Bericht: Neues UN-Telekommunikationsabkommen gefährdet Freiheit des Internets

Hinter verschlossenen Türen geführte Verhandlungen über ein neues weltweites Telekommunikationsabkommen führen zu anhaltenden Befürchtungen vor einer „UN-Übernahme des Internets“. Insbesondere Politik und Wirtschaft in den USA sind beunruhigt, da Länder wie China, Russland, Iran und Saudi-Arabien Vorschläge vorantreiben, die die Freiheit des Internets gefährden könnten.

Die aktuellen Verhandlungen gehen einem im Dezember anstehenden Gipfeltreffen in Dubai voraus. Während der World Conference on International Telecommunications (WCIT) sollen Telekommunikationsvorschriften aus dem Jahr 1988 grundlegend überarbeitet werden. Im letzten Monat wurde dazu ein Ergänzungsvorschlag Russlands bekannt, nach dem die Öffentlichkeit uneingeschränkten Zugang zu internationalen Telekommunikationsdiensten haben soll – „außer in Fällen, in denen internationale Telekommunikationsdienste dazu genutzt werden, in interne Angelegenheiten einzugreifen, die Souveränität, nationale Sicherheit, territoriale Integrität sowie öffentliche Sicherheit anderer Staaten zu untergraben oder Informationen vertraulicher Natur zu verbreiten“.

Das zielt klar auf eine Internetzensur und darauf, Entwicklungen vergleichbar dem „Arabischen Frühling“ frühzeitig im Keim zu ersticken. Die US-Delegation hat angekündigt, jegliche Formulierungen zu verhindern, die eine Zensur ermöglichen könnten. Philip Verveer, im US-Außenministerium für internationale Kommunikations- und Informationspolitik verantwortlich, erklärte gegenüber Associated Press: „Wenn wir über Werte verfügen, wie wir sie im Bereich der freien Meinungsäußerung und des freien Informationsflusses haben, dann müssen wir alles tun, um diese klar zu formulieren und zu erhalten.“

Das Treffen in Dubai wird von der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) vorbereitet. Es handelt sich dabei um eine UN-Sonderorganisation mit über 190 Mitgliedsländern. Sie nahm kürzlich erst die Malware Flame zum Anlass, mehr Zuständigkeit für die Bekämpfung von Cybergefahren im Internet zu fordern.

Kritiker sehen in einer ITU-Zuständigkeit für das Internet jedoch ein grundsätzliches Problem. Die amerikanischen Forscher Patrick S. Ryan und Jacob Glick, die beide auch beratend für Google tätig sind, fordern in einem Aufruf deshalb Offenheit und Mitwirkungsmöglichkeiten: „Die ITU ist eine geschlossene Organisation und war das fast 150 Jahre lang. Die Regeln und Abläufe der ITU mögen mit staatlich betriebenen Telekom-Monopolen funktioniert haben. Aber in einer Internet-Regulierung können sie nicht funktionieren.“

Für weitere Unruhe sorgten bekannt gewordene Vorschläge von Internet-Service-Providern, die auf die Aushöhlung der Netzneutralität durch ein Zwei-Klassen-Netz hinausliefen. ITU-Generalsekretär Hamadoun Touré signalisierte inzwischen Entgegenkommen und erklärte, er wolle den beteiligten Ländern nahelegen, ihre Entwürfe zu veröffentlichen. Er räumte ein, dass der russische Vorschlag noch immer nicht abgelehnt wurde. Das Abschlussdokument wird laut Touré jedoch keine Vorschläge enthalten, denen nicht alle Mitgliedsstaaten zugestimmt haben.

[mit Material von Dara Kerr, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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