Der frühere Sun-Chef Jonathan Schwartz hält Oracles Java-Strategie für verfehlt und beklagt vertane Chancen. „Sie haben schrecklich viel Zeit und Energie für das Prozessieren aufgewandt“, sagte er in einem ausführlichen Gespräch mit News.com. „Wenn sie diese Energie darauf verwandt hätten, eine großartiges Mobiltelefon oder eine großartige Entwicklerplattform für mobile Geräte zu schaffen, dann hätte alles ganz anders ausgehen können.“
Seiner Ansicht nach hätte Oracle mit Google zusammenarbeiten sollen, statt den Suchkonzern wegen angeblichen Copyright- und Patentverstößen durch sein Mobilbetriebssystem Android zu verklagen: „Beim Erfolg von Java und seiner unaufhaltsamen Verbreitung, kombiniert mit einem der erfolgreichsten Unternehmen, hätten sie mit Sicherheit erstaunlich viel daraus machen können. Es war ihre Entscheidung, das nicht zu tun. Sie haben all die Arbeit verschenkt, die wir bei Sun geleistet haben. Wenn man sich ansieht, was mit Java ME und JavaFX läuft – da ist so viel reif, um es in den Markt zu bringen.“
Schwartz, der selbst im Oracle-Google-Prozess als Zeuge aussagte, hat auch eine entschiedene Meinung zum US-Patentsystem. Es nütze weniger den etablierten Unternehmen, sondern vielmehr den Firmen, die in großem Maßstab Patente aufkaufen, nur um sie zu lizenzieren, oft unter Androhung eines kostspieligen Patentstreits: „Das macht es wirklich erschreckend, denn jetzt ist da jemand, der nichts zu verlieren hat.“ Nathan Myhrvold, Microsofts früherer CTO und Gründer des aggressiven Patentverwerters Intellectual Ventures, sei ein „sehr, sehr, sehr schlauer Mann“, der es damit zum reichsten Mann der Welt bringen könne.
Jonathan Schwartz räumte auch Fehler in seiner Zeit als Sun-Chef ein. Er bedauert insbesondere, Amazon Web Services das Feld überlassen zu haben. Sun Microsystems hatte bereits frühzeitig mit Sun Grid Serverleistung zur Miete angeboten, aber eine andere und weniger erfolgreiche Strategie verfolgt: „Wir haben einen klassischen Fehler gemacht. Ich habe den Fehler gemacht. Wir wollten die größten Kunden der Welt gewinnen. Amazon kümmerte sich um die kleinsten Kunden der Welt.“ Indem es Start-ups und Entwickler bediente, habe Amazon den Markt aufgerollt. „Jetzt sind sie der weltweite Marktführer.“
Der frühere Chef von 30.000 Mitarbeitern leitet heute mit CareZone ein von ihm mitgegründetes Start-up in San Francisco mit nur einem Dutzend Mitarbeitern. Es ist ein abonnementbasierter Medizin-Dienst im Web. Kunden sollen dort Personen und deren medizinische Erfordernisse eintragen, mit deren Pflege sie betraut sind. Schwartz sieht hier Bedarf, da er selbst zwei Kinder sowie Eltern jenseits der 80 hat. Der Dienst läuft auf Amazons Cloud-Plattform, enthält keine Anzeigen und gibt ohne Gerichtsbeschluss keine Informationen an Dritte heraus.
Ein Modell ohne Werbung habe er bewusst gewählt, erklärt er: „In der Welt der sozialen Medien haben Sie mit dem Dilemma zu kämpfen, dass Privatsphäre den Umsätzen entgegensteht.“ Je mehr Privacy Facebook gewähre, desto geringer fielen seine Umsätze aus – da Facebook sein Geld verdiene, indem es Werbetreibenden den Zugang zu seinen Nutzern verkauft. „Das ist weder gut noch schlecht, aber es ist nicht das Modell, dem ich mit meinen Eltern oder mit meinen Kindern folgen möchte. Ich möchte das an einem privaten Ort wissen und kontrollieren können, wer Zugang bekommt.“
[mit Material von Stephen Shankland, News.com]
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