Samsung hat in mehreren Schriftsätzen weitere Argumente für eine Neuverhandlung des Patentstreits mit Apple vorgelegt. Die Anwälte des koreanischen Elektronikkonzerns behaupten, dass die Interviews, die die Geschworenen nach Abschluss des Prozesses gegeben haben, eindeutige Belege dafür enthalten, dass sie sich bei der Urteilsfindung nicht an die Anweisungen des Gerichts gehalten haben. Unter anderem sollen sie Informationen berücksichtigt haben, die nicht im Prozess verhandelt wurden.
Wie Groklaw unter Berufung auf Gerichtsunterlagen berichtet, hatte die vorsitzende Richterin Lucy Koh beispielsweise den Geschworenen Velvin Hogan vor Beginn der Beratungen gefragt, ob er das Gesetz wie angewiesen und nicht auf Basis seiner eigenen Kenntnisse anwenden könne. Hogan, der selber Patente besitzt und schließlich zum Sprecher der Jury ernannt wurde, bejahte die Frage der Richterin.
In einem Interview mit News.com einen Tag nach der Urteilsverkündung sagte das Jury-Mitglied Manuel Ilagan jedoch, Hogan habe sein Wissen über Patente genutzt, um die Geschworenen zu beeinflussen. „Er war der Sprecher. Er hatte Erfahrung. Er besitzt selber Patente, also hat er uns angeleitet. Danach war es einfacher für uns“, erklärte Ilagan.
Hogan selbst sagte in einem Interview mit Bloomberg TV: „Einige waren sich nicht sicher, wie Prior Art ein Patent ungültig oder akzeptabel macht. Wir haben also darüber gesprochen und ich habe es ihnen dargelegt.“ Den Anweisungen von Richterin Koh (PDF) zufolge mussten die Geschworenen aber einzig aufgrund der vorgelegten Beweise entscheiden.
Jury-Sprecher Velvin Hogan im Gespräch mit Bloomberg TV (Bild: Bloomberg / Screenshot: Josh Lowensohn, News.com)Rechtsexperten sind von Samsungs Strategie nicht überzeugt. Brian Love, Juraprofessor an der Santa Clara University, hält es für schwierig, das Urteil aufgrund des Fehlverhaltens von Jury-Mitgliedern zu kippen. „Sie suchen nach Material oder etwas anderem, das während der Verhandlung nicht erwähnt wurde, oder einem Geschworenen, der Zeitungsberichte gelesen hat oder von Außenstehenden beeinflusst wurde.“ Samsungs Eingaben enthalten jedoch mehrere Beispiele für Prozesse, die aus diesem Grund neu aufgerollt wurden.
Das US-Strafrecht sieht Untersuchungen zu den Beratungen der Geschworenen nicht vor. Eine Verfahrensregel untersagt sogar explizit, dass Jury-Mitglieder bei der Prüfung der Gültigkeit eines Urteils zu Aussagen oder Vorfällen während der Beratungen befragt werden. Eine Ausnahme ist jedoch, dass die Jury von außen Informationen erhält, die für eine Seite von Nachteil sind.
Love vermutet, dass Samsung diese Ausnahme auf den Geschworenen Hogan anwenden wird. „Sie könnten sagen, dass Hogan sein Wissen von außerhalb des Gerichtssaals über das Patentsystem eingebracht hat und zu einem Rechtsexperten innerhalb der Geschworenen wurde.“
Darüber hinaus argumentiert Samsungs Chefanwalt, dass beide Firmen nicht genug Zeit gehabt hätten, um ihre Fälle darzulegen. Insgesamt standen jeder Partei nur 25 Stunden für Aussagen und Kreuzverhöre zur Verfügung. Die Auflagen seien für einen Fall dieses Ausmaßes ohne Beispiel, so der Anwalt. Samsung habe deswegen auf Apples zahlreiche Anschuldigungen nicht fair und vollständig reagieren können. Schon während des Verfahrens hatte Koh jedoch Samsungs Strategie kritisiert, einen großen Teil seines Kontingents für Kreuzverhöre einzusetzen.
[mit Material von Declan McCullagh, News.com]
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