Deutsche Telekom schließt erste Privatkunden ans Glasfasernetz an

Die Deutsche Telekom hat die ersten regulären Privatkunden an ihr neues Glasfasernetz genommen. Die Technik ermöglicht dem Bonner Konzern zufolge Datenraten von bis zu 200 MBit/s beim Download und maximal 100 MBit/s beim Upload. Das Angebot ist in Braunschweig, Brühl in Baden, Hannover, Hennigsdorf bei Berlin, Ingolstadt, Kornwestheim bei Stuttgart, Mettmann, Neu-Isenburg, Offenburg, Potsdam, Rastatt und Stade verfügbar.

Bei FTTH endet die Glasfaserleitung nicht am Verteilerkasten auf dem Bürgersteig oder im Keller eines Hauses, sondern wird bis in die Wohnung geführt (Bild: Telekom).

Trotz des nun erfolgten Starts ist die Telekom beim Thema Glasfaser ein Spätzünder: Bereits zur CeBIT 2011 hatte der Konzern für alle diese Städte außer Stade angekündigt, bis Ende 2011 in ausgewählten Stadtteile insgesamt 160.000 Haushalte anzuschließen. Zuvor hatte im November 2010 ein Pilotversuch in Henningsdorf begonnen, und im Dezember 2010 war in einem öffentklichkeitswirksamen Test mit einer Familie in Dresden für die neue Netztechnologie geworben worden. Das zunächst ausgegebene ehrgeizige Ziel von 4 Millionen versorgten Haushalten im Lauf des Jahres 2012 wurde inzwischen jedoch auf wenige Hunderttausend reduziert.

Das war notwendig, da die Telekom bevorzugt auf Fibre to the Home (FTTH) setzt. Dabei befindet sich der optische Netzabschluss in der Wohnung. Da so die „letzte Meile“ nicht mittels Kupferkabel überbrückt wird, sind höhere Geschwindigkeiten möglich – allerdings ist auch der Aufwand größer als bei dem von anderen Anbietern bevorzugten Ansatz FTTB (Fibre to the Building), wo die schnelle Glasfaserleitung im Keller endet – mit der Option, die Infrastruktur im Gebäude bei einer späteren Gelegenheit aufzurüsten, etwa bei einer ohnehin anstehenden Renovierungsmaßnahme. Vorreiter sind dabei in Deutschland Netcologne in Köln und M-Net in München.

Dennoch ist Deutschland beim Glasfaserausbau eines der Schlusslichter in Europa. Laut Zahlen des FTTH Council Europe nutzten Ende 2011 in Deutschland 166.000 private Abonnenten die Technik für den Internetzugang. Das entspricht gerade einmal 0,4 Prozent aller Haushalte. Damit liegt Deutschland in Europa auf einem der hintersten Ränge. Die höchste Durchdringung mit FTTH erreichen Norwegen, Slowenien, Litauen, Lettland, Dänemark, Schweden und Portugal, die höchsten Zuwachsraten an neuen Glasfaserkunden wiesen im zweiten Halbjahr 2011 die Ukraine, Frankreich, Spanien und die Türkei auf. Der Anteil an Haushalten mit Zugang zu FTTB ist in Litauen, Russland, Bulgarien, Schweden und Estland am höchsten. In diesen Ländern liegen die kumulierten Werte zwischen rund 27 (Litauen) und gut 7 Prozent (Estland).

In der Übersicht des FTTH Council zur Glasfaserversorgung in Europa (Stand Ende 2011) aufgesplittet nach FTTH (grün) und FTTB (rot) taucht Deutschland wegen der geringen Prozentwerte überhaupt nicht erst auf (Grafik: FTTH Council).

Das sich das durch das Engagement der Telekom nun rasch ändert, ist nicht zu erwarten. Zwar erklärt Deutschland-Chef Niek Jan van Damme in einer Pressemeldung, „der Glasfaser gehört im Festnetz die Zukunft“, aber er weist auch auf die hohen Kosten hin und schränkt daher ein, man werde den Glasfaserausbau „mit Augenmaß vorantreiben“. Derzeit liefen Gespräche über einen weiteren Ausbau im Jahr 2013. Die Telekom hat in mehreren Städten Gebiete identifiziert, die für einen Ausbau infrage kommen. Wenn eine Stadt sich zu dem Vorhaben positiv äußert, fragt die Telekom den Bedarf bei der Bevölkerung ab.

Voraussetzung dafür, dass ein ins Auge gefasstes Gebiet auch tatsächlich Ausbaugebiet wird ist, das rund 80 Prozent der Immobilieneigentümer bereit sind, ihre Immobilie kostenfrei ans Glasfasernetz anschließen zu lassen. Außerdem müssen zehn Prozent der potenziellen Kunden im Ausbaugebiet bereit sein, einen Vorvertrag für einen Glasfaseranschluss abzuschließen. In dem für die Glasfaservermarktung eingerichteten Bereich ihrer Website nennt die Telekom bereits Amberg, Chemnitz, Aschaffenburg, Freising, Bergneustadt, Kempten, Gummersbach und Kiel als Städte, in denen demnächst Glasfaseranschlüsse verfügbar sind. Münster war ursprünglich auch geplant, dort kam aber die erforderliche Anzahl der Vorverträge nicht zustande. Die Telekom setzt ihr Glasfaserprojekt in der Stadt daher nicht fort. Dasselbe Schicksal kann auch noch einige der oben genannten Orte ereilen.

Übersicht über die Entwicklung der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen in Europa von 2009 bis 2011 (Grafik: FTTH Council)

ZDNet.de Redaktion

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