Betreiber von WLAN-Hotspots müssen keine Nutzerdaten speichern

Mit einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 12. Januar 2012 (Aktenzeichen 17 HK O 1398/11, PDF) hat das Landgericht München I entschieden, dass Anbieter kostenloser WLAN-Hotspots ihre Nutzer nicht identifizieren müssen. Demnach dürfen WLAN-Internetzugänge beispielsweise in Hotels, Gaststätten, Bahnhöfen und Flughäfen weiterhin anonym angeboten werden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung begrüßt die Entscheidung. „Wenn eine Identifizierung von Nutzern kostenloser Hotspots nicht erforderlich ist, wie das Landgericht München festgestellt hat, dann ist sie auch nicht zulässig: Denn das Telekommunikationsgesetz verbietet die Erhebung nicht erforderlicher Daten“, so Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in einer Pressemitteilung.

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilder Beuge Solmecke (Bild: C. Solmecke)

Seiner Ansicht nach handeln alle Anbieter kostenloser Hotspots rechtswidrig, die von Nutzern zurzeit noch eine Anmeldung oder Registrierung verlangen, bevor der Zugang freigegeben wird: Diese Praxis müsse jetzt ein Ende finden. Sie sei außerdem ziemlich sinnlos, weil viele Menschen bei der Registrierung schon jetzt Fantasienamen angeben würden.

„Für die Betreiber von offenen W-LANs stellt das Urteil eine erhebliche Erleichterung dar“, erklärte Rechstanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke auf Anfrage von ZDNet. Auch für die Nutzer bringe die Entscheidung nur Vorteile. „Sie müssen sich nicht erst aufwändig registrieren, wenn sie in Hotels und Gaststätten das Internet nutzen wollen. Betreiber von Internetcafés und offenen WLANs sollten sich durch die Entscheidung des Landgerichts München allerdings nicht zu sehr in Sicherheit wähnen. Das Urteil betrifft nur die Speicherpflicht, nicht die immer noch stark umstrittene so genannte Störerhaftung.“

Jens Ferner von der Kanzlei Ferner in Alsdorf (Bild: J. Ferner)

Diesen Punkt betont auf Anfrage von ZDNet auch Jens Ferner von der Anwaltskanzlei Ferner. In einer ersten Einschätzung bieten sich seines Erachtens nach keine Anhaltspunkte dafür, dass sich aus dem Urteil verallgemeinernde Rückschlüsse für Verbraucher ziehen lassen. Insbesondere bedeute diese Entscheidung nicht, dass WLAN-Betreiber allgemein darauf verzichten dürfen, Nutzer zu identifizieren, ohne Gefahr zu laufen, als Störer in Anspruch genommen zu werden. „Das Problem der Störerhaftung wird bei WLAN-Betreibern weiterhin im Raum stehen. Es geht hier nicht um die Problematik der Haftung, sondern alleine um die Frage, ob durch den Provider gespeichert werden muss“, so Ferner.

Auf diesen Aspekt legt auch Solmecke Wert: Betreiber von offenen WLANs könnten nach wie vor in die Haftung kommen, wenn die Nutzer über das Netz Urheberrechtsverletzungen begehen. So habe etwa das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 310 O 433/10) entschieden, dass Betreiber von Internetcafés für Rechtsverletzungen ihrer Kunden haften müssen. Im Gegensatz dazu hat das Landgericht Frankfurt am Main festgestellt (Aktenzeichen 2-6 S 19/09), dass Hotels, die ihre Kunden entsprechend belehrt haben, nicht für Rechtsverletzungen haften müssen.

„Die eigentliche Frage der Haftung ist also leider nach wie vor in Deutschland stark umstritten. Höchstrichterliche Entscheidungen fehlen noch. Insofern könnte die aktuelle Entscheidung des LG München auch einen Pyrrhussieg für die Betreiber von offenen WLANs darstellen: Kennen sie ihre Kunden nicht, so können sie diese später nicht in Regress nehmen, falls es zur Inanspruchnahme des WLAN Betreibers kommt. Hotels tun also nach wie vor gut daran, ihre Kunden vor der WLAN-Nutzung zu belehren, die Nutzerdaten aufzunehmen und die Filesharing-Ports im Router zu sperren“, so Solmecke weiter.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung unterstützt die Forderung der Digitalen Gesellschaft, gesetzlich klarzustellen, dass sowohl private als auch gewerbliche Anbieter öffentlicher Internetzugänge für Rechtsverletzungen der Nutzer nicht verantwortlich sind. Hintergrund der Forderung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen I ZR 121/08) aus dem Jahr 2010. Darin wurde von einem Privatmann verlangt, seinen bis dahin offenen WLAN-Internetzugang zu verschlüsseln, nachdem darüber eine Urheberrechtsverletzung begangen worden war. Diese Rechtsauffassung wird vielfach kritisch gesehen, unter anderem, „weil ohne gesetzliche Grundlage weitreichende Verkehrspflichten, etwa eine Pflicht zur Hinderung anderer an der vorsätzlichen Begehung von Straftaten“, geschaffen werden.

Außerdem argumentieren die Gegner, dass die Paragrafen 7 und 8 des Telemediengesetzes Internet-Zugangsanbieter von anderen als zumutbaren Sperrungspflichten von vornherein ausnähmen. Inhaber eines Internetanschlusses, die Dritten den Zugang zum Internet vermitteln, seien aber Diensteanbieter im Sinne dieser Vorschriften und der Gesetzgeber habe mehrfach erklärt, dass Zugangsvermittler für bloß durchgeleitete Inhalte nicht einzustehen haben.

ZDNet.de Redaktion

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