Das Landgericht Mannheim hat Motorola eine einstweilige Verfügung gegen Microsoft erteilt, mit der es den deutschlandweiten Vertrieb der Microsoft-Produkte Windows 7, Xbox 360, Internet Explorer und Windows Media Player theoretisch stoppen könnte. Nach Ansicht von Richter Holger Kircher verletzen sie die beiden von Motorola gehaltenen EU-Patente EP0538667 und EP0615384, die Techniken für einen „adaptiven Bewegungsausgleich“ und eine „adaptive Kompression digitaler Videodaten“ beschreiben. Konkret geht es um den Videostandard H.264. Der Blog FOSS Patents hat als erstes über die Entscheidung berichtet.
Demnach darf Motorola Microsoft nicht nur den Verkauf der Produkte in Deutschland untersagen, sondern auch im deutschen Handel befindliche Einheiten zurückrufen und zerstören – zumindest theoretisch. Denn in der Praxis muss der Handyhersteller noch einige Hürden überwinden, um die Verfügung auch durchsetzen zu können. Falls Microsoft gegen das Urteil in Berufung geht – was als wahrscheinlich gilt -, muss Motorola eine Sicherheit in Höhe von Hunderten Millionen Euro hinterlegen, um für etwaige Umsatzausfälle von Microsoft aufzukommen, sollte eine höhere Instanz das jetzige Urteil aufheben. Zudem könnte das in nächster Instanz zuständige Oberlandesgericht Karlsruhe das Verkaufsverbot aussetzen, bis es eine finale Entscheidung getroffen hat.
Ein weiterer und entscheidender Stolperstein für Motorola ist Patentblogger Florian Müller zufolge ein ähnliches Patentverfahren zwischen beiden Firmen in den USA: Im November 2010 – acht Monate vor den von Motorola initiierten Prozessen in Deutschland – hatte Microsoft beim US-Bezirksgericht des Western District of Washington eine Beschwerde eingereicht, um Motorolas Versprechen einer FRAND-Lizenzierung weltweit durchzusetzen. Falls Richter James L. Robart in diesem Rechtsstreit weiterhin zugunsten von Microsoft entscheiden sollte, wird Motorola keine Möglichkeit haben, die vom Mannheimer Landgericht erteilte Verfügung umzusetzen.
Denn Ende März beantragte Microsoft seinerseits eine einstweilige Verfügung, um zu verhindern, dass Motorola ein Verkaufsverbot gegen seine Produkte in Deutschland durchsetzen kann, bis das US-Gericht in der Sache entschieden hat. Als Ausgleich bietet der Softwarekonzern eine 300 Millionen Dollar schwere Bürgschaft, um Motorola für etwaige Einkünfte abzugelten, die ihm verloren gehen, weil Microsofts Produkte weiter verkauft werden. Anfang April kam Richter Robart Microsofts Antrag nach. Ein finales Urteil in dem Fall wird im Lauf des Jahres erwartet. Der nächste Verhandlungstag ist der 7. Mai.
Motorolas H.264-Patente sind „essentiell“ für den Videostandard, was bedeutet, dass sie unter die FRAND-Bedingungen fallen. Damit sind grundlegende Schutzrechte gemeint, die von ihren Inhabern zu „fairen, vernünftigen und nicht diskriminierenden Bedingungen“ (FRAND) lizenziert werden müssen. Andernfalls drohen kartellrechtliche Konsequenzen, weil eine Weigerung einem Monopolmissbrauch gleichkommt.
Ende Februar hatte Microsoft bei der EU-Kommission Beschwerde gegen Motorola Mobility eingelegt, weil es seine standardrelevanten Patente nicht zu vernünftigen Bedingungen lizenziere. Brüssel leitete daraufhin Anfang April zwei förmliche Prüfverfahren gegen Motorola ein. Es soll untersucht werden, ob das Unternehmen standardrelevante Patente „missbräuchlich und unter Umgehung seiner Zusagen gegenüber Normungsorganisationen genutzt“ hat, um den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Als Vorsichtsmaßnahme kündigte Microsoft ebenfalls Anfang April an, sein Logistikzentrum aus Deutschland in die Niederlande zu verlagern. Hintergrund ist die Befürchtung, dass wegen Patentklagen Produkte in Deutschland zurückgehalten werden.
[mit Material von Don Reisinger, News.com]
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