100. Geburtstag: Alan Turing, Codeknacker und Computerpionier

Am 23. Juni 2012 wäre der britische Logiker und Mathematiker Alan Mathison Turing 100 Jahre alt geworden. Er schuf wesentliche theoretische Grundlagen der Informatik. Im Zweiten Weltkrieg wirkte er an der kriegsentscheidenden Entzifferung deutscher Funksprüche mit, die mit der Schlüsselmaschine Enigma codiert waren. Obwohl er nur 41 Jahre alt wurde, leistete er prägende Beiträge zu Kryptoanalyse, Computertechnologie und auch zur theoretischen Biologie.

Eine Vielzahl weltweiter Veranstaltungen feiert im Alan-Touring-Jahr sein Leben und seine Arbeit. Mit der Ausstellung Codebreaker trägt das Science Museum in London dazu bei. In ihrem Mittelpunkt steht der frühe Rechner ACE (Automatic Computing Machine), an dessen Entwicklung Turing von 1945 bis 1948 arbeitete. Die holländische Ausstellung Turings Erfenis wartet mit einer besonders witzigen Einlage auf, einer aus dem Robotik-Baukasten Lego Mindstorms Next konstruierten Turingmaschine.


Im Londoner Science Museum ausgestellte Chiffriermaschine Enigma (Bild: Science Museum / SSPL)

Der in Indien gezeugte und in London geborene Turing fiel schon als Kind durch seine Neigung zu Zahlen und Rätseln auf. Mit 24 Jahren schrieb er seine Arbeit „On Computable Numbers, with an Application to the ‚Entscheidungsproblem'“ und konzipierte dabei die Turingmaschine. Sie war eigentlich ein mathematisches Konzept zur Berechenbarkeit von Problemen.

In einem 1950 veröffentlichten Papier schlug der Mathematiker den Turing-Test vor, der die Feststellung erlauben sollte, ob eine Maschine zu menschenähnlichem Denken fähig ist. Obwohl der Test nicht unumstritten ist, stieß er damit eine intensive Diskussion über Künstliche Intelligenz an. Heute wird dieses Konzept bei CAPTCHAs eingesetzt. Ab 1952 arbeitete Turing an mathematischen Problemen der Biologie und ging unter anderem den Fragen nach, wie sich Zebrastreifen formen und die Muster tropischer Fische bilden.

Alan Turing erlebte nur wenig Anerkennung für seine Leistungen. Zwar hatte die Enigma-Entschlüsselung den Weltkrieg möglicherweise um zwei Jahre verkürzt, aber seine Mitwirkung blieb bis in die 1970er Jahre geheim. Nach einem Einbruch in seinem Haus erfuhr die Polizei 1952 von seiner Homosexualität. Er wurde entsprechend den damaligen Gesetzen wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ angeklagt. Nach seiner Verurteilung musste er sich zwischen Gefängnis oder einer Hormonbehandlung mit Östrogen entscheiden und wählte die „Therapie“. Turing, der sich zuvor auch als Marathonläufer bewiesen hatte, litt offenbar unter ihren körperlichen und seelischen Nebenwirkungen. 1954 wurde er tot neben einem vermutlich vergifteten Apfel aufgefunden. Eine gerichtliche Untersuchung ging von Suizid aus.

Im Jahr 2009 entschuldigte sich der damalige britische Premierminister Gordon Brown offiziell für die Behandlung Turings und nannte sie „entsetzlich“. „Es ist sicher keine Übertreibung, zu sagen, dass die Geschichte des Zweiten Weltkriegs ohne seinen herausragenden Beitrag ganz anders hätte verlaufen können“, sagte Brown. „Der ihm geschuldete Dank macht umso entsetzlicher, was ihm widerfahren ist.“

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ZDNet.de Redaktion

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