Mit 3,6 Millionen Vertragskunden hat sich der neue Mobilfunkanbieter Free Mobile in Frankreich einen Anteil von 5,4 Prozent in einem wachsenden Markt geholt. Diese Zahl erreichte der im übrigen Europa so gut wie unbekannte Netzbetreiber zum Abschluss des zweiten Quartals, obwohl er mit seinem Mobilfunkangebot erst in diesem Jahr an den Start ging. Sein überraschender Marktvorstoß mit so übersichtlichen wie günstigen Tarifen hat die Mitbewerber schockiert und bereits zu kurzfristigen Preisanpassungen gezwungen. Der schnelle Erfolg könnte ein Beispiel auch für andere Länder geben.
Iliad, die Muttergesellschaft von Free Mobile, überzeugte Markt wie Investoren. Sie konnte ihren Börsenwert innerhalb von sechs Monaten um 50 Prozent steigern und hat heute eine Marktkapitalisation von über 7 Milliarden Euro. Iliad-Gründer Xavier Niel besetzt inzwischen den achten Rang der reichsten Franzosen. Aufgrund der Investitionen in sein Netz verdient Free noch nicht im Mobilfunkgeschäft, kann das aber über seine weiterhin wachsenden Internet- und Kabel-TV-Einnahmen gut ausgleichen.
Sein erstes Geld hat Niel in den Tagen von Minitel gemacht, einem 30 Jahre lang nur in Frankreich angebotenen Onlinedienst, zumindest technisch mit dem deutschen Bildschirmtext (BTX) vergleichbar. Er war 19 Jahre alt, als er 1986 einen Chatservice dafür anbot. 1995 investierte er in World-Net, den ersten echten Internet Service Provider in Frankreich. Inzwischen ist er auch an Start-ups, Medien (Mitbesitzer von Le Monde) und Telekommunikationsfirmen außerhalb von Frankreich beteiligt.
Einen kräftigen Schock hatte die Iliad-Tochter Free den französischen Telekommunikationskonzernen schon 2002 mit einem Triple-Play-Angebot verabreicht. In diesem Markt kombinierte Free als erster Anbieter DSL-Internet mit unbegrenzter VoIP-Telefonie sowie Breitband-TV zum Preis von 29,99 Euro. Das Angebot erwies sich sofort als Erfolg, drängte einige Mitbewerber ins Abseits und zwang die größeren Konkurrenten zu akzeptableren Preisen.
Der Vorstoß von Free in den Mobilfunkmarkt kündigte sich 2009 an, als es für 240 Millionen Euro die letzte französische UMTS-Lizenz mit der Zusage erwarb, die „Rechnung für die Verbraucher zu halbieren“. Nach zweijährigen Vorbereitungen in aller Stille enthüllte Free im Januar 2012 sein Tarifangebot. Xavier Niel trat selbst auf bei einer Veranstaltung, die von den Keynotes Steve Jobs‘ inspiriert schien. Unter Beifallsstürmen versprach er, die französischen Verbraucher zu „befreien“.
Free bietet seither einen einfachen Basistarif und eine kostengünstige Komplettversion an. Eine Stunde Sprechzeit und 60 SMS-Nachrichten gibt es bereits für 2 Euro im Monat. Für 19,99 Euro monatlich gibt es unbegrenzte Gesprächszeit, unbegrenzte SMS und MMS sowie unbegrenztes Datenvolumen mit gedrosselter Geschwindigkeit ab 3 GByte. Mobiltelefone bot Free Mobile selbst nicht an, um die Verwaltungskosten niedrig zu halten.
Das unerwartet aggressive Angebot kam an und brachte die etablierten Mobilfunkanbieter schnell unter Druck. France Telecom, Vivendi-Tochter SFR sowie Bouygues Telecom mussten Gewinnwarnungen ausgeben und die Zahl der Mitarbeiter verringern. Im zweiten Quartal konnten sie zwar ihren Kundenschwund verlangsamen, nachdem ihnen Free schon im ersten Quartal 2,6 Millionen Kunden abgenommen hatte. Sie mussten dafür aber schwindende Gewinne aufgrund kostspieliger Angebote und Werbeaktionen hinnehmen.
[mit Material von Jérôme Bouteiller, Silicon.fr / TechWeekEurope. Dieser Beitrag ist eine „Euro Story“ – eine ausgewählte Geschichte, die auf mehreren europäischen Sites von NetMediaEurope veröffentlicht wird.]
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