Als Amazon das ursprüngliche Kindle Fire im letzten Jahr für 199 Dollar vorstellte, war dies – vor allem in preislicher Hinsicht – eine echte Überraschung. Der Online-Händler konnte mit dem relativ preiswerten Android-Tablet einen echten Überraschungserfolg landen. Die Vorherrschaft im 7-Zoll-Bereich wurde aber kürzlich durch die Vorstellung des Android-4.1-Tablets Google Nexus 7 beendet. Zudem ist das Google-Modell auch außerhalb der USA verfügbar.
Jetzt kontert Amazon mit dem Kindle Fire HD und bietet für 199 Euro ein Tablet mit verbesserter Hardware und aktualisierter Software auch außerhalb der USA an. Während das kaum ein Anlass für Google sein dürfte, zurück ans Zeichenbrett zu gehen, stellt sich Kindle Fire HD als eine interessante Alternative zur reinen Android-Erfahrung des Nexus 7 vor.
Welches dieser 199-Euro-Tablets passt am besten zu welchem Nutzer? Um das herauszufinden, sind die Vor- und Nachteile abzuwägen und die Spezifikationen näher zu betrachten.
Kindle Fire HD
Pro:
Wenn ein Tablet hauptsächlich dem Entertainment dienen soll, dann spricht viel für das Kindle Fire HD. Wie sein Vorgänger ist es untrennbar mit Amazons attraktiven Ökosystem mit seinen Schaufensterfronten für digitale Medien verbunden, inklusive E-Books für Kindle, Amazon MP3-Downloads sowie der Online-Videothek. Käufer eines Kindle-Tablets können in Deutschland außerdem einen Monat lang den Premiumversand Amazon Prime gebührenfrei testen. Amazons Whispersync-System erlaubt den Nutzern, ihre Bibliothek mit E-Books, die letzte gelesene Seite, Lesezeichen, Notizen und Markierungen automatisch mit anderen Geräten wie Smartphones, PCs und Macs zu synchronisieren.
Was die Hardware angeht, wartet Kindle Fire HD mit ein paar Features auf, deren sich Nexus 7 nicht rühmen kann. Für 249 Euro gibt es Amazons Tablet auch mit 32 GByte Speicher. Über den HDMI-Ausgang ist die Ausgabe von Filmen und Fotos in HD-Auflösung auch auf dem Fernseher oder einem anderen Bildschirm möglich. Das insbesondere beim Lesen störende Problem spiegelnder Tablet-Bildschirme versucht Kindle Fire HD zu lösen, indem es Berührungssensor und die Flüssigkristallanzeige zu einer einzigen Glasscheibe zusammenfügt und so „ein Display schafft, das leicht zu lesen ist, sogar wenn das Licht von oben kommt“. Die beiden verbauten WLAN-Antennen ermöglichen Empfang und Übertragung gleichzeitig über beide Antennen. Sie sollen für stabilere Verbindungen und schneller gestreamte Medien sorgen.
Kontra:
Kindle Fire HD ist ein geschlossenes System, das mit Amazons eigenen Diensten meist gut zusammenspielt. Es ist aber auch mit einer Auswahl an Apps verbunden, die im Vergleich zum Angebot bei Google Play dramatisch eingeschränkt ist. Seine Hardware lässt einige Sensoren vermissen, die im Nexus 7 zu finden sind, darunter NFC, digitaler Kompass, Gyroskop und GPS. Logischerweise muss man dadurch auf integrierte Straßenkarten oder eine Navigationsanwendung verzichten.
Von Google erworbene Android-Apps sind auf Kindle Fire HD nicht leicht zu installieren. Umgekehrt laufen nicht alle bei Amazon gekauften Apps auf allen Varianten von Android-Geräten.
Außerdem sind sämtliche Kindle-Fire-Modelle nur mit personalisierter Werbung erhältlich.
Nexus 7
Pro
Das von Google und Asus produzierte Tablet Nexus 7 bereitet eine unverfälschte Android-Erfahrung – ohne personalisierte Werbeeinblendungen. Es läuft mit Android 4.1 „Jelly Bean“, der aktuellsten Version von Googles Mobilbetriebssystem. Zu ihr gehören erweiterte Features wie die ausgefeilte Sprachsteuerung, die unterstützte Nahfunktechnik NFC sowie kontextabhängige Informationen über die neue Anwendung Google Now.
Features wie Google Maps und GPS machen das Tablet unterwegs besonders nützlich. Die Bandbreite von Apps und Games wird nur von Apple übertroffen. Durch die Integration von Kompass sowie Gyroskop erscheinen 3D-Spiele und aufwendige Apps realistischer. Für Nexus 7 gekaufte Apps können auch leicht auf vielen kompatiblen Android-Smartphones hinzugefügt werden. Die tiefe Integration von Google-Diensten (Gmail, Calendar, Docs, Drive) erlaubt es professionellen Anwendern, nahtlos zwischen Computer, Mobiltelefon und Tablet zu wechseln.
Kontra
Während das Nexus 7 wohl über die bis jetzt bedienungsfreundlichste Oberfläche verfügt, könnte die insgesamte Komplexität des Geräts Nutzer einschüchtern, die in erster Linie ein Tablet für Entertainment und Websurfen wollen. Der Preis von 199 Euro schließt nur 8 GByte Speicher ein, während Amazon für das gleiche Geld 16 GByte bietet. Googles Ökosystem für Unterhaltung (Filme, Musik und E-Books) kommt nicht an das von Amazon heran, obwohl es sich derzeit rasch verbessert.
Fazit
Es ist zweifellos ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Entscheidend ist vielleicht weniger, welches Modell mit den „besten Spezifikationen“ kommt, sondern vielmehr das bessere Content- und App-Angebot. Mit anderen Worten, wenn jemand bereits in der Medienlandschaft von Amazon investiert ist mit E-Books, Musik und Video, für den bietet Kindle Fire HD wahrscheinlich mehr, sofern man mit personalisierter Werbung klarkommt. (Die Kindle-Apps für E-Books und die MP3-App sind auch für Nexus 7 verfügbar, aber bis heute nicht das Videostreaming, das Amazon in Deutschland über seine Tochter Lovefilm.de anbietet.) Wenn andererseits Google Play unverzichtbare Apps anbietet, die nicht bei Amazon zu haben sind, könnte das den Ausschlag geben.
Detailliertere Erfahrungswerte sind erst nach mehrtägigen Tests möglich. Die ersten Berichte darf man um den 14. September erwarten, wenn die US-Version des Tablets ausgeliefert wird. Bis dahin stehen zur Bewertung lediglich die technischen Daten zur Verfügung. In Deutschland soll das Amazon-Tablet ab dem 25. Oktober verfügbar sein.
In Deutschland erhältliche Kindle-Modelle im Vergleich | |||||
Kindle | Kindle Touch | Kindle Keyboard 3G | Kindle Fire | Kindle Fire HD | |
---|---|---|---|---|---|
Preis | 79 Euro | 129 Euro | 159 Euro | 159 Euro | 199 oder 249 Euro |
Display | 6 Zoll E-Ink | 6 Zoll E-Ink | 6 Zoll E-Ink | 7 Zoll LCD | 7 Zoll HD-LCD |
Pixeldichte/Auflösung | 800 x 600 bei 167 ppi | 800 x 600 bei 167 ppi | 800 x 600 bei 167 ppi | 1024 x 600 | 1280 x 800 |
Akkulaufzeit | 1 Monat | 2 Monate | 2 Monate | 9 Stunden | 11 Stunden |
Speicher | 2 GByte (1400 Bücher) | 4 GByte (3500 Bücher) | 4 GByte (3500 Bücher) | 8 GByte | 16 oder 32 GByte |
Verbindungen | WLAN | WLAN | WLAN + UMTS | WLAN | Dualband-WLAN |
Inhalte | Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Dokumente | Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Dokumente, Audio | Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Dokumente, Audio | Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Dokumente, Audio | Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Dokumente, Audio |
Web | Experimentell; Webkit-Browser | Experimentell; Webkit-Browser | Experimentell; Webkit-Browser | Amazon Silk | Amazon Silk |
Abmessungen | 16,6 x 11,4 x 0,9 cm | 17,2 x 12 x 1 cm | 19 x 12,3 x 0,9 cm | 18,9 x 12 x 1,2 cm | 19,3 x 13,7 x 1 cm |
Gewicht | 170 g | 213 g | 274 g | 400 g | 395 g |
Bedienung | Cursorpad | Multitouch | Tastatur | 2-Punkt-Multitouch | 10-Punkt-Multitouch |
[mit Material von Donald Bell, CNET.com]
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