit/s, ohne Ausreißer.

Die Pingzeiten lagen in Vierkirchen bei 45 bis 62 Millisekunden, ohne Ausreißer. Der Jitter war meist einstellig, ein Ausreißer liegt bei 27 Millisekunden. Die MOS-Werte liegen bei 4,31 bis 4,37. Packet-Loss meist Null Prozent, nur einmal nicht messbar.

Vierkirchen mit 1&1-SIM-Karte auf LTE-800

Steckt eine LTE-SIM-Karte des Vodafone-LTE-Resellers 1&1 (anstatt zuvor von Vodafone) im SIM-Schlitz, so meldet die AVM-Box nominale Download-Raten von 21.504 (anstatt zuvor 51.200) KBit/s auf 806 MHz bei einer LTE-FDD-Bandbreite von 10 MHz: Die Netto-Downloads schwankten in diesem Band einigermaßen stabil von 7360 (zuvor 10.610) bis 14.240 (zuvor 21.630) KBit/s.

Als nominale Upload-Rate meldete die AVM-Box in Vierkirchen 5606 KBit/s (zuvor 10.000) auf 847 MHz bei einer LTE-FDD-Bandbreite von 10 MHz. Netto schwankten auch die Upload-Messwerte, von 2.620 (anstatt 2940) bis 4.320 (anstatt 4600) KBit/s, ohne Ausreißer.

Macht es nun also einen Unterschied, ob eine weiße 1&1-SIM-Karte mit LTE-Tarif 21,5 / 5,7 MBit/s oder eine rote Vodafone-SIM-Karte mit LTE-Tarif 50/10 MBit/s in der LTE-Fritz-Box steckte? Kaum! In den Messungen waren signifikante Unterschiede nur in den Netto-Downloads bemerkbar. Da ließ die 50-MBit/s-Vodafone-SIM-Karte offenbar deutlich mehr Speed durch als die auf 21,5 MBit/s gedeckelte SIM-Karte von 1&1. Wer ständig sehr große Dateien herunter lädt, spürt den Unterschied.

Die Pingzeiten schwanken jedoch in beiden Tarifen, beim Reseller 1&1 und beim Original-Netzbetreiber Vodafone, sehr ähnlich um die 50 Millisekunden, was in beiden Tarifen zu einem sehr flotten Surfen führt.

Wer also günstig an eine 6840 LTE kommen will, sollte das Angebot von 1&1 prüfen. Den 1&1 HomeServer LTE, also die AVM 6840, gibt es in den beiden 24-Monats-Tarifen 1&1 Surf-Flat 7.200 LTE und 1&1 Surf-Flat 21.600 LTE nämlich als kostenlose Dreingabe.

Pfaffing mit O2-SIM-Karte auf LTE-800

Die Indoor-Performance der Fritz Box im O2-LTE-800-Netz wird im Brauereigasthof Gut Forsting in Forsting-Pfaffing, an der Münchener Strasse 21, knapp 9 Kilometer östlich von Ebersberg, im Landkreis Rosenheim getestet.

Das Fenster bietet einen direkten Blick auf das örtliche BayWa-Gebäude mit weithin sichtbaren LTE-Antennen. Diese LTE-Vorzeigeinstallation von O2 und Huawei ist Luftlinie 240 Meter vom Brauereigasthof entfernt. Sie wurde im Dezember 2010 erstmals vorgeführt. Damals kamen LTE-800-Downloads bis über 40 MBit/s mit einem LTE-800-Router der Marke Huawei B390 zustande. Den Router gibt es seit Sommer 2010 bei Telefonica Germany nun auch kommerziell als O2 LTE Router zu kaufen. Damals war die O2-SIM-Karte noch nicht im Durchsatz gedeckelt.

Auch heute ist der Brauereigasthof noch immer einer der besten Messplätze für LTE-800 von O2 mit kurzen Pingzeiten bis zu 20 Millisekunden. Das heißt, die Antennen auf der BayWa haben offenbar eine exzellente Internetanbindung.

Ende 2011 steckte im Brauereigasthof nun eine kommerzielle, also gedeckelte LTE-SIM-Karte von O2 in die AVM-Box. Der rote Router aus Berlin meldete damit nominale Download-Raten von 7360 KBit/s auf 796 MHz bei einer LTE-FDD-Bandbreite von 10 MHz: Die tatsächlich gemessenen Netto-Downloads schwankten von 7190 bis 7340 KBit/s.

Als nominale Upload-Rate meldet die AVM-Box in Pfaffing 6270 KBit/s auf 837 MHz bei einer FDD-Bandbreite von 10 MHz. Netto schwankten auch die Upload-Messwerte ohne einen Ausreißer zwischen 3100 bis 4830 KBit/s.

Die Pingzeiten lagen bei großartigen 20 bis 35 Millisekunden, der Jitter bei 0 bis 1 Millisekunden, der MOS lag durchwegs bei 4,39 und der Packet-Loss durchwegs bei 0 Prozent.

Das Surfen auf dem Laptop fühlt sich im O2-Netz zu Pfaffing noch viel besser an als im Netz von Vodafone in Vierkirchen: Den Unterschied zwischen 25 Millisekunden in Pfaffing und 50 Millisekunden in Vierkirchen spürt man auch schon vor der Messung deutlich unter den Fingern.

Mit den SIM-Karten der anderen LTE-Betreiber kam in Pfaffing noch kein Durchsatz. Dort funkte LTE beim Test nur von O2 und noch von keinem weiteren LTE-Provider.

München mit O2-SIM-Karte auf LTE-2600

Ein paar hundert Meter vom BMW-Zylinderhochhaus und vom Olympiaturm entfernt steht in München das O2-Glashochaus. In dieser Gegend fand die AVM 6840 eine O2-Funkzelle bei 800 MHz, eine O2-LTE-Zelle bei 2600 MHz sowie eine Telekom-LTE-Zelle bei 800 MHz.

Die O2-Zelle bei 2600 MHz darf bis zu 20 MHz FDD-Kanal-Bandbreite nutzen. Sie könnte damit theoretisch also die vollen 100 MBit/s im Download bedienen. Die weiteren Zellen bei 800 MHz dürfen nur 10 MHz nutzen. Das reicht nur für 50 MBit/s im Download.

Am O2-Glashochhaus in München kommen die Downloads im Test bei 2600 MHz mit 5,2 bis 7,2 MBit/s, die ULs mit 3,5 bis 4,5 MBit/s. Vermutlich ist der Durchsatz vom Netz her gedeckelt.

Sensationell waren hier aber die Pingzeiten mit 15 bis 22 Millisekunden. Damit fühlt sich das Surfen äußerst flüssig an. Die Messung fand bei klirrender Kälte nachts im Auto statt. Der LTE-Router hing über Spannungswandler an der Autobatterie, der Laptop an seinem eigenen Akku.

München mit O2-SIM-Karte auf LTE-800

Auf 800 MHz konnte sich die AVM-6840 auf der Straße vor dem O2-Tower ebenfalls mit einer O2-Zelle per LTE verbinden. Die nominalen Datenraten waren ebenfalls auf 7,23 MBit/s DL und 6,27 MBit/s UL begrenzt. Tatsächlich kamen auf dieser LTE-Frequenz netto 5,2 bis 5,5 MBit/s im DL und 3,9 bis 4,1 MBit/s im UL bei Pingzeiten von 25 bis 35 Millisekunden. Somit kam das Internet in der 800 MHz-Zelle etwas langsamer als zuvor in der 2600 MHz-Zelle.

München mit T-SIM-Karte auf LTE-800

Beim Versuch, die vor dem O2-Tower ebenfalls bemerkbare Telekom-LTE-800-Zelle (ja, 800, nicht 1800) mithilfe einer Telekom-SIM-Karte in der Fritz Box zu betreten, brachte die LTE-Fritz-Box die Meldung: „Das Einbuchen in ein LTE-Mobilfunknetz war nicht möglich“. Dass muss aber nicht unbedingt am Produkt von AVM gelegen haben.

Jan Schöllhammer vom AVM Product Management in Berlin jedenfalls versichert, dass er mit seiner AVM Fritz Box 6840 LTE auch schon öfters in den langwelligen LTE-800-Netzen der Telekom unterwegs war.

Das Gerücht, die Telekom ließe grundsätzlich überhaupt keine fremden LTE-Geräte in ihr Netz, kann nicht ganz stimmen: Mit einem LTE-Business-Router Lancom 1781-4G für 800, 1800 und 2600 MHz kam ich schon öfter über LTE-1800-Zellen der Telekom in München-Riem erfolgreich in das Internet.

Allerdings haben manche LTE-SIM-Karten je nach Tarif zum Teil höchst raffinierte Drosselungen und zusätzliche, regionale Sperrungen, die einen LTE-Tester mitunter zur Verzweiflung treiben können.

Ausblick

Zur CeBIT 2012 hat AVM zwei weitere LTE-Fritz-Boxen angekündigt, die große AVM 6842 und die kleine AVM 6810. Beide stehen aufrecht: In dieser Bauform kann der Hersteller die LTE-Antennen komplett im Gehäuse verstecken. Das schaut viel hübscher aus als die langen Antennenlöffel der aktuellen LTE-Fritz-Box 6840. Allerdings sind auch die zwei neuen LTE-Router wiederum nur für 800 und 2600 MHz angekündigt. Die LTE-1800-Stadtnetze der Telekom bleiben somit auch für die neuen LTE-Boxen aus Berlin vorerst verschlossen.

AVM wiegelt die Nachfrage des Testers ab: LTE 1800 sei derzeit nicht wichtig. Das überrascht und kann eigentlich nur Zweckoptimismus sein, solange die Probleme mit den LTE-1800-Chipsets von Altair Semiconductor nicht ganz gelöst sind. In Köln, München und Frankfurt sind LTE-1800-Netze der Telekom nämlich schon großflächig ausgerollt. Laut Bruno Jacobfeuerborn, Technikchef der Telekom Deutschland GmbH, wird 2012 das Jahr von LTE: Die Telekom will 2012 mehr als 100 weitere Städte mit LTE versorgen. Diesen Markt bei 1800 MHz wird sich AVM doch auf Dauer sicher nicht entgehen lassen.

ZDNet.de Redaktion

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