EuGH verhandelt über gebrauchte Softwarelizenzen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhandelt seit heute darüber, ob es zulässig ist, gebrauchte Softwarelizenzen weiterzuveräußern. Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich im Februar 2011 um eine Entscheidung gedrückt, stattdessen auf eine EU-Richtlinie verwiesen und den EuGH angerufen.

Oracle hat jetzt nach eigenen Angaben beim EuGH beantragt, die Illegalität des Handels mit gebrauchten Software-Lizenzen gemäß europäischem Recht festzustellen. Mehrere deutsche Gerichte hätten das Geschäftsmodell von Usedsoft bereits als illegal eingeschätzt. Es gebe zudem eine einstweilige Verfügung, den Wiederverkauf von Oracle-Lizenzen zu unterlassen. Vertreter der Europäischen Kommission sowie Frankreichs und Italiens hätten sich in ähnlicher Weise geäußert.

„EU-Gesetze schützen Firmen wie Usedsoft nicht, die mit nichts anderem als heißer Luft handeln“, sagte Uwe Hornung von Clifford Chance, Vertreter von Oracle beim Verfahren vor dem EuGH. „Das Copyright umfasst verschiedene Rechte, darunter das Recht, zu entscheiden, ob eine Lizenz übertragbar ist oder nicht. Usedsoft behauptet, es sei in der Lage, Lizenzen an Dritte zu übertragen, obwohl es das tatsächlich nicht kann.“

Usedsoft sieht die Sache anders: Demnach hat Oracle vor dem EuGH einen „Rückzieher“ gemacht und eine Rechtsposition aufgeben. In der mündlichen Verhandlung habe Oracle zugegeben, dass die Unterscheidung zwischen körperlicher Übertragung und Online-Übertragung von Oracle-Software unerheblich sei – wenn es um die Frage geht, ob Oracle-Software dem „Erschöpfungsgrundsatz“ unterliegt. Es bestehe kein Unterschied, ob die Software per Datenträger oder über das Internet vertrieben werde; beide Wege führten zum selben Ergebnis.

Voraussichtlich wird der EuGH noch in diesem Jahr eine Entscheidung treffen. Anschließend fällt der BGH auf Grundlage des EuGH-Spruchs das letztinstanzliche Urteil.

Hintergrund des Falls ist ein Rechtsstreit zwischen Oracle und Usedsoft. Letzteres bot seit 2005 gebrauchte Lizenzen für Oracle-Programme an. Die Rechtmäßigkeit der Verkäufe sollten notarielle Beglaubigungen belegen: Darin war vermerkt, dass Usedsoft sowohl der Lieferschein als auch eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers vorlägen, dass er der rechtmäßige Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr nutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe.

Oracle klagte gegen diese Form der Weiterverbreitung, weil es seine ausschließlichen Nutzungsrechte verletzt sah. In mehreren Instanzen wurde der Klage bereits stattgegeben. Der BGH sollte über die jüngste Revision von Usedsoft entscheiden.

[mit Material von Lutz Pößneck, silicon.de]

ZDNet.de Redaktion

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